Vergangenheit (Teil III)

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31.10.1981 - Jene Nacht
"Ich lasse dich bei James und Lily, okay? Die passen auf dich auf, bis ich wieder da bin.", sagte Sirius und strich seiner Schwester die dunkelbraunen Haare aus dem Gesicht.
"Und wo gehst du hin?", fragte sie. Callisto war mittlerweile fünf Jahre alt. Sie standen vor der Türe der Potters und hatten noch nicht geklingelt.
"Ich muss mit Remus und Peter etwas erledigen, Pfötchen. Mach dir keine Sorgen. Morgen früh bin ich schon wieder da."
"Okay... darf ich dann mit Harry spielen?"
"Da musst du nicht mich fragen, sondern James.", erwiderte er und drückte die Klingel.
Es dauerte nicht lange, da ging die Türe auf und Lily ließ sie eintreten.
"Hallo, Callisto.", begrüßte sie das Mädchen und umarmte sie liebevoll. "Hallo, Sirius.", begrüßte sie dann auch den Bruder und umarmte ihn ebenfalls. Da trat auf einmal James in den Flur. Er hatte seinen kleinen Sohn auf dem Arm und sofort war Callisto Feuer und Flamme.
"James, darf ich gleich mit Harry spielen?", fragte sie.
"Aber natürlich. Heute ist Halloween, da dürft ihr auch noch ein bisschen länger wach bleiben, stimmt's, Liebes?", fragte er seine Frau.
"Selbstverständlich.", lächelte diese und nahm ihrem Mann ihren gemeinsamen Sohn ab, damit er seinen besten Freund begrüßen konnte.
"Du hast alles, was du brauchst?", fragte James.
"Alles."
"Treffpunkt ist klar?"
"Da, wie immer. Wir müssen uns nur etwas beeilen, als ich heute Morgen mit Moony gesprochen habe, meinte er, es ginge ihm schon nicht gut..."
"Dann geh. Geh schnell, und pass auf ihn auf. Peter ist auch da?"
"Hoffe ich."
"Ich passe auf Callisto auf, ihr passiert hier nichts."
"Ich weiß doch, James. Sonst würde ich sie kaum hier lassen.", er klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter und kniete sich dann noch einmal hin. "Pfötchen, du hörst auf das, was James und Lily sagen, ja?"
"Natürlich, Tatze.", lachte sie und rannte dann noch einmal auf ihn zu, um ihn zu umarmen. "Musst du heute wieder Moony helfen gehen?"
"Genau. Schlaues Mädchen.", er gab ihr einen Kuss auf die Stirn, dann stand er auf, verabschiedete sich mit einem Winken und verließ das Haus wieder.

Der Abend verlief ruhig.
Callisto genoss die Zeit bei den Potters, denn auch wenn sie nicht ihre echten Eltern waren, aber James und Lily waren immer lieb zu ihr, und sie mochte die beiden sehr gerne. Außerdem liebte sie es, mit Harry zu spielen. Der kleine Junge war zwar noch zu jung, um wirklich irgendetwas spielen zu können, aber weil sie viel alleine war, war ihr jede Gesellschaft lieb.
Sie liebte Sirius unfassbar, und sie war sehr glücklich, dass sie bei ihm leben durfte, aber selbst mit ihren fünf Jahren merkte sie, dass sie ein einsames Kind war. Auf dem Spielplatz war sie niemals mit gleichalten, niemals spielte sie verstecken mit ihnen, oder fangen. Mit Sirius, und seinen Freunden, ja. Manchmal. Aber sie waren eben auch schon alle erwachsen.
Daher genoss sie es, ausnahmsweise nicht die Jüngste zu sein, und spielte mit dem kleinen Baby-Harry, bis dieser schließlich ins Bett musste.
Während Lily ihren Sohn zu Bett brachte, saß Callisto mit James auf dem Sofa und ließ sich von ihm Geschichten aus seiner Jugend erzählen. Plötzlich zog eine kalte Briese hinein und das Mädchen begann zu frösteln. Auch James schien zu bemerken, dass etwas nicht stimmte, denn er setzte sich aufrechter hin und von irgendwo her erschien sein Zauberstab in seiner Hand.
"Callisto, sei so gut und... hey, wollen wir verstecken spielen?", fragte er und schaffte es tatsächlich, unbeschwert zu klingen.
"Jaa!", freute das kleine Mädchen sich und sprang auf.
"Also gut. Hör zu. Du darfst dich nur unten im Keller verstecken, weil sonst finde ich dich ja gar nicht. Und ich suche dich. Ich sage schnell noch Lily und Harry Bescheid, und dann kommen die auch, und verstecken sich unten im Keller. Du darfst aber erst wieder rauskommen, wenn ich dich gefunden habe. Nicht früher, verstanden?"
"Ich kenne die Regeln von Verstecken, James.", lachte sie.
"Sehr gut. Und auch nicht wenn irgendwer anderes nach dir ruft, okay? Nur ich darf dich aus deinem Versteck holen, alles klar?"
"Nichtmal Sirius?", fragte sie erstaunt.
"Hm... der vielleicht. Aber nur, wenn er dir das Passwort sagen kann. Und das Passwort ist...", er lehnte sich zu ihr und flüsterte ihr zu: "Halloween."
Sie kicherte und drehte sich zur Türe, um in den Flur und von dort in den Keller zu laufen.
"Du musst die Augen zu machen und zählen, James!", rief sie und lief los. Sie hörte noch, wie er anfing zu zählen, und dann verschwand sie im Keller.
Zu Beginn versteckte sie sich einfach unter der Treppe, doch das kam ihr dann zu einfach vor. Schließlich spielte sie mit James, und der war neben Sirius und Remus der beste Sucher, den sie kannte. Also versteckte sie sich kurz darauf lieber in einem alten Holzschrank, in welchem sonst nur ein paar Putzmittel standen, welche sie einfach zur Seite schieben konnte.
Sie verweilte eine Weile dort, dann hörte sie es auf einmal von oben rumpeln, dann war es still. Ein Schrei, und es war still. Und plötzlich hörte sie ein ohrenbetäubendes Knallen und danach eine Totenstille, welche ihr ein wenig Angst machte.
Doch sie blieb in dem Schrank sitzen, wie James es ihr gesagt hatte. Stundenlang saß sie in diesem Schrank, wartete, schlief zwischenzeitlich ein und erwachte wieder. Aber niemals verließ sie den Schrank.
Erst als auf einmal Schritte auf der Treppe erklangen richtete sie sich etwas auf. Vielleicht würde James sie ja nun endlich finden. Sie schien sich ja wirklich unglaublich gut versteckt zu haben, dieses Mal.
"Hallo? Ist hier jemand?", erklang eine männliche Stimme, welche Callisto nicht zuordnen konnte.
"Wer ist da?", rief sie also zurück, auch wenn es nicht ganz dem entsprach, was James ihr gesagt hatte. Aber wenn ein fremder Mann sie auf einmal suchte, dann musste ja etwas passiert sein, und die Regeln hätten sich bestimmt geändert. Vielleicht hatte James sich auf einfach Hilfe geholt, weil er sie in ihrem Versteck nicht gefunden hatte.
"Man nennt mich Professor Dumbledore. Darf ich fragen, wo du dich befindest, und wer du bist?"
Der Name sagte ihr etwas, das wusste sie. Sirius hatte oft von einem Mann namens Dumbledore berichtet, daran erinnerte sie sich. Doch wusste sie nicht mehr.
"Ich bin im Schrank.", kicherte Callisto und wenige Augenblicke später öffnete ein außergewöhnlich alter Mann die Schranktüre und sah sie durch glasige Augen an. Er hatte Harry im Arm, so viel konnte sie sehen.
"Und wer bist du?"
"Mein Bruder hat gesagt, ich soll keinem Fremden sagen, wer ich bin.", erinnerte sie sich plötzlich. Ihr war die ganze Situation nicht ganz geheuer.
"Aber du weißt doch, wie ich heiße, oder? Dann bin ich also nicht mehr Fremd."
Sie nickte langsam. "Aber trotzdem, Sirius hat gesagt-"
"Sirius Black?"
"Das ist mein Bruder.", erklärte sie stolz. "Kennen Sie ihn? Und warum haben Sie Harry? Was ist mit Lily und James?"
"Ich bin ein Freund von deinem Bruder, und von James und Lily. Ich kenne sie schon ganz ganz lange. Aber ich weiß gerade nicht, wo Sirius ist. Kannst du mir da weiterhelfen?"
"Sirius ist unterwegs. Der muss Moony helfen.", erklärte sie. Sie hätte dem alten Mann auch gerne mehr gesagt, aber mehr wusste sie auch nicht.
"Mit Moony meinst du vermute ich Remus Lupin?"
"Ja, das ist ein Freund von meinem Bruder."
"Genau, und auch ein Freund von mir. Würdest du mir jetzt deinen Namen verraten, jetzt, wo du weißt, dass ich mit deinem Bruder und seinen Freunden befreundet bin?"
Sie überlegte kurz, und zuckte dann mit den Schultern. Offenbar kannte dieser Dumbledore Sirius tatsächlich, schließlich hatte er gewusst, dass Moony Remus war.
"Ich heiße Callisto Black.", sagte sie.
"Das ist aber ein schöner Name. Oh, na, du hast da etwas Dreck im Haar, lass mich kurz-", er tippte ihr mit seinem Zauberstab gegen die Schläfe, und auf einmal fühlte sie sich ganz schläfrig.
"Was", sie gähnte. "haben Sie gemacht?"
"Es tut mir unglaublich leid, Kleine, aber ich habe keine andere Wahl. Du musst hier weg. Und so ist es für alle am leichtesten. Je weniger du siehst, desto besser."

Painful Truth // Remus Lupin FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt