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Schweißgebadet und nach Luft schnappend erreichte ich nach ca. 10 Minuten Dauersprint die Hecke, die sich zusätzlich mit den Mauern um das Schloss herum erstreckte. Schnell fand ich das Loch, durch welches ich auch gekommen war, und zwängte mich erneut hindurch.

23:59.

Hechelnd rannte ich zu der kleinen Tür, die etwas versteckt an der Seite der großen Steinwand lag und kam dann vor dieser zum stehen. Vor meinen Augen tanzten bereits kleine weiße Punkte, die ich jedoch schnell versuchte wegzublinzeln.

Ich schaute wieder auf meine Uhr.
3, 2 , 1.
0 Uhr.
Ein kleines piependes Geräusch ging von meiner Armbanduhr aus.

Einige Augenblicke verstrichen, in denen ich wartete, um sicher zu gehen, dass der Wachposten im Inneren seinen Platz auch wirklich verlassen hatte.
Leicht zitternd und betend, er würde bereits weg sein, öffnete ich die Tür schließlich mit einem Ruck und - zu meinem Glück - war ich tatsächlich allein im Flur.

Ich zog die Tür hinter mir zu, bewegte meine Kapuze noch ein Stück weiter über meine Augen und stürmte dann die endlos langen Treppen hinauf zu meinem Gemach.

Die ganze Zeit über war ich unwahrscheinlich nervös und hatte Angst, jemand würde mich erwischen.
Vielleicht sogar meine Mutter. Die geisterte manchmal auch noch nachts durch das Schloss, weil sie seit der Bekanntgabe der Herzkrankheit meines Vaters nicht mehr gut schlafen konnte.

Doch das Glück schien tatsächlich auf meiner Seite zu sein, als ich ungesehen vor der großen braunen Holztür zum stehen kam, hinter welcher sich Niall befinden und auf mich warten sollte.

Schnaufend klopfte ich gegen die Tür, versuchte angestrengt meinen Atem leise und niedrig zu halten, damit ich keine Aufmerksamkeit auf mich zog.

Als er nach ein paar Sekunden noch immer nicht aufgemacht hatte, hämmerte ich - dieses Mal jedoch etwas lauter - gegen das Holz und blickte angespannt nach rechts und links.

Verdammt, Niall!
Ich rüttelte an dem Türknauf, welcher einen Augenblick später glücklicherweise auch gedreht wurde und ich mich durch den kleinen Schlitz nach innen zwängte.

Die Tür fiel zurück ins Schloss und ich lehnte mich gegen sie, atmete noch immer schwer und strich mir dann meine verschwitzten Haare von der Stirn. Zog mir die Kapuze vom Kopf.

„Du hast es echt geschafft", lachte Niall und knuffte mir gegen den Oberarm, „Und? Wie war London?"

Sein breites Lächeln verschwand schnell als er meine Stimmung zu vernehmen schien und stattdessen legte sich ein verwirrter Ausdruck auf sein Gesicht.

„Also irgendwie siehst du so absolut gar nicht begeistert aus", bemerkte er und fasste somit ziemlich gut meine derzeitige Gefühlslage zusammen.

Aufstöhnend raufte ich mir die Haare, während ich zum Bett lief und mich einfach darauf fallen ließ.
„Niall~", ich legte meine Hände vor mein Gesicht, sodass meine Stimme durch diese gedämpft wurde, „Ich bin am Arsch!"

Ich spürte wie sich die Matratze Sekunden später neben mir senkte und mein Freund sich zu mir auf's Bett legte.

„Wieso? Hast du etwas verbotenes gemacht? Ist nicht schlimm. Du bist eh bald König. Glaub' mir, dir wird nix passieren. Und außerdem hängst du ja nur auf dem Schloss rum, da kriegen die dich eh nicht."

Bei dieser erneuten Erkenntnis meiner misslichen Lage musste ich mal wieder verzweifelt aufatmen und es klang beinahe so, als würde ich weinen.

„Mensch, Harold, was ist denn los?", wollte Niall jetzt konkret wissen und drehte sich auf die Seite, was ich an der Bewegung des Bettes und der wechselnden Richtung seiner Stimme hören konnte.

Ich nahm die Hände von meinem Gesicht, drehte meinen Kopf, sodass ich in Nialls blaue Augen schauen konnte.
Sie erinnerten mich sofort wieder an Louis. Aber nur, weil sie ebenfalls blau waren. Louis' Augen waren anders als seine. Ganz anders. Sie waren geheimnisvoll, strahlend, hypnotisierend und einfach viel schöner als die meines alten Freundes. Sorry, Niall.

„Ich-", fing ich an und suchte nach den richtigen Worten, die es aber für mein aufkommendes Geständnis wohl einfach nicht zu geben schien. Egal, was ich sagen würde, es würde auf jede mögliche Art und Weise einfach nur merkwürdig unglaubwürdig klingen. „Ich glaube, ich-...also es könnte sein, dass...ich...mich verliebt habe?"

Es klang letztendlich mehr nach einer Frage als einer Aussage, sie bewegte Niall jedoch dazu, im nächsten Moment kerzengerade im Bett zu sitzen und mich mit aufgerissenen Augen anzustarren.

„Was?!", rief er und ich legte sofort einen Finger auf meinen Mund, um ihm zu bedeuten, dass er leise sein sollte.

Doch Niall zeigte sich wenig beeindruckt von meiner Geste.
Er sprang auf und lief mit wild fuchtelnden Armen in meinem Zimmer auf und ab, während er mir einen Vortrag hielt: „Harry, ich hoffe wirklich, dass das gerade nicht dein Ernst war! War es dein Ernst? Nein, oder? Ich meine, wie kann das sein? Das war dein einziger Tag - ich betone - dein EINZIGER Tag, den du draußen verbringen konntest und du kommst wieder und erzählst mir allen ernstes, du hättest dich verliebt?

Harry, du warst doch noch nie verliebt! Weißt du überhaupt, wovon du da sprichst? Hast du eine Ahnung, wie man sich fühlt, wenn man verliebt ist? Kannst du wirklich sagen, dass du verliebt bist? Herr Gott, Harry! Du wirst in einem Jahr König! Und du wirst verdammt nochmal in einem Jahr heiraten! Und jetzt kommst du hier rein und sagst, du hättest dich in jemanden verliebt, den du eben erst kennengelernt hast!?"

Seine Atmung hatte sich dramatischer Weise beschleunigt, er hielt die Arme geöffnet zu den Seiten und guckte mich mit einem leicht verrückten Blick an.

Ich seufzte langgezogen und raufte mir wieder meine lockigen Haare.
„Man, Niall. Ich weiß doch, wie das klingt...Aber solche Gefühle hatte ich noch nie! Mein Herz kann gar nicht mehr aufhören zu rasen. Mein Bauch kribbelt ununterbrochen und meine Handflächen sind die ganze Zeit richtig ekelig nass. Ich kann nur noch an die paar Stunden denken, die wir miteinander verbracht haben. An den Geruch, die Lederjacke, die Haare, die Augen, die Lippen...", zum Ende hin wurde ich immer leiser und strich mit meinen Fingern sanft über meine Unterlippe, bevor ich mit meinen Fäusten auf dem Bett rum trommelte, „Gott, Niall, er ist so perfekt!"

Der Blick meines Freundes war nicht zu deuten. Für mich zumindest nicht. Er sah entrüstet aus, gleichzeitig aber auch so, als müsste er jeden Moment vor lauter Lachen in Tränen ausbrechen.

„Er?", fragte Niall schließlich ganz leise und wirkte wie eingefroren in seiner Position.
Ein sanftes Nicken meinerseits brachte ihn dazu, sich wie in Zeitlupe zu meinem Stuhl zu bewegen und sich auf diesen zu schmeißen.

„Du hast dich wirklich in einen Jungen verliebt?", wollte er sich noch einmal vergewissern und ich setzte einen kritischen Blick auf.

„Ja, wieso? Hast du was dagegen?"

In Sekundenschnelle hob Niall beide Hände und wedelte mit ihnen vor seinem Oberkörper rum.
„Nein, nein! Auf gar keinen Fall! Ich bin einfach überrascht, weil ich es nicht erwartet hab. Weil, weißt du...jetzt kann ich dir endlich sagen, dass...ich auch auf Jungs stehe."

*****

Uhhh now it's out, Nialler!🫣😊
Habt einen schönen Tag <3

Don't wanna fall in Love // Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt