Kapitel 11: Axel

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Was hat Micah an sich, was Recki toll findet? Sind es seine Haare? Seine Augen? Seine Nase? Sein Body? Sein Lächeln?
Ich habe keine Ahnung und das nervt echt.

Ich weiß ja schon lange, dass Recki gay ist, und es macht mir auch gar nichts aus. Aber Micah, echt jetzt?
Ich meine, abgesehen von seinem Fußball-Talent und seinem Humor, ist er ein richtiger Draufgänger. Seine Beziehungen halten nie lange und seine bisherigen Freunde und Freundinnen haben nie eine zweite Chance gehabt.

Viele stehen ja auch diesen unerreichbaren Badboy, doch von Recki weiß ich, dass er nicht so blöd wäre, eine Beziehung mit Micah anzufangen. Jedenfalls habe ich das bis jetzt gedacht ...
Aber der Gedanke, Recki und Micah zusammenzusehen, bereitet mir ein ungutes Gefühl. Als wäre irgendetwas falsch.

,,Was hat Micah, das ich nicht habe?"
Diese Frage ist mir plötzlich und unüberlegt über die Lippen gekommen. Recki wendet sich überrascht zu mir.
,,Was?" Ihm steht ein großes, fettes Fragezeichen auf der Stirn geschrieben.
,,Du hast mich schon verstanden."
,,Ja das schon ... aber die Frage an sich nicht."
,,Ist es seine Stimme?"
Recki bleibt stumm, sieht mich bloß mit großen Augen an.
,,Sein Lächeln? Seine Muskeln?"

Ich höre nicht auf nachzuhacken, ich will es jetzt wirklich wissen.
,,I-ich ... es i-ist ... sein Haar ...", stammelt Recki nach kurzer Zeit.
,,Seine Haare?", ich ziehe eine Augenbraue skeptisch nach oben, ,,ich habe auch Locken. Findest du mich also auch attraktiv?"
Reckis Augen weiten sich, aber das bemerke ich nicht richtig. Viel mehr liegt meine Konzentration auf seine schmalen Lippen, die sich teilen.

Ich weiß nicht, was gerade in mir abgeht. Ich weiß es wirklich nicht. Vielleicht stört es mich, dass er auf Micah steht, vielleicht will mein Körper nun endlich berührt werden, nach all diesen Jahren voller Unschuld.  Aber igendetwas in mir will Recki zu mir ziehen und ihn küssen. Also überlege ich nicht lange, ziehe ihn zu mir und presse meine Lippen auf seine.

Seinen Mund auf mir zu spüren, das habe ich mir irgendwie anders vorgestellt. Nicht so ... schön und passend.
Recki scheint die Luft angehalten zu haben. Will er das hier nicht? Wahrscheinlich.
Ich will mich zurückziehen und habe schon eine Ausrede parat, doch Recki schlingt seine Arme um meinen Nacken und vertieft den Kuss.

Ich habe lauter Fragezeichen im Kopf, würde gerne wissen wollen, was wir hier gerade abzogen. Ich hätte schlechtes Gewissen haben sollen, weil Mabou unten sitzt und ich hier oben mit ihrem Sohn rummache.
Doch ich tue es nicht, stattdessen wird mir erst richtig bewusst, wie gut Recki küssen kann.
Hat er schon Erfahrung? Wann war sein erster Kuss? Und oh Gott, woher weiß Recki was sich gut anfühlt und was nicht?

Er überwindet plötzlich den letzten Abstand, klettert auf meinen Schoss und presst sich dicht an mich, sodass kein Blatt Papier mehr zwischen uns durch gepasst hätte. Und als seine heiße Zunge zögernd an meine Unterlippe leckt, kann ich meinen ersten Laut nicht mehr verheimlichen. Ich stöhne recht unmännlich auf und dabei schiebt sich Reckis Zunge in meinen Mund. Sie kundschaftet meine Mundhöhle aus, fährt über meine Zähne und streicht an der unteren, empfindlicheren Seite meiner eigenen Zunge entlang.

Es ist ein so neues und gutes Gefühl, dass ich mich kurz entreiße und nach Luft schnappe. Reckis Hände sind dabei noch weiter nach unten gegangen, schieben sich unter mein T-Shirt. Als seine kalte Haut auf meine trifft, explodiert irgendwas in mir.

Ich kralle mich an Reckis schmalen Schultern fest und schiebe ihn sanft, aber bestimmend, auf den Boden. Die Kissen, auf denen wir noch vor Minuten gesessen habe, kicke ich weg. Meine ganze Aufmerksamkeiten gilt Recki, der unter mir liegt und mich mit seinen haselnussbraunen Augen ansieht. Es gibt Tage, da kann ich seine Emotionen nicht deuten. Jetzt schon. Pure Lust sehe ich in seinen Augen und mir geht es nicht anders.

Ich merke wie das Blut nach unten in eine ganz bestimmte Region meines Körpers schießt. Fuck, bin ich etwa wegen Recki erregt?
Ich drücke mich an seine Leistengegend und spüre eine gewisse Wölbung unter mir. Ich bin also nicht der einzige, der diese ungewöhnliche Situation alles andere als unangenehm findet.

Ich beuge mich nach vorne und küsse Recki. Ein erregender Schauer durchfährt mich, als er mit seinen Fingernägeln meinen unteren Rücken entlang streicht.
Verlangend drücke ich mich mit meinem ganzen Gewicht auf Recki, der aufjapst, als ich mich zusätzlich an ihm reibe.

,,W-warte ... A-axel ...", bringt Recki mühsam raus, doch ich ignoriere ihn und knabbere an seinem Kinn.
,,A-axel, stopp! H-hör auf!"
Nein, nicht jetzt. Ich bin so im Rausch, dass ich Reckis panische Strampelattaken gar nicht bemerke. Mit meinen Beinen umschlinge ich ihn, tackere ihn aufgrund meiner Beinmuskeln auf den Boden fest.

,,Ich sagte, hör auf!"
Recki schubst mich von ihm runter und krabbelt einige Meter zurück. Weg von mir. Erst jetzt kommen alle Geschehnisse, die in den letzten Minuten passiert sind, endlich in mein Gehirn an.
,,Recki, es tut mir leid!" Was habe ich mir dabei gedacht, ihn einfach so zu überfallen?

Mein bester Freund schnieft und deutet zur Tür.
,,Geh."
,,Aber Recki ...", versuche ich mich zu wehren.
,,Axel, bitte. I-ich muss jetzt allein sein. Bitte geh jetzt."
Ich kann ihn gut verstehen, wie er sich fühlt. Bei mir ist es gleich.
Ich habe keine Ahnung, was mir durch den Kopf gegangen ist.

,,N-na gut, dann gehe ich jetzt. Ruf mich später an, oder ... schreibe mir, ja?"
Ich wende mich ab und lasse einen am Boden knieenden Recki mit schlechtem Gewissen zurück.

🐞🐞🐞
...

Strange feelings for youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt