»Nein.« Meine Mutter lächelte. »In dieser Hinsicht bist du dann doch wie ich.« Gespielt ratlos tippte sie sich ans Kinn. »Wie haben wir es nur geschafft, ausschließlich unsere positiven Eigenschaften an unser Kind weiterzugeben?« Mit ihren Fingern umschloss sie meine Hand und sah mich an. »Aber könntest du vielleicht in Zukunft Nachsicht mit denen haben, die etwas zögerlicher durchs Leben gehen als du? Insbesondere, wenn es sich hierbei um berufstätige, alleinerziehende Mütter handelt?«
Ein versöhnliches Schmunzeln fand in mein Gesicht.
Sie nahm mich in die Arme und legte das Kinn auf meinen Kopf. »Ach, Mia.«
Kapitel 2
Die Ankunft
Drei Tage später stand ich mit Tanja und Bert an der Vulkobase und wartete darauf, dass die Raumfähre landen würde.
Es war schon spät am Abend und die Wartehalle, in der wir uns befanden, war viel kleiner, als ich sie mir vorgestellt hatte.
»Kunststoffwände?«, fragte ich erstaunt.
»Etwas Ähnliches«, sagte Tanja. »Das Material ist außerdem hitzebeständig und hält weitestgehend die Vibration während der Landung ab. Wenn ein großes Schiff mit dreihundert Personen an Bord ankommt, erzeugt das eine Menge Druck.«
Ich betrachtete den quadratischen Raum. Er hatte kaum zehn Meter lange, weiße Wände. Außer einer Bank und einer Palme, die wie bestellt und nicht abgeholt dastanden, war er leer. Mir kam es vor, als befände ich mich in einer übergroßen Gummizelle.
Wir warteten und warteten, aber es tat sich nichts. Minuten schlichen dahin, und die Gummizelle wurde allmählich zu einer zeitlosen Zone, in der wir feststeckten.
Wie würden sie aussehen? Wie würden sie sein? Auch auf der Erde gab es viele Gesichter, große oder kleine Körper und die unterschiedlichsten Charaktere. Ich dachte an die vielen Kriege in der Vergangenheit. Damals, bevor die Menschen wussten, dass unterschiedliche Kulturen in der Zukunft ihr geringstes Problem sein würden. Und doch hatten die Menschen bis heute einen Hang dazu, sich zu gruppieren. Gleiches gesellte sich zu Gleichem. Es war wie eh und je, nur in einer anderen Form. Nicht die Hautfarbe oder die Herkunft definierten die Subkulturen; das war nicht mehr möglich auf einem Planeten, wo alle zusammenrücken mussten. Heute war es schlichtweg die Gesinnung, die die Menschheit spaltete. Ihre Überzeugung, die häufig keinen Raum für Andersdenkende ließ; keinen Platz für das, was die Welt eigentlich so bunt machte. Und wenn ich ehrlich zu mir selbst war – ich dachte oft genauso. Vielleicht war es einfach ein Urinstinkt des Menschen, Neues oder Unverständliches erst einmal abzulehnen. Aber jetzt, da wir eine Spezies erwarteten, die fünf Lichtjahre von uns entfernt lebte, rückte man auf der Erde doch zusammen. Plötzlich schienen wir alle gleich. Das war es, was ich in den letzten Tagen auf den Straßen und durch die Medien erfahren hatte. Seit sich die Neuigkeit herumsprach, dass schon in Bälde erste Loduuner die Erde besiedeln würden, war unter den Menschen hier ein völlig neues Wirgefühl entstanden. Auch wenn Zusammenhalt eigentlich etwas Schönes war, so beunruhigte er mich diesmal. Denn er bedeutete, dass wir den Kindern unserer Nachbarn geschlossen entgegentraten. Es gab nicht viele Tanjas und Berts, die die Loduuner mit offenen Armen erwarteten und aufnehmen wollten. Ich würde mich zu ihnen gesellen, egal was mich heute hier erwartete.
Ich wurde immer ungeduldiger.
Doch es tat sich nichts.
Also lauschte ich dem Platzen der Kaugummiblasen, die in gleichmäßigen Abständen aus Tanjas Mund quollen. Dann widmete sich mein Gehör dem Klacken ihrer Absätze, das allmählich auch immer ungeduldiger klang. Bert hingegen schien die Ruhe selbst zu sein. Er lehnte, die Hände in den Hosentaschen, an der harten Gummiwand und musterte die ausgesetzte Palme. Aber plötzlich war es soweit.
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Sternenschimmer von Kim Winter
Science FictionOb die Sterne wussten, dass diese Nacht Mias Leben verändern würde? Sie erleuchteten den ganzen Himmel, als Iason mit den anderen Flüchtlingen auf der Erde landete. Jetzt steht er vor ihr. Eine dunkle Stille geht von ihm aus, doch seine graublauen A...