16. Kapitel

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"Und, wie gefällt es dir bisher?", fragte Arek mich.
Zwei Tage waren vergangen, nachdem ich erfahren hatte, dass Arek mein neuer Mitbewohner war.

"Die Insel ist traumhaft. Der Strand und die Früchte sind wie im Paradies. Wenn du nicht wärst, dann könnte man meinen, ich wär im..."

"Ach komm schon. So schlimm bin ich gar nicht. Nur weil ich schön bin, heißt es noch lange nicht, dass ich einen schlechten Charakter habe. Im Gegenteil..." Arrogant fing er an, seine bezaubernden Qualitäten aufzuzählen. Nach "charmant" und "standhaft" hörte ich auf zuzuhören. Och Gottchen, wie sollte ich es nur mit dem noch aushalten.

"Sag mal, wie groß ist die Insel eigentlich?", fragte ich.
Dass ich ihn unterbrochen hatte, gefiel dem feinen Herr so ganz und gar nicht. Für einen kurzen Moment konnte ich den Beleidigten Gesichtsausdruck sehen, bis er schließlich desinteressiert antwortete: "Gar nicht so klein. Hier kann man sich ganz schön verlaufen. Aber wie groß die genau ist, kann ich dir nicht sagen. Keiner von uns hat die ganz besichtigt."

Ich hob eine Augenbraue. Die Verwirrung konnte man mir ansehen.
Lebten die nicht schon ziemlich  lange hier?
"Wieso das denn?", erkundigte ich mich.

"Wir sind nicht die einzigen, die hier leben." Ich schreckte auf.
"Hier leben noch irgendwelche Wilde. Die sind aber ziemlich gefährlich. Wir haben die mal aus der Ferne betrachtet. Schon wie die aussehen, wie richtige Kannibalen. Wie im Horrorfilm, echt. Wir wollen jetzt nicht in deren Nähe kommen, wer weiß was die mit einem Vorhaben. Die haben uns noch nicht gesehen. Die leben nämlich auf der anderen Seite der Insel. Uns trennt ein ziemlich breiter Fluss. Im Fluss sind gefährliche Krokodile. Einmal drin, sofort tot. Einer von den Wilden ist da mal reingefallen, der hatte versucht rüberzukommen...
Wir haben eine Höhle entdeckt, dadurch sind wir auf die andere Seite gekommen. Die sind viel zu dumm, als dass die den Weg hierhin finden. Wir haben den Eingang zu gut versteckt. Das fällt nie auf."

Ich war ziemlich baff.
Diese Informationen musste ich erstmal verarbeiten. Wilde? Krokodile? Kannibalen?

Geschockt schaute ich Arek an.
"Dass die euch nicht neugierig gemacht haben. Ich meine, man kann ja versuchen zu kommunizieren, immerhin..."

"Mach mal halblang", unterbrach er mich. "Du hast wohl nicht zugehört. Wer weiß wie viele das sind. Und wie viele wir sind! Also auch wenn das Leben hier nicht so ist, wie ich mir das vorgestellt habe, will ich noch nicht das Zeitige segnen. Ihr Frauen denkt auch immer so gefühlvoll! Reden hilft ja auch gegen alles! Und deutsch können die sicher auch.
Ihr hattet schon Glück mit uns, also nochmal wird das Glück sicher nicht auf eurer Seite sein. Wach auf Prinzessin! Willkommen im Nirvana! Hier gehen deine Wünsche nicht in Erfüllung wie im behüteten Deutschland!"

Areks Worte machten mich wütend. Ich war sicher kein Prinzesschen, dem alles in den Arsch geschoben wurde! Und ja, vielleicht hilft reden nicht immer weiter, aber nichts machen bringt halt auch nicht weiter.

"Oh du kannst mich mal! Du kennst mich kein Stück, du Idiot. Urteilst sofort über jemanden, das ist so unreif. Bist wohl hier auf der Insel verblödet. Na wenigstens  ist in meinem behüteten Deutschland nicht mein Gehirn geschrumpft."

Ausdruckslos schaute er mich an, sagte "Wie du meinst" und verdrehte dabei die Augen. "Ich bräuchte mal wieder etwas Freiraum. Wäre also gut, wenn du heute mal wo anders schläfst."

"Und wieso schläfst du nicht wo anders?", entgegnete ich bissig. Auch wenn ich mich gerade wie ein zickiges Teenagergirl benahm, ich war sowas von auf Konfrontation aus. Ich war genervt und würde nicht aus ihm schlau. Und das ging mir gewaltig gegen den Strich.

"Ganz ehrlich, Madeleine. Da schickt mir der Himmel eine Frau, aber irgendein Hacken musste die Sache ja haben." Mit einem eisernen  Gesichtsausdruck verließ er das Zimmer. Jetzt hatte ich endlich meinen Ruhe vor diesem Scheißkerl!

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