»Finny, man kann nichts dagegen machen.« Er fasste meine beiden Arme, als wollte er mich wie ein kleines Kind zur Vernunft bringen. »Sei doch froh, dass du jetzt etwas Besonderes bist.«
»Ach? Meinst du, so wie du? Im Gegensatz zu dir, war ich kein Außenseiter, der froh ist, dass jetzt endlich mal was mit ihm los ist«, zischte ich und konnte sehen, dass ich ihn dort traf, wo es ihm am meisten wehtat. Trotzdem konnte ich nicht aufhören. »Ich hatte ein Leben, verstehst du? Ein tolles Leben. Ich hatte Spaß und ich war ein normales Mädchen.« Heiße Tränen rannen mir über die Wangen. »Durch diesen Blödsinn habe ich heute meinen Job verloren. Es ist einfach alles kaputt.«
Carstens Gesicht kam aus dem Zucken nicht mehr heraus. Einen Augenblick lang sah er aus, als wollte er mich übers Knie legen und versohlen. Dann drehte er sich um und schloss die Wohnungstür hinter sich.
Verdammter Mist. Ein zartes Ziehen im Oberkiefer und in den Fingerspitzen ließ mir nicht mehr viel Zeit, mich schlecht zu fühlen.
Ich sprang die Treppe hinunter und schloss mein Kellerloch auf, wie ich es nannte. Als ich die Tür hinter mir zuzog, entspannte ich mich ein wenig. Ich hob das Häuflein Post auf, das sich in den Flur geschoben hatte, und legte es auf den hölzernen Esstisch, den mir meine Mutter aufgedrängt hatte. Sie hatte das Ungetüm eines Tages zusammen mit einem Bett liefern lassen. Vermutlich, um ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen. Damit besaß ich nun genau zwei Möbelstücke.
Den Tisch, der den ganzen Raum ausfüllte, hatte ich noch nie zum Essen benutzt. Wenn es überhaupt einen Vorteil gab, eine Nosferatu zu sein, dann war es der, nicht mehr auf eine begrenzte Nahrungspalette angewiesen zu sein. Ich konnte Seife genauso gut verdauen wie Pizza. Von Papiertaschentüchern war ich tagelang satt, ansonsten kam ich auch lange ohne Nahrung aus. Carsten sagte, das läge an unserer direkten Verwandtschaft zu den Ratten.
Das Bild der toten Hinterhofratte schob sich in meine Gedanken.
Dreckiges Ungeziefer.
Mein Chef hatte ja so Recht. Aus mir war eine dreckige Hinterhofratte geworden.
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Nosferatu. Vom Vollmond geweckt.
ParanormalMystisch - Düster - und voll von schwarzem Humor Finnys Leben hat sich um hundertachtzig Grad gedreht. Gerade noch ein beliebtes Mädchen an ihrer Schule, lebt sie nun als Rattendämon abgeschottet von den Menschen, die ihr einst so viel bedeuteten...