Ausflug mit Folgen, Kapitel 5, Teil 5

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Es war, als hätte ich Säure geschluckt. Sie spülte meine Speiseröhre hinab und ätzte im Magen. Mir wurde schlecht. Ich sank auf einen Stuhl und starrte ins Leere.

»Sorry, hat etwas länger gedauert. Tony musste dringend ins Bett.« Bert kam mit dem Verbandskasten, einem trockenen T-Shirt und einer viel zu großen Hawaiishorts, die er wohl aus seinem eigenen Fundus gegraben haben musste, wieder. Als er mich sah, legte er die Sachen auf die Theke und setzte sich neben mich. »Mia, es ist gut ausgegangen. Hope ist nichts passiert«, sagte er eindringlich. Er musterte meine Knie. »Ich muss das Ganze erst desinfizieren. Das wird ziemlich brennen, so wie das aussieht.«

Er öffnete ein blaues Fläschchen, ließ etwas von dessen Inhalt auf ein Tuch tropfen und tupfte damit meine Wunden ab. Ich merkte es kaum, war zu betäubt. Als er mich verarztet hatte, verstaute er wieder die angebrochenen Sachen im Erste-Hilfe-Kasten und schloss ihn. »Ich habe eben mit Tanja telefoniert.«

Bei ihrem Namen vergrub ich das Gesicht in den Händen.

»Du wirst um ein Gespräch mit ihr nicht herumkommen.«

Ich senkte die Hände und nickte schweigend. Dann stand ich auf, nahm Berts Sachen und verschwand ins Bad.

Dort angekommen schloss ich die Tür und zog mir schwer und müde das nasse Longsleeves über den Kopf. Berts T-Shirt hing wie ein Sack an mir herab. Ebenso die Hose. Ständig verfolgten mich dieselben Bilder. Die hohen Wellen ..., der leere Strand ..., Hopes schlaffer Körper in meinen Armen ..., Iasons gefährlicher Blick ...

Irgendwann holte mich ein leises Wimmern zurück. Es kam aus Tonys und Ariels Zimmer. Ariel war noch unten bei Hope. Es musste also Tony sein.

Als ich das Zimmer betrat, schreckte der Kleine hoch. »Mama! Ich will zu meiner Mama!«

Ich setzte mich an sein Bett und nahm ihn in den Arm. »Ist gut.« Beruhigend strich ich über seinen Rücken. »Alles wird gut.«

Tony schluchzte, während ich ihn lange hin und her wiegte. Ich hörte Silas aus dem Bad kommen und ebenfalls in sein Zimmer gehen, dann Luna, die sich als Nächste im Bad einschloss, und später Ariels Protestrufe, während Bert ihn mit ungewohnter Schärfe aufforderte, ins Bett zu gehen. Ich wusste nicht, wie lange ich noch so dasaß. Das Kinn an Tonys Kopf gelehnt, kraulte ich ihm durchs Haar. Bis sich seine Schluchzer mehr und mehr in tiefen Atemgeräuschen verloren. »Mama«, seufzte er irgendwann erleichtert und zufrieden. Sein Kopf wurde immer schwerer an meiner Brust und schließlich sackte sein kleiner Körper auf meinen Knien zusammen. Er schien wieder eingeschlafen zu sein. Mir blutete das Herz.

.g!

Sternenschimmer von Kim WinterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt