»Du bist ... nicht sie?«
Meine pure Enttäuschung darüber war nicht zu überhören. Ich war sowieso nicht in der Lage dazu, sie zu verbergen. Mir wummerten die Einzelteile meines zersprungenen Herzens in der Brust und bohrten sich zwischen meine Rippen. Ich legte meinen Kopf in den Nacken und schloss die Augen.
»Ich ... ich heiße Helen«, flüsterte sie leise und machte einen vorsichtigen Schritt auf mich zu. Von ihrer Selbstsicherheit, von ihrem Mut und ihrer Stärke war nichts mehr übrig. Wie alt war sie? Ich schätzte sie auf gerade mal sechszehn Jahre.
»Okay.« Meine Antwort war nichts mehr als ein trauriges Krächzen. Ich drehte mich von Helen weg, die sich nervös eine rote Locke aus ihrem Gesicht strich, vergrub mein eigenes Gesicht in meinen Händen.
Und ich weinte. Ich schluchzte. Ich ließ meinen ganzen Schmerz, meinen ganzen Frust, der mich seit sechs Monaten von innen zerfraß, meine ganze Angst in diese Tränen fließen. Meine Beine gaben nach und ich sank auf die Knie, bettete meinen Kopf zwischen meinen Knien ein und hielt mir die Ohren zu. Langsam wippte ich vor und zurück. Ich schrie, während die Tränen flossen. Konnte sie nicht mehr aufhalten.
Meine Umgebung drehte sich und ich presste angestrengt die Augen zusammen. Schwarze Punkte tanzten vor meinem Augenlid, der Schmerz brannte in meiner Brust. Einmal. Ich wollte nur einmal das Gefühl von Glück spüren.
Schluchzer schüttelten mich durch, bis ich kaum noch Luft bekam. Mein Herz zog sich in meinem Brustkorb zusammen und ich verfiel in eine Art Starre, die nur von dem Zittern meiner Hände an meinen Ohren unterbrochen wurde. Ich zog meinen Kopf enger in meinen Schoß und schirmte jegliche Laute von außen ab.
Mein Mund und mein Hals waren so trocken, dass ich das drückende Gefühl in meiner Kehle nicht hinunterschlucken konnte. Ich war meine Schuldgefühle das letzte halbe Jahr nie losgeworden, aber so intensiv wie in diesem Moment hatte ich sie lange nicht mehr gespürt. Es fühlte sich an, als hätte Helen mir mit ihrer Enthüllung den Boden unter den Füßen weggerissen.
Und ich fiel. Und fiel. Und fiel. Immer tiefer in ein schwarzes Loch.
Plötzlich legten sich zwei Arme um mich. Ich spürte, wie sich jemand neben mich kniete und seinen Kinn auf meinem Rücken ablegte. Ich spürte, wie jemand beruhigend über meinen Rücken strich. Die Arme, die mich umschlungen hielten, waren zu stark, um zu Helen zu gehören.
Ich schluchzte und zog meine laufende Nase hoch, traute mich aber noch nicht, meine Hände von den Ohren zu lösen. Die Hand auf meinem Rücken fühlte sich tröstend an.
Nur ganz dumpf kamen Worte bei mir an. Jemand redete auf mich ein, mit ganz ruhiger Stimme. Ich spürte, wie sich mein schneller Atem langsam beruhigte, wie die Splitter meines Herzens nicht mehr ganz so weh taten, fühlte, wie sich mein Hals wieder besserte.
»Ich bring ihn rein«, hörte ich jemanden sagen. Dann wurde mir auf die Beine geholfen. Bevor ich wieder einknicken konnte, stützte mich bereits jemand und führte mich weg. Ich konnte mich weder wehren noch bedanken. Mein einziger Gedanke galt Alea. Ich dachte wirklich, Helen wäre meine Alea. Ich dachte, sie hätte einen Weg gefunden, wie sie herkommen kann. Wie sie mich finden kann, ohne Ärger zu bekommen.
Jemand setzte mich auf einen Stuhl. Ich konnte immer noch nicht klar denken, wusste nicht, was ich fühlen sollte, ob ich Helen dafür hassen konnte, wer sie war und wer sie nicht war, oder ob ich mich hassen sollte, dass ich meiner Hoffnung mehr Glauben schenkte, als meinem Verstand.
Ich bekam ein Glas Wasser gereicht. Die klare Flüssigkeit, die ich nur verschwommen sah, schwappte leicht über den Rand, weil meine Hand so stark zitterte. Ich trank nicht. Konnte es nicht. Wollte es nicht.
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FIGHTERS - Flammender Zorn ✔
FanfictionTRILOGIE | BAND 3 Teresas Verrat hatte tiefe Wunden hinterlassen. Vor einem halben Jahr war es geschehen: Sie nahm Kontakt zu WCKD auf und lotste sie in das sicherer Versteck, in dem sich die Lichter versteckt hielten und sich erholten, von allem, w...