9. Kapitel - Realisieren

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》Bild: Ella《

Ausführlich strecke ich mich und öffne ganz langsam meine Augen, bis ich in eine Schockstarre verfalle. Wo bin ich? Warum bin ich nicht in meinem Bett? Was ist passiert? Sofort sehe ich mich in dem Zimmer um, die Wände sind in einem hellen beige gestrichen. Ich sitze wohlbemerkt auf einem sehr bequemen Box-Spring-Bett. Moment, hier bin ich nicht eingeschlafen! In der linken Ecke des Raumes ist ein Erker, in dem zwei dunkelgraue Hocker und eine Pflanze stehen, da habe ich gestern Abend noch gesessen. Kian hat mich wohl irgendwann zu sich geholt, dieser Arsch! An der rechten Wand steht ein riesengroßer, schwarzer, Holzschrank. Direkt neben dem Schrank geht es in eine Art Vorraum, der jedoch nicht vom restlichen Zimmer abgetrennt ist. Ich sehe dort zwei dunkle Holztüren. Welche wohl der Ausgang ist? Meine Beine tragen mich automatisch aus dem Bett zu den beiden Türen. Doch auf dem halben Weg stoppe ich. Erstmal muss ich alle Möglichkeiten abwägen, ob es wirklich sinnvoll ist eine der Türen zu öffnen. Deshalb spreche ich laut vor mich hin: <Eine der Türen führt wahrscheinlich ins Haus, also ins Anwesen zu allen anderen Personen, die ich gerade nicht sehen will. Die andere Tür führt ins ungewisse, vielleicht ein Arbeitszimmer von Kian, oder ebenfalls in einen anderen Bereich des Anwesens.>, daher entscheide ich, dass beide Türen tabu sind. Es wird mir also nichts nützen wenn sie offen sein sollten. Also drehe ich wieder um und mein Blick fällt auf die drei Fenster im Erker. Wenn die offen sein sollten, dann bin ich zumindest schonmal raus aus dem Anwesen und kann fliehen. Ich gehe zu dem Fenster ganz links und versuche es zu öffnen, doch es ist verschlossen. Nach mehrmaligem testen stelle ich fest, dass alle Fenster abgeschlossen sind. Langsam werde ich unruhig, ich will hier sofort raus. Koste es was es wolle! Mit energischen Schritten gehe ich auf die Türen zu und entscheide mich zuerst die rechts öffnen zu wollen. Doch auch sie ist wie die Fenster verschlossen. Dann versuche ich die linke Tür zu öffnen und tatsächlich es funktioniert. Meine Begeisterung hält sich jedoch in Grenzen, als ich ein anthrazit gefliestes Badezimmer sehe. Sofort knalle ich die Tür laut zu, ich hatte gehofft hier raus zu kommen, aber Kian hat alle Fluchtwege verschlossen. Wütend trete ich gegen die Tür, die ich zuerst versucht habe zu öffnen. Sie muss offensichtlich der Ausgang aus seinem Schlafzimmer sein. Immer wieder schlage und trete ich gegen sie. Mir ist klar, dass es Sicherheitstüren sind, die auch Werwolfskräften stand halten, dennoch will ich meine Wut an ihr auslassen. <Ihr könnt mich nicht für immer einsperren! Lasst mich sofort wieder nach Hause!> Mit einem letzten Tritt untermale ich meine Forderung nochmal, bevor ich von der Tür ablasse. Es wird mich doch sowieso keiner raus lassen.

Nach ein paar Minuten, die ich auf Kians Bett gelegen habe. Höre ich einen Schlüssel, der die Tür aufschließt, die ich soeben verprügelt habe. Ich erwarte das Kian hinein tritt, doch es kommt ganz anders. <Guten Morgen unsere Nervigkeit.>, grinst Marc mir gemein entgegen. Geschockt richte ich mich auf und sehe ihn verwirrt an. Das scheint er zu verstehen und erklärt die Situation: <Dein Mate musste bereits zur Arbeit aufbrechen und wird um 14 Uhr zurück sein, so dass ihr noch den Nachmittag gemeinsam verbringen könnt. Bis dahin, habe ich ein paar Anweisungen bekommen, wie ich mich um dich kümmern soll.>, kommt es von Marc in einem genervten Ton. Sowohl ich als auch er, haben wohl keinen Bock darauf. <Er hat gar nichts zu bestimmen, was mich angeht!>, antworte ich wütend und stelle mich mit verschränkten Armen direkt vor Marc. Dieser lacht und sagt daraufhin: <Du sollst dir etwas weniger aufreizendes anziehen...> Ich sehe sofort an mir herunter und bemerke, dass ich noch immer die kurze Hose und den Pullover von gestern Abend trage. <Ne, ich denke so sehe ich gut aus.>, unterbreche ich Marc provokant. <Zieh dich gefälligst um, falls es dir noch nicht aufgefallen ist, hast du, solange du Kian noch nicht akzeptiert hast, bedingungslos zu gehorchen. Wobei danach wird er dich auch nicht mitreden lassen. Die jetzige Luna hat ebenso nichts zu melden gehabt, also gewöhn dich schonmal daran.> Ich schlucke bei dem Gedanken, eine willenslose Mate sein zu sollen, denn so bin und werde ich nicht sein. <Dann wird sich hier wohl was ändern müssen!>, stelle ich klar. Unbeeindruckt fährt Marc fort: <Du hast gestern noch heulend im Flur gesessen, glaub mir du änderst hier gar nichts. Also zieh dich um und halt die Klappe. Frühstück hast du verpasst, aber es gibt gleich Mittag von Anne, das bring ich dir vorbei. Also viel Vergnügen!>, damit geht Marc wieder und schließt die Tür ab. Ich habe nicht versucht raus aus dem Zimmer zu kommen, aus dem einfachen Grund, dass es mir wahrscheinlich sowieso nur Ärger einbringen wird. Im nächsten Moment meldet sich Kian im Mindlink bei mir: ~Guten Morgen meine Prinzessin, ich hoffe du hast gut geschlafen. Ich bin heute Nachmittag wieder da, mach solang bitte keinen Ärger. Marc wird dir Gesellschaft leisten, damit du nicht an Langeweile erstickst.~ Was denkt er wer er ist? ~Ich will weder dich noch Marc sehen, lasst mich doch einfach gehen. Auf Dauer werde ich sowieso nicht hier bleiben! Und was anderes Anziehen und mich dir unterordnen schonmal gar nicht du Großkotz!~ Ich bin mir nicht sicher, ob das eine angemessene Beleidigung war oder überhaupt ein Wort, aber seiner Antwort nach zu Urteilen, habe ich jetzt Probleme: ~Wenn ich wieder da bin, erkläre ich dir das. Bis dahin ziehst du jetzt gefälligst einen meiner Pullover über, um deinen süßen Hintern zu bedecken und bist nett zu Marc. Bekomme ich auch nur annähernd mit, dass du meinen Befehlen nicht folgst, dann wirst du nachher schon sehen was passiert!~ Eine Gänsehaut überkommt mich, das heißt wohl nichts gutes. Ob ich vielleicht doch einen seiner Pullover anziehen sollte? Vielleicht ist es besser... Ich gehe zu seinem Kleiderschrank und öffne eine der Türen, zuerst fallen Kians Unterhosen in mein Blickfeld. Weshalb ich sofort nach oben sehe, um mir ja nicht bildlich vorzustellen, wie Kian sich gestern ausgezogen hat. Weiter oben finde ich seine Pullis. Ich nehme mir einen uns ziehe ihn an. Mir fällt auf, dass es der Pulli ist, den Kian bei unserer ersten Begegnung im Wald getragen hat, ein weißer Markenpullover. Er sitzt bei mir viel lockerer und könnte als Kleid durchgehen, so lang ist er.

Eine gefühlte halbe Ewigkeit sehe ich aus einem der Erker-Fenster und beobachte, wie der Wind die Bäume bewegt. Dann höre ich wie die Zimmertür aufgeschlossen und kurz darauf wieder abgeschlossen wird. <Als würde ich allen anderen in die Arme laufen wollen, die Tür kannst du ruhig auflassen.>, sage ich zu Marc, den ich an seinem Geruch erkannt habe. Warum ist er überhaupt wieder hier? Um das heraus zu finden, drehe ich mich zu ihm um. Er hat sich auf Kians Bettseite gesetzt. Neben ihm steht ein Tablett mit zwei Tellern, Gläsern mit einer orangen Flüssigkeit sowie Besteck. <Anweisung des Alphas, wie du dir denken kannst. Anne hat Nudeln Bolognese gekocht, dazu gibts Orangensaft. Falls du dich nicht auch noch weigern willst, etwas zu essen.>, gibt Marc provozierend von sich. Ich muss mich wirklich bemühen, ihn nicht zu beleidigen, denn rausfinden, was Kian mit mir sonst macht will ich auch nicht unbedingt. Wobei ich da nichts großartiges befürchte, ich bin schließlich seine Mate. Ich beobachte, wie Marc daraufhin kommentarlos anfängt zu essen. Auch ich habe Hunger und werde sicher keinen Hungerstreik machen. Ich habe es ja noch nichtmal geschafft einen Tag nicht zu reden. Also gehe ich auf das Tablett neben Marc zu und nehme mir einen Teller, eine Gabel und ein Glas Orangensaft. Den Saft stelle ich in die Fensterbank, vor der ich eben noch gestanden habe und setzte mich auf einen dunkelgrauen Sessel und esse die Nudeln. <Und schmeckts?>, fragt Marc. Ich nicke bloß, es ist wirklich sehr lecker. <Ich wusste ja, dass die Mondgöttin ab und zu, sehr überraschende Seelenverwandte auswählt. Aber ich hätte nie gedacht, dass Kian so eine wie dich erwischt.>, erklärt Marc. <Ich finde das auch nicht toll, falls du darauf hinaus willst. Er könnte mich ja einfach gehen lassen und gut ist.> Gedanken verloren sagt er: <Du weißt schon, er ist total verschossen in dich. Du wirst das auch noch merken, wenn du ihn akzeptierst oder volljährig bist.> <Na dann kann er lange warten.>, antworte ich. <Das denkst auch nur du, zur Not markiert er dich einfach gegen deinen Willen. Dann entwickeln sich deine Gefühle für ihn ganz von allein. Glaub mir, lange wird er nicht warten.>, sagt Marc wissend, was mir ziemliche Angst macht.

》Na, wem ist Marc sympathisch?《jf

Alphas Mate - Hilfe, ich bin fasziniert!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt