Ich hörte das leise Plätschern des Wassers, als ich immer näher kam. In der Mitte des Platzes warf ein großer Springbrunnen lange Wasserfontänen wie kleine Arme in die Luft. Verstreut standen einige Bänke herum und erzeugten den Anschein, als wäre es ein normaler Dorfplatz. Der gepflasterte Boden sah sehr gepflegt aus und insgesamt wirkte alles hier sehr friedlich. Vielleicht hatte ich Glück und es war doch ein harmloses Rollenspiel oder nur ein Witz einer TV-Show. Doch tief in meinem Inneren konnte ich das nicht glauben. Die Mordlust des Mannes, der mich weggezerrt hatte, war so deutlich und konnte einfach nicht so gespielt werden. Für ihn war ich wirklich nicht mehr als ein wertloses Menschenleben, mit dem noch jemand etwas vor hatte, weshalb er sich mir noch nicht in dem Augenblick entledigen konnte.
Ich fühlte mich eingesperrt, obwohl ich keine Mauern sah. Es schien, als könnte man einfach gehen, diesen Ort einfach verlassen. Doch ich wusste, es war anders. Ich wusste, dass ich hier nicht weg konnte.
Als ich Schritte hörte, drehte ich mich zur Seite. Auf den Platz führten viele Pfade und auf einem dieser kam gerade eine weitere Person. Sie war auch in schwarz gekleidet und strahlte eine ähnliche Unsicherheit aus, wie ich sie empfand. Erst als sie auf den Platz trat, kreuzten sich unsere Blicke und wir schauten einander wortlos in die Augen. Wir schienen dieselben Gedanken, dieselbe Furcht, zu spüren.
Neben ihr trat plötzlich noch jemand hinzu, der sich auf einem weiteren Pfad genähert hatte.
Als ich mich umdrehte und meinen Blick um mich herum schweifen ließ, erkannte ich, wie immer mehr Leute sich auf den Wegen näherten.
Ich begann zu zählen und als schließlich alle verteilt auf dem Platz standen und sich verwirrt umschauten, kam ich bei 15 heraus. Mich eingeschlossen.
Wir standen alle da, am Ende unseres Pfades, dort, wo er auf den Platz führte und blickten einander an. Keiner sprach ein Wort, doch dennoch schien es, als würde jeder von uns schreien. Die Angst, die Verzweiflung und der Schrecken in den Augen der Anderen ließen mich schaudern. Mit jedem Augenblick, der verstrich, wurde mir bewusster, dass das hier real war. Kein normales Spiel, sondern eines, das nicht alle unbeschadet überleben würden.
Und in mir bestand zwar noch der letzte Tropfen Hoffnung, dass ich irgendwann wieder hierherkommen würde, doch dieser Tropfen zitterte leicht bei dem Gedanken, was gleich passieren könnte.Mein Blick fiel auf das Armband der Person, die mir gegenüber stand. Es sah genau so aus, wie das Meine, doch etwas daran beunruhigte mich. Es leuchtete nicht.
Ich schaute zu meinem Arm hinunter und das helle Licht, welches ich bereits vor einiger Zeit bemerkt hatte, war immer noch nicht erloschen.
Als ich meinen Kopf wieder hob und meinen Blick erneut über den Platz schweifen ließ, fiel mir auf, dass alle ein solches Armband trugen und keines, außer dem Meinem leuchtete.
Plötzlich fühlte es sich an, als würde jeder mich anschauen, als würde ich im grellen Scheinwerferlicht stehen und alle würden auf mich zeigen. Meine Knie zitterten leicht und in meinem Bauch verstärkte sich das ungute Gefühl so sehr, dass es regelrecht schmerzte. Es schien so, als würde in meinem Kopf ein kleines Männchen sitzen, das bei starker Angst wie wild auf irgendwelche Knöpfe schlägt und hofft, dass dabei etwas Sinnvolles rauskommt. Doch diese Knöpfe lösten bei mir nicht gerade wünschenswerte Reaktionen aus. Ich begann zu schwitzen, meine Knie zitterten weiterhin unkontrolliert, mein Bauch schmerzte und dazu mischte sich nun noch ein leichtes Schwindelgefühl.
Also stand ich da. Auf wackelnden Beinen und vermutlich sehr blass im Gesicht, stand ich dort am Ende des Weges und blickte auf diesen Platz. Es schien mir so, als wäre bereits eine Ewigkeit verstrichen, seitdem ich hierher gekommen war. Keiner bewegte sich, kein Geräusch war zu hören, nur diese erdrückende Stille, die einen aufzufressen schien.Doch plötzlich wurde sie verjagt, diese Stille. Verjagt von etwas, das mir noch mehr Angst einjagte. Abrupt durchdrang eine Stimme die vorherige Ruhe.
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Werwolf - Das Spiel beginnt
HorrorFünfzehn Personen. Fünfzehn Charaktere. Ein Spiel. Eingesperrt, werden sie gezwungen zu spielen. Sie wurden aus ihrem Alltag herausgerissen und in diese, für sie völlig fremde Welt gesteckt. Die Grenze zwischen Leben und Tod verschwamm vor ihren...