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Keine fünf Minuten später standen wir vor einem kleinen unscheinbaren Laden, der irgendwie aber nicht so einladend aussah.
„Na komm. Das wird klasse. Versprochen!", er reichte mir die Hand und ich überlegte kurz.
War mir ziemlich unsicher, ob ich das tun sollte.
Aber hey, es war mein erster und einziger Tag in Freiheit. Also scheiß drauf.

Überzeugt ergriff ich Liams Hand und betrat mit ihm zusammen die Kneipe.
Die Lautstärke hier drin war zwar deutlich höher als draußen, doch keineswegs unangenehm.
Die Luft war gedrückter, es roch nach Alkohol und Zigarettenqualm und an jedem Tisch saßen Menschen, tranken, lachten, aßen.
Es war wie eine ganz andere Welt.

Liam zog mich zu einem hölzernen Tresen und bestellte uns jeweils ein Bier.
„Die gehen auf mich", sagte er und überreichte mir meins schließlich.
„Ich hab noch nie Bier getrunken", gab ich schüchtern zu und hoffte, er würde sich nicht über mich lustig machen.

„Na dann: Premiere!", rief er und stieß mit mir an.
Ich lächelte und probierte daraufhin.
Es schmeckte bitter und definitiv nicht so gut wie die selbstgemachte Limonade meiner Mutter, aber es war nicht ekelig.

„Komm, wir suchen uns einen Tisch", schlug Liam vor und ich folgte ihm einfach wieder.
Ziemlich weit hinten war noch Platz und wir ließen uns auf die Holzbänke fallen.
Die Musik, die abgespielt wurde, gefiel mir tatsächlich sehr gut und ich wippte mit dem Fuß zum Rhythmus mit.

„So, Harry. Jetzt musst du mir mal ein bisschen über dich erzählen. Woher kommst du, was machst du, was sind deine Hobbies und so", Liam trank noch einen Schluck von seinem Bier und schaute mich abwartend an.
Denk dir einfach irgendwas aus, Harry. So schwer kann das ja nicht sein.

Ich fing dann an, Liam einfach irgendeine erfundene Geschichte zu erzählen und ich merkte, dass je mehr Bier ich trank, ich immer besser darin wurde.
Mit der Zeit setzte ich sogar meine Kapuze ab.
Es schien mich sowieso niemand zu erkennen.
Und wieso auch? Das einzige Foto, das meine Eltern mal von mir in der Zeitung veröffentlichen ließen, ist nun auch schon wieder sechs Jahre her. Kein Grund zur Sorge also.

Im nächsten Moment fing das Lied „Can't help falling in Love" von Elvis Presley an zu spielen.
Eines meiner Lieblingslieder.
Ich konnte zwar nicht nachvollziehen oder nachempfinden wie es war, wenn man sich verliebte, aber das Lied gab mir die Hoffnung darauf, das es doch irgendwann passieren könnte. Eines Tages.
Vielleicht zu einem ganz unerwarteten Zeitpunkt. An einem ganz unerwarteten Ort. Aber ich war mir sicher, dass ich mich eines Tages verlieben wü-

„Ey, mach' die Schnulze aus! Wir sind hier in ner Kneipe! Da will man feiern und trinken  und keine schnulzigen Liebeslieder hören!", ertönte es auf einmal lautstark hinter mir und schon wurde ein anderer Song gespielt.

Empört drehte ich mich zu der Person um, mit der ich Rücken an Rücken saß - unsere beiden Bänke standen genau aneinander.
„Entschuldige mal! Elvis Presley ist ein begnadeter Sänger und in diesem Lied steckt unfassbar viel Leidenschaft und Tiefe!", keifte ich den Mann hinter mir an, der sich daraufhin umdrehte.

Und mir blieb die Spucke weg.
Strahlend blaue Augen funkelten mich durch das gedämmte Licht der Kneipe an.
Braune Haare, die etwas zerzaust auf dem Kopf lagen, eine Zigarette in der linken Hand und eine Lederjacke um den Oberkörper.
Ein leichter Drei-Tage-Bart rundete das Gesamtbild ab.

„Also wenn du nach Leidenschaft und Tiefe suchst, kann ich dir mit Sicherheit weiterhelfen", der Mann zwinkerte mir zu und mir fehlten jegliche Worte.

Don't wanna fall in Love // Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt