Kapitel 5

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Ben's Sicht

Ich bin etwas erleichtert, dass sich Tiana mit Mila trifft. So habe ich alle Ruhe, um mit Lio zu sprechen, ohne dass uns dabei jemand stört. Ich hoffe nur, dass Tiana nicht wieder irgendeinen Mist baut. Dafür sind ja Tiana und Mila bereits bekannt.

Als Tia das Haus verlässt mache ich mich auf den Weg zu Liora, die im Wohnzimmer sitzt und vor sich hinstarrt. Sie ist immer so still und in ihrer eigenen Gedankenwelt. Ich mache mir wirklich Sorgen um sie. „Lio, ich muss dir etwas erzählen." sage ich mit meiner sanftesten Stimme. Ich sitze neben ihr auf dem Sofa und blicke sie besorgt an. „Deine Mama hat es leider nicht geschafft. Sie ist gestorben." spreche ich die fürchterliche Wahrheit aus. Erst rührt sich das kleine Mädchen vor mir gar nicht, sondern blickt mich nur mit großen Augen an. Langsam kann ich jedoch erkennen wie sich die ersten Tränen in ihren Augen bilden. Ich nehme sie in den Arm und streiche ihr beruhigend über den Rücken. „Deine Mama wird immer bei dir sein. Hier drinnen." sage ich und zeige dabei auf ihr Herz. „Sie wird dich immer beschützen." rede ich weiter. Mittlerweile weint die Kleine hemmungslos. Ich versuche sie zu beruhigen, was jedoch nicht wirklich klappt. „Hey kleine Maus. Versuch langsamer zu atmen, okay? Es wird alles gut werden. Ich werde immer für dich da sein. Lass uns gemeinsam tief ein und ausatmen, okay?" Ich atme ganz deutlich, damit sie mir folgen kann. Langsam wird ihre Atmung wieder ruhiger und sie scheint sich zu beruhigen. Ich streiche ihr die Tränen aus dem Gesicht und küsse ihre Stirn. „Es wird alles gut." rede ich ruhig auf sie ein. Ich versuche ihr alles, was passiert ist, so zu erklären, dass sie es versteht.

„Wird Papa auch sterben?" fragt sie nach einer Weile. Ihre Stimme klingt sehr schwach und zittrig. „Lio, davon wollen wir nicht ausgehen. Ich habe dir schon erklärt, dass dein Papa ganz tief und fest schläft, weißt du das noch?" frage ich sie, woraufhin sie leicht nickt. „Weißt du bei deinem Papa ist das ein bisschen so wie im Märchen Dornröschen. Er schläft so fest, dass wir ihn nicht wecken können und wir auch nicht wissen, wann er wieder aufwacht." meine ich. „Was ist, wenn er nicht mehr aufwacht?" fragt sie weinerlich. „Shhh... dann bleibst du hier bei uns, aber so weit sind wir noch lange nicht, okay?" Es dauert eine Weile bis Liora das alles verstanden hat. Am liebsten würde ich ihr all ihre Sorgen nehmen, aber das geht leider nicht. Ich versuche dem 13-jährigem Mädchen so viel Fürsorge und Sicherheit zu geben, wie es nur geht.

Irgendwann ist Liora so müde geworden, dass sie in meinem Armen eingeschlafen ist. Vorsichtig lege ich Lio auf die Couch und decke sie zu. Während die kleine Maus schläft, koch ich inzwischen das Mittagessen, da es mittlerweile schon 14:00 Uhr ist.

Tiana's Sicht

Glücklich verlasse ich das Trainingsgeländer. Ich brauche die Hilfe von meinem großen Bruder nicht. Ich schaffe das alles auch alleine. Um ehrlich zu sein, bin ich schon etwas stolz auf mich, dass ich das nun alleine geklärt habe.

Auf dem Nachhauseweg halte ich noch bei einem Café und hole mir einen Kaffee-to-go. Nicht viel später bin ich auch schon zu Hause angekommen. Das Einzige, was ich hören kann, ist der Fernseher vom Wohnzimmer. Ich ziehe meine Schuhe aus und stelle meine Tüte ab, bevor ich genau dorthin gehe. „Hallo!" spreche ich glücklich. Liora ist an Ben gekuschelt, während sie sich einen Film anschauen. „Hallo, Tia! Was machst du denn schon hier? Es ist erst kurz nach 15:00 Uhr." meint Ben überrascht. „Ja, ich weiß, aber wir wussten nicht mehr, was wir machen sollten, und deshalb bin ich schon hier." antworte ich mit einer weiteren Lüge. Hätte ich jetzt die Wahrheit gesagt, hätte ich doch nur Ärger bekommen.

Daraufhin steht Ben auf und deutet mir an ihm zu folgen. Wir beide gehen in die Küche. „Setz dich." spricht Ben, als wir dort ankommen und zeigt auf die Barhocker. Er selbst nimmt auch Platz. „Also, jetzt nochmal und dieses Mal die Wahrheit bitte." meint er ruhig. Woher weiß er wie bitte, dass ich ihn angelogen habe? „Das ist die Wahrheit." spreche ich total unsicher. So sehr wie meine Stimme dabei zittert, würde ich mir nicht einmal selbst glauben. „Tiana, was habt ihr beide angestellt?" fragt Ben nun strenger nach. „Wir haben nichts angestellt." meine ich nun auch wütend und etwas lauter. „Schrei hier nicht so rum. Was ist passiert? Habt ihr euch gestritten?" fragt er wieder nach. Ich schüttle daraufhin nur wortlos den Kopf. „Tiana, jetzt sag schon, was du die letzten Stunden gemacht hast?" Ich überlege, wie ich am besten die Wahrheit ausspreche. Es ist zwar nichts Schlimmes, was ich gemacht habe, aber trotzdem habe ich ihn angelogen und habe nicht gesagt, wo ich war. „Ehm... Ich war bei meiner alten Trainerin und habe gefragt, ob ich wieder ins Team kann." meine ich zögerlich. „Und warum sagst du das nicht gleich?" fragt Benjamin misstrauisch. „Weil ich alleine dort war." sage ich uns sehe das erste Mal Ben an. „Weiß denn Alex nichts davon?" fragt er wieder. „Ja. Nein. Keine Ahnung. Eigentlich wollte er heute mit mir hingehen, aber dann hast du gesagt, dass er arbeiten ist und deshalb keine Zeit hat. Dann bin ich einfach alleine hingegangen." Während ich rede, spiele ich nervös mit meinen Fingern. „Tia, das tut mir leid. Alex hat die Schicht übernommen, weil ich dringend mit Liora sprechen musste. Ich bin mir allerdings sicher, dass Alex nicht böse sein wird. Das nächste Mal sagst du mir aber die Wahrheit, wo du bist und was du machst. Ich will das wissen. Was hat denn deine Trainerin gesagt?" erklärt mir Ben. Ehrlich gesagt, bin ich schon etwas eifersüchtig. Liora kommt hier her und alles dreht sich um sie. Ben tauscht sogar seine Schicht und deshalb hat dann Alex keine Zeit für mich. Bevor ich noch mehr in meine Gedanken versinke, antworte ich ihm.

„Ich darf wieder im Verein sein, aber soll jetzt immer pünktlich kommen, weil sie sich auf alle Spielerinnen verlassen muss. Nora hat mir noch einen Zettel gegeben, den Alex unterschreiben muss." sage ich lächelnd. „Du scheinst dich ja richtig darüber zu freuen, was?" Mein Lächeln wird breiter. „Ja, voll." sage ich. Gibt es noch etwas, was ich wissen sollte?" fragt Ben ein letztes Mal nach. „Nein." meine ich nur.

Nach diesem Gespräch gehen wir wieder ins Wohnzimmer und wir schauen uns zu dritt den restlichen Film an. Liora ist wieder eng an Ben angekuschelt, während er ihr beruhigend über den Rücken streicht. Ich hingegen sitze alleine auf der Couch und fühle mich irgendwie einsam. Ich würde auch gerne in den Arm genommen werden. 

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