Die Woche verging wie in Zeitlupe. Jeder Tag erschien mir wie zwei, jede Minute wie eine Stunde und Sekunden verstrichen so langsam als wären sie Minuten.
Der Knutschfleck, den ich in den letzten Tagen stets unter einem Rollkragen oder einem Schal versteckt hatte, war mittlerweile auch schon verblasst und mit ihm auch meine letzte sichtbare Erinnerung an die schicksalhafte Begegnung mit Louis. Diese Erkenntnis schmerzte. Sehr sogar.
Doch als dann endlich wieder der Freitag gekommen war, konnte ich meine Freude und Aufregung gar nicht in mir behalten.
Bereits am Morgen wachte ich mit einem breiten Lächeln auf; in der Nacht konnte ich kaum richtig schlafen, zu aufgedreht war ich. Zu viele Gedanken und Szenarien geisterten mir durch den Kopf.Und auch meine Eltern schienen meinen abrupten Stimmungswechsel zu bemerken, denn auch als wir gemeinsam zum Frühstück an unserer langen Tafel saßen, mein Vater mir mit ziemlich großem Abstand gegenüber und meine Mutter in der Mitte von uns beiden, hielt sich meine Freude nicht in Grenzen.
„Harry, Schatz", sagte meine Mutter und teilte ihre Birne in der Hälfte, „Du bist ja gut drauf. Ist heute etwas besonderes?"
Ich musste kurz daran denken, dass ich mich heute wieder hinaus schleichen würde.
„Ach, ich hab einfach gut geschlafen, Mutter. Das ist alles", antwortete ich und kaute dann mein Müsli.„Sehr schön, Schatz", kam es von ihr.
„Und er freut sich natürlich auf sein Training, nicht wahr, Sohn?", klinkte sich mein Vater in die Unterhaltung ein.
Pff. Ja. Bestimmt. Auf ein Training, dass in keiner Weise abwechslungsreich oder interessant ist, würde ich mich jederzeit freuen.„Natürlich", sagte ich dennoch, um den Schein zu wahren, hob den Blick aber nicht, um ihm in die Augen zu sehen.
„Und im Übrigen, Harry. Nächsten Monat werden uns drei junge Frauen besuchen. Prinzessinnen versteht sich. Es ist nicht mehr lang, bis zu deiner Krönung. Und die Planung einer Hochzeit nimmt nun auch ziemlich viel Zeit in Anspruch. Da ist es wichtig, dass du dir so schnell wie möglich deine Herzensdame aussuchst."Mit einem Mal sank meine Stimmung in den Keller. Vom einen auf den anderen Moment.
Nun hob ich den Kopf, mein Blick traf den meines Vaters. Stiefvaters.
„Es ist noch ein ganzes Jahr", erinnerte ich ihn und rührte mit meinem Löffel im Müsli.„Und ein ganzes Jahr wird so schnell vorbei sein, dass du es gar nicht mitbekommen wirst. Es gilt, keine Zeit zu verlieren, Sohn. Deine Mutter und ich haben diese Damen sorgfältig für dich ausgesucht. Alle drei stammen aus einem sehr guten Elternhaus und würden dem Ruf unseres Königreiches noch einmal einen kräftigen Stoß nach oben geben", versuchte er sie mir schmackhaft zu machen.
Aber ich hasste dieses Thema. Wie die Pest. Sie hatten schon zuvor mehrmals versucht mit mir darüber zu sprechen, ich blockte aber jedes Mal ab. Und das wird sich jetzt auch nicht ändern. Nur wurde die Zeit, in der ich das Thema noch vermeiden konnte, immer kürzer und kürzer.
„Es ist trotzdem noch ein ganzes Jahr. Ich kann die auch in zehn Monaten noch treffen", grummelte ich und bemerkte, wie sich der Griff meines Vater um sein Messer verstärkte.
„Harry, das hatten wir schon. Es ist wichtig, dass du früh genug beginnst, dich umzuschauen. Vertrau' mir, mein Sohn."
„Und wenn mir keine gefällt?"
„Wählerisch zu sein können wir uns als Könige nicht erlauben. Wir tun das, was für unser Volk am besten ist. Und es wird langsam Zeit, dass du das verstehst."
„Was hat ein Volk von einem König, der nicht glücklich ist? Wie soll ich mein Volk denn glücklich machen, wenn ich es selbst nicht bin?", angespannt legte ich den Löffel neben meine Schüssel.
„Das spielt keine Rolle. Du wirst glücklich sein, sobald du eine Partnerin in deiner Seite hast und ein ganzes Land regieren kannst. Das ist das größte Reichtum, was ein Mann erlangen kann!"
„Und wenn ich das nicht will? Weder eine Partnerin noch ein Land regieren?"
Der Kiefer meines Stiefvaters spannte sich an und er knallte das Messer auf den Tisch.
Ich hielt Blickkontakt mit ihm. Eine schneidende Stille kehrte ein.
Meine Mutter versuchte, die Spannung aus der Situation zu nehmen und fing an, ihren Platz abzuräumen.„So, ich glaube, das war für heute morgen genügend Champagner", sie lächelte nervös und räumte die Gläser beiseite; sofort kam eine unserer Haushälterinnen und nahm sie ihr ab.
„Ich glaube, dir ist die Bedeutung deiner Position und deines Blutes nicht ganz bewusst, mein Sohn", er ignorierte meine Mutter völlig und stellte sich weiterhin dem Blickduell mit mir.
„Doch, ist sie. Aber ich finde es ganz einfach scheiße", sagte ich gerade hinaus und zuckte zusammen, als mein Vater auf den Tisch schlug.
„Nicht in diesem Ton!", seine Stimme war eisig und triefte nur so vor Autorität, „Dir wird eine riesige Ehre zuteil. Und du weißt sie nicht einmal zu schätzen!"
„Weil ich sie verdammt nochmal nicht haben will!", ich schrie. Und wie ich schrie. Ich glaube, man hätte meinen Schrei noch außerhalb des Schlosses hören können. Doch ich bereute es sofort im nächsten Moment, denn mein Vater stand auf und schrie nun ebenfalls. Und ich hasste es, wie sehr es mich jedes Mal einschüchterte.
„HARRY EDWARD STYLES, VERSCHWINDE AUF DEIN ZIMMER!"
Tränen der Wut stiegen mir in die Augen. Ich schob meinen Stuhl zurück und rannte dann aus dem Speisesaal in Richtung meines Zimmers. Nachdem ich eingetreten war, schloss ich die Tür hinter mir ab. Dann schmiss ich mich auf's Bett, drückte mein Gesicht fest in die Matratze und schrie so laut es ging. Ich schrie meine Verzweiflung raus. Schrie so lange, bis meine Stimme versagte und ich nur noch krächzen konnte.
Und auch, wenn es nichts an meiner Situation änderte, so ging es mir danach doch ein kleines Stückchen besser.
Langsam setzte ich mich wieder auf und wischte mir ein paar Tränen weg, von der ich gar nicht gemerkt hatte, dass sie sich in meine Augen geschlichen haben.
Dann starrte ich die Wand an.
Er hatte recht. Mein Vater. Stiefvater.
Ich musste langsam anfangen, mich nach einer Frau umzusehen. Ein Jahr vergeht wie im Flug.Aber ich wollte nicht. Ich konnte nicht. Ich wollte mein Leben nicht mehr. Nicht so wie es war. Ich wollte normal sein. Ein einfaches, bescheidenes Leben führen mit einer Person, in die ich mich Hals über Kopf verliebt hatte. Nicht mit jemandem, den ich mir im „Katalog" aussuchen konnte.
Meine Gedanken schweiften zu Louis.
Könnte er derjenige sein, mit dem ich dieses Leben führen würde? Nein. Weder würde er es sein, noch könnte ich ein normales Leben führen. Es war schlichtweg unmöglich.Ich war der zukünftige König des britischen Königreiches, von dem erwartet wurde, eine Frau zu heiraten und gemeinsam mit ihr einen Thronfolger zu zeugen. Und Louis war in diesem Beispiel nur ein einfacher Junge aus der Stadt.
Unter keinen Umständen würde diese Geschichte das Ende einnehmen, welches ich mir wünschen würde. Und das zu wissen, brachte mich an den Rand meiner Verzweiflung.
Diesmal bemerkte ich die Tränen, die langsam meine Augen füllten und meine klare Sicht verschwimmen ließen. Ich ließ es zu. Ließ zu, dass sie mir heiß über meine Wangen rannen und durch den Stoff meines Polohemdes sickerten.
Es war mir egal. Es musste jetzt raus. Und ich weinte. Und weinte. Keine Ahnung wie lange, aber nach einer gewissen Zeit wollten keine Tränen mehr kommen. Der Speicher war leer. Alle Reste aufgebraucht.
Also wischte ich mein Gesicht trocken, putzte mir die Nase und bereitete mich dann auf meinen Unterricht, mein Training vor.
Um 13 Uhr werde ich fertig sein. Dann kommt Niall. Und dann hatten wir noch drei Stunden, um noch einmal den Plan durchzugehen und zu reden. So wie wir es immer taten.
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Don't wanna fall in Love // Larry Stylinson
FanficHarry ist der zukünftige König von England, Louis ein einfacher Junge aus der Stadt. Harrys größter Wunsch: für einen Abend normal sein. Und an eben diesem Abend lernt er Louis kennen. Ihnen bleiben nur wenige Stunden miteinander . Was kann in so e...