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»Hier, trink das.«

Harriet überreichte Aris und Sonya je einen Metallbecher mit frischem Quellwasser. Ich stand mit verschränkten Armen hinter ihr und beobachtete die beiden für einen Augenblick. Als Thomas zu uns stieß, gefolgt von Newt und Brenda, konnte ich ein Augenrollen nicht unterdrücken. Ich spürte, wie sich eine warme Hand auf meinen Oberarm legte und aus dem Augenwinkel konnte ich Chloes Kopfschütteln erkennen. Seufzend ließ ich die Arme fallen und steckte meine Hände stattdessen in meine ausgewaschene Jeans, bei der das Schwarze inzwischen zu einem hellgrau übergegangen war.

»Ihr habt euch ganz schön Zeit gelassen, uns zu retten«, murmelte Aris mit einem gequälten Grinsen. Seine dünnen Schnittwunden und die Blessuren mussten schrecklich wehtun.

»Freu mich auch, dich zu sehen«, erwiderte Thomas und schenkte ihm ein unsicheres Lächeln, doch dann wurde er wieder ganz ernst. »Was ist passiert?«

»Wir haben uns gewehrt – naja ... wir haben's versucht«, erzählte uns Aris.

Sonya nickte. »Echt Glück, dass ihr uns gefunden habt. Die haben uns dauernd verlegt. Ich bin sicher, die haben irgendwas vor.«

»Habt ihr 'ne Ahnung, wo die hinwollen?« Newt ging neben Thomas in die Hocke und sah von Sonya zu Aris. Ihm war es offenbar unangenehm, die beiden direkt so einem Verhör zu unterziehen.

»Also, ich weiß nur ...«, murmelte Aris. »Die haben dauernd von einer Stadt geredet.

Thomas und Newt warfen sich einen fragenden Blick zu. Auch ich tauschte einen unsicheren Blick mit Samuel aus. Konnten wir uns daran festhalten?

»Ich dachte, es gibt keine Städte mehr?«, mischte sich nun Harriet ein. Sie sprach mehr oder weniger das aus, was meine Befürchtung und meine Sorge waren. Die Sonneneruption hatte alles zerstört, inklusive der Städte. Aber Moment ... Alea hatte irgendwann erkannt, warum ihre Stadt noch funktioniert hatte. Ein Zaun, der die Stadt umgeben hatte, diente als Schutz.

»Weil es so ist.« Brenda, die sich die ganze Zeit im Hintergrund gehalten hatte, trat nun einen Schritt vor. »Also, außer Ruinen meine ich.«

»Okay. Was ... was ist mit Minho? Warum war er nicht in dem Zug?« Thomas drehte sich wieder Aris zu, der sich jetzt leicht auf die gesunde Seite seiner Lippe biss.

»Es tut mir leid, Thomas. Er war drin.«

»Und Alea?«, platzte ich raus. Ich konnte nicht mehr schweigen, musste wissen, wie es ihr ging.

Aris schwieg betreten und blieb mir eine Antwort schuldig. Doch dann schüttelte er den Kopf.

Ich verstand nicht, wie das sein konnte. Wir hatten alle Insassen aus einem geschlossenen Zugabteil gebracht. Es konnte niemand fehlen, der mit im Zug saß. Bevor ich Aris jedoch danach fragen konnte, verstand ich. Als ich über die geöffnete Luke zu Thomas sah, entdeckte ich zwei Abteile; der, den Thomas am Haken befestigte und der, der neben dran stand. Ich hatte dem zweiten Abteil keine Beachtung geschenkt, aber jetzt war es die einzig logische Erklärung. Thomas und die anderen hatten das falsche Abteil erwischt.

Oder sie war nicht in dem Zug. 

༻༺

Ich saß in einem kleinen Raum, in dem bloß eine Couch und ein großer Tisch standen. Mehr brauchte ich auch nicht; eine Sitzgelegenheit, die ich nicht benutzte und ein Ding, an dem ich vorbeistarren konnte. Mein Rücken lehnte gegen das kühle Leder der Couch. Mir war die Lust auf jegliche Bewegung vergangen. Die stickige Luft im Raum tat ihr Übriges.

Müde vergrub ich mein Gesicht in meinen zitternden Händen. Seit einem halben Jahr plagten mich schlimme Alpträume und jeder endete damit, dass ich Alea verlor, ein Alptraum blutiger als der letzte. Geschlafen hatte ich seit jener Nacht nicht mehr richtig, zu groß war meine Angst um Alea. Oftmals saß ich einfach nur auf meinem Bett oder das, was zu dem Zeitpunkt mein Bett war und starrte in die Dunkelheit und versuchte gegen die Panik anzukämpfen.

FIGHTERS - Flammender Zorn ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt