Kapitel 2

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Alessandro

Seufzend fahre ich mir durch die Haare. Ich sitze vor dem Schreibtisch meines padre und er ist sauer. Richtig sauer, so wie es sich für den Boss der italienischen Mafia gehört. Nur kommt es nicht mehr oft vor, dass seine Wut mir gilt. Fuck, ich habe es echt versaut.

,,Merda was sollte das verdammt? Bist du von allen guten Geistern verlassen?" Während er mich anschreit wird sein Kopf dunkelrot und die Vene an seiner Stirn tritt deutlich hervor. Ich starre ihm ausdruckslos in die Augen. Ich weiß, dass ich es verkackt habe. ,,Wenn dir noch ein Fehler unterlaufen sollte, nur einer, dann wirst nicht du, sondern Alessio der nächste Anführer! Hast du das verstanden??" Nun bin ich doch etwas schockiert. Das kann er nicht machen. Ich bereite mich seitdem ich weiß was wir sind, darauf vor, das Geschäft zu übernehmen.

,,Ich möchte das du dir eine Frau suchst! Du musst endlich heiraten! Vielleicht hörst du dann mit deinem rumgehurre auf! Ich glaubs einfach nicht! Daria! Bist du so Schwanz gesteuert, dass du schon mit dem Feind ins Bett springst?" Daria ist die Tochter von Anastasia und Valentin Iwanow, die Anführer der russischen Mafia. Unsere Eltern sind seit Jahrzehnten im Krieg. Gestern haben wir miteinander geschlafen. Doch während ich einfach nur Sex wollte, war sie auf Information aus. Als ich eingeschlafen bin hat sie sich in mein Handy gehackt und Information für einen großen Deal gestolen.

Wäre ich nicht aufgewacht uns hätte sie erwischt, hätte ihre Familie meine und unsere Partner beim Treffen auslöschen können. Ich habe die Leben meiner Leute und Partner für einen schnellen Fick riskiert. Doch als mein padre die Wörter Frau und heiraten ausspricht breche ich mein Schweigen. ,,Dio no, ich werde nicht heiraten! Ich weiß, dass ich es versaut habe, so richtig. Es tut mir leid, es kommt nicht mehr vor aber ich werde nicht wegen eines Fehlers heiraten!" ,,Oh doch das wirst du, ansonsten kannst du dich von deiner Stelle verabschieden. Du hast ein Geschäft versaut. Wegen dir mussten wir einen riesen Deal platzen lassen und wären beinahe drauf gegangen! Das ist meine Forderung! Heirate und baue keine Scheiße mehr!" Während er all das sagt bleibt er ruhig aber die Wut in seiner Stimme ist nicht zu überhöhren. Wenn Blicke töten könnten, wäre ich schon fünf Fuß unter der Erde.

Mein sonst perfektes Pokerface fällt in sich zusammen und ich starre meinen padre fassungslos an. Ich weiß, dass ich den Kampf verloren habe. Wenn mein Vater sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann ist es unmöglich ihn umzustimmen. Niemand kann das, außer meine Mutter. Als hätte er meine Gedanken gelesen schaut er mich wieder scharf an. ,,Denk erst gar nicht daran zu deiner Mutter zu rennen, sie ist da ähnlicher Meinung wie ich!" Das können sie doch nicht ernst meinen. ,,Sei froh, dass wir dich die Braut aussuchen lassen. Es hätte auch schlimmer ausgehen können." Er wendet sich nun gelangweilt von mir ab und dreht mir den Rücken zu. ,,Wie lange habe ich Zeit?" Ich hasse es. Ich hasse es wie erniedrigt ich klinge. Ich hasse es, wie ruhig ich bleibe obwohl ich ihn am liebsten angeschrien hätte. Ich hasse es, dass ich aufgebe und das zulasse. Ich hasse mich, Daria, meinen Vater, einfach jeden. Ich möchte jemanden umbringen.

,,Ich gebe dir ein Jahr. Ich möchte, dass du dir eine gute und freundliche Frau suchst. Keine Hurre die etwas mit all dem zu tun hatt und dich nur ausnutzen wird. Du brauchst eine Frau, die dich unterstützt aber auch besinnt, wenn du falsch liegst. Ich gebe dir ein Jahr, diese Frau zu suchen, zu finden, euch kennenzulernen und zu verlieben. In einem Jahr will ich zumindest einen Verlobungsring sehen. Habe ich mich klar ausgedrückt? Und versuch erst gar nicht mich auszutricksen."

Ich bin fassungslos und das kommt nicht häufig vor. Wie soll ich so eine Frau finden, sie für mich gewinnen und behalten können, wenn sie von all dem hier erfährt? Wieso kann ich nicht einfach eine nehmen, die all das schon kennt?? Und wie zum Teufel in so kurzer Zeit? Doch trotz meiner Zweifel nicke ich nur und erhebe mich. ,,Kann ich gehen?" ,,si va via, ich will dich heute nicht mehr sehen!" Ich habe wieder meinen sonst so störrischen Blick aufgesetzt und gehe zur Tür. Als ich die Tür aufreiße, sehe ich zwei meiner Brüder gerade abhauen. Die kleinen Scheißer haben gelauscht.

Aber das ist mir im Moment egal. Ich laufe den langen Flur hinunter bis zu meinem Zimmer. Doch bevor ich eintreten kann, sehe ich wie sich die Zimmertür meiner kleinen Schwester öffnet und sie hinausschleicht. Ich ziehe meine Augenbraue hoch und beobachte sie. Es ist schon 21Uhr, eigentlich sollte sie längst schlafen. Als sie sich zu mir umdreht und mich sieht, bleibt sie wie angewurzelt stehen und wirkt ertappt. Ich grinse, laufe auf sie zu und nehme sie auf den Arm. Ariella ist 8 und die jüngste von uns. Meine Mutter war 18 als sie mich bekam. Bei meiner kleinen Schwester 40. Sie ist meine einzige Schwester, dafür habe ich drei nervige Brüder. Sie ist mir auf jeden Fall die liebste.

,,was ist los principessa?", frage ich sie grinsend. Sie lächelt kuschelt sich an meine Schulter und wippt mit ihren kleinen Beinchen. ,,Ich konnte nicht schlafen. Darf ich wieder bei dir übernachten?" Ich überlege nicht lange sondern trage sie in mein Zimmer. Ich lege sie ins Bett und Decke sie zu. ,,Ich mache mich schnell fertig dann bin ich da." Sie nickt und ich gebe ihr einen Kuss auf die Stirn. Ich gehe in mein Bad und Dusche mich kurz ab. Ich ziehe mir etwas bequemes an und gehe wieder in mein Schlafzimmer. Wie erwartet ist Ariella eingeschlafen. Ich schaue auf die Uhr.

21:30Uhr

Naja schlafen werde ich wohl kaum. Ich laufe zu meinem Schreibtisch und lasse die Worte meines patre Revue passieren. Eine Frau finden. Das ich nicht lache. Ich war noch nie verliebt gewesen. Als kleiner Junge wollte ich immer das, was meine Eltern haben. Doch es ist viel einfacher ohne Gefühle die einem im Weg stehen, die einen schwach machen. Bis jetzt war meine Familie meine einzige Schwachstelle und an diese kam niemand dran. Wenn ich jetzt eine Frau finde, in die ich mich ,,verlieben" soll, die Tag ein Tag aus zur Arbeit geht. Dio, das wäre mein Untergang. Wie kann mein patre sowas verlangen?

Und vor allem wie sollte ich diese Frau finden, wenn ich hier meinen Fehler wieder berichtigen muss? Ich habe keine Zeit um auf Dates zu gehen und mich auf die Suche nach einer Frau zu machen. Dio, klingt das erbärmlich. Plötzlich höre ich ein Schluchzen aus meinem Bett. Verwirrt drehe ich mich zu Ariella und sie sieht nicht gut aus. Blitzschnell bin ich bei ihr und nehme ihre Hand. Sie ist total verschwitzt und blass.

,,Principessa? Hey, was ist los? Ariella, mach die Augen auf!" Sie reagiert nicht, stattdessen fängt sie an unkontrolliert zu zittern. Panik macht sich in mir breit. Ich renne zu meiner Zimmertür und reiße sie auf. ,,Ich brauche Hilfe, ruft den Arzt!", brülle ich durch den Flur. Ich höre schnelle Schritte, aber ich achte nicht auf sie. Ich gehe wieder zu meinem Bett und nehme Arielle in den Arm. Ich wiege sie hin und her, während sie weiter schluchzt und ich ihr beruhigend ins Ohr flüstere. ,,Alles gut Principessa, es wird alles wieder gut.

,,Ale, was ist los?" Meine drei Brüder stehen vor der Tür und als sie Ariella erblicken reißen sie die Augen auf. ,,Was ist mit ihr passiert?!" Ich ignoriere Diegos frage und drehe mich wütend wieder zu ihnen um. ,,Wo ist der scheiß Arzt??"

,,Ich bin hier!" Gleich darauf sehe ich meinen Vater und den Arzt in mein Zimmer stürmen. Als sie Ariella sehen kommt der Arzt auf uns zugerannt aber padre bleibt wie meine Brüder geschockt im Türrahmen stehen. ,,Seit wann ist sie schon so?" Fragt mich der Arzt. Sie hat vor etwa drei Minuten angefangen zu Schluchzen. Als ich dann zu ihr bin, war sie verschwitzt, blass und hat angefangen so zu zittern! Ich hab versucht sie dazu zu bringen die Augen zu öffnen, aber sie reagiert nicht, was ist mit ihr los??" Ich gerate in Panik, es bringt mich um sie so zu sehen. Wie kann sowas von jetzt auf nachher passieren? Es ging ihr doch gut oder nicht? Im Geiste gehe ich durch wie sie vorhin auf mich gewirkt hat. Aber mir fällt nichts auf, es gab kein Anzeichen für das hier.

Der Arzt fängt an sie zu untersuchen, nur zögernd lasse ich sie los um dem Arzt Platz zu machen. Ich beobachte ihn eingehend. Jedesmal wenn er die Stirn runzelt, macht sich ein ungutes Gefühl in mir bemerkbar. ,,Wir sollten madre anrufen!", meint Alessio. Er kramt nach seinem Handy und geht etwas von uns weg. Ich nicke nur abwesend und danke stumm Gott, dass madre heute nicht hier ist. Wenn sie Ariella jetzt so sehen würde, würde sie zusammenbrechen. Meine Mutter ist eine starke Frau, sie hat schon so viel durchgemacht, aber seit damals hält sie es nicht aus uns Leiden zu sehen.

,,Francesco, was ist mit ihr?", fragt nun auch mein Vater. Ich höre die Sirene eines Krankenwagens näher kommen. Verwirrt runzle ich die Stirn. Wer hat einen Krankenwagen gerufen? Warum brauchen wir einen Krankenwagen? Francesco ist doch hier! Er ist ein guter Freund der Familie und der beste Arzt in New York! Die Tatsache, dass trotzdem ein Krankenwagen kommt, bereitet mir Bauchschmerzen. Langsam dreht sich Francesco um und sagt etwas, was er noch nie zuvor gesagt hat. ,,Ich weiß es nicht." Und damit bricht meine Welt zusammen.

Light in the darkness Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt