Ein erster Versuch, Kapitel 7, Teil 1

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  7Ein erster Versuch

Als ich drei Tage später das Schulschiff verließ und die breite Außentreppe zum Chemiesaal betrat, wusste ich, was ich wollte. Ich wollte Mirjams Sekundenkleber unters Haargel mischen, und Iason als Putz-Boy in eine Hausgemeinschaft radikaler Emanzen stecken. Aber je höher ich die Stufen hinaufstieg, desto klarer meldete sich eine traurige Stimme in mir. Meine Wut hatte ihr bisher keine Gelegenheit gegeben, sich zu äußern. Eigentlich wollte ich doch nur, dass er nicht so über mich dachte.

Meine letzten Dienste im Tulpenweg waren nahezu unerträglich gewesen. Mit Iason kein Wort zu sprechen aber ihm immer wieder zu begegnen war einfach ... ich atmete tief durch ...

... als ich wieder Schritte hinter mir vernahm. Unverkennbare Schritte, ich hätte sie aus hunderttausend anderen heraushören können. Aber sie waren nicht langsam und schwer wie meine. Nein, sie schienen es eilig zu haben. Als sie mich eingeholt hatten, blieb ich unbewegt stehen.

»Mia.« Seine Stimme erreichte mich so behutsam, ich konnte nicht anders und drehte mich um.

Vorsicht, mahnte ich mich im Stillen selbst. Schau ihm nicht in die Augen!

Also stierte ich an ihm vorbei. Mann, wenn er jetzt nicht dachte, dass ich voller Komplexe war, dann wusste ich auch nicht. Ich musste einen Blick riskieren. Das hier war einfach zu blöd. Also kratzte ich meinen Mut zusammen und sah langsam zu ihm hin.

Iason jedoch schien völlig auf sich selbst konzentriert. Es war, als ringe er nach Worten, und das nicht, weil er die Stufen zu schnell hinaufgehechtet war.

»Es tut mir leid«, brach es schließlich aus ihm heraus. »Ich hätte nicht ...« Er stockte. »Was ich gesagt habe ...« Wieder nur ein halber Satz. »Hach, ich habe mich dir gegenüber einfach unmöglich benommen.«

Meine Arme entspannten sich spürbar.

Er sah vorsichtig zu mir hinüber. »Und?«

»Kommt drauf an, wie dieser doofe Spruch letztens gemeint war.«

»Nichts als bescheuerter Sarkasmus.« Er hob erklärend die Hände. »Die Situation schrie förmlich danach.«

»Das fandest du vielleicht.«

»Ich sagte doch bereits, dass es mir leidtut.«

Eigentlich sollte ich es ihm jetzt schwerer machen.

»Ist schon okay«, sagte ich schließlich.

Der blaue Schein, der daraufhin aus seinen Augen trat, strahlte wie Eis in der Sonne. Mein Gott, war er schön. Ich atmete langsam und unauffällig durch.

»Darf ich dich als Wiedergutmachung zum Essen einladen?«

Ich musste ordentlich irritiert wirken.

»Ich weiß, es ist noch früh, aber es gibt da etwas, das wir vorher ... erledigen sollten.«

»Jetzt?«

Er zuckte mit den Schultern. »Ein Tag Schule mehr oder weniger. Du scheinst recht intelligent, da ...«

»Ich bin sehr intelligent«, verbesserte ich ihn.

Er lächelte vorsichtig. »Na, dann dürfte dir einmal Schwänzen doch nicht schaden.«



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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 13, 2015 ⏰

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Sternenschimmer von Kim WinterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt