Kapitel 7: Ausgerechnet du

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Nach dem Meeting fiel alles im Hauptquartier in eine eiskalte Starre. Zwar hatte Bucky das Meeting frühzeitig verlassen, aber er wusste, dass der Streit noch eine ganze Weile andauerte. Immer wieder stürmte jemand hoch. Türen wurden aggressiv zugeschlagen.

In den nächsten Tagen war die Stimmung insgesamt gedrückt. Niemand redete mehr miteinander. Wenn man sich auf dem Flur begegnete, kreuzten sich die Wege nur still. Alle machten nur noch ihr eigenes Ding.

Es gefiel ihm nicht, dass er für y/ns Arrest verantwortlich gemacht wurde. Ja, er hatte ihr gegenüber die Kontrolle verloren und die Situation zwischen ihm und y/n war unnötig eskaliert. Aber am Ende des Tages war sie für ihr eigenes Verhalten verantwortlich, nicht er.

Wie Fury und Tony ihn behandelt hatten, war absolut ungerechtfertigt.


Aber y/n... Das war eine ganze andere Geschichte.

Sie sah in ihm nur das Monster, das Hydra aus ihm gemacht hatte. Aber konnte er ihr das wirklich übel nehmen? Wenn er doch nichts unternommen hatte, sie vom Gegenteil zu überzeugen? Eine kleine Unterhaltung hatte schon gereicht, um ihn aus der Haut fahren zu lassen. Wie sollte sie ihm verzeihen, wenn er sich in ihrer Gegenwart verhielt, wie das letzte Arschloch? Natürlich hatte sie ihn provoziert, aber das war keine Entschuldigung. Wenn es jemals die Chance gegeben hätte, sich zu beweisen, hatte er diese längst verspielt.

Weil Scharm und Schuld ihn gleichermaßen überkamen, hatte er sich in sein Schlafzimmer zurück gezogen und das den ganzen Tag nicht verlassen. Er war so verloren in seinen eigenen Gedanken, dass er die Zeit völlig aus den Augen verloren hatte.


Draußen war es bereits dunkel, als er aus seiner Trance aufwachte. Sein Magen knurrte. Immerhin hatte er den ganzen Tag noch nichts gegessen. Eigentlich wollte er sich gerade auf den Weg in die Küche machen, um nach etwas Essbarem zu suchen, als er an seiner Tür plötzlich inne hielt. Er war bereits mit einem Fuß im Flur, als sein Blick auf die Tür gegenüber seiner fiel. Bucky ließ seine Schultern fallen. Er war sich sicher, dass auch y/n ihr Zimmer den ganzen Tag nicht verlassen hatte.

Nicht einmal im Entferntesten konnte er sich vorstellen, wie sie sich fühlen musste.

Sie hasste ihn so sehr, dass sie ihr Team seinetwegen aufgegeben hatte, ihre Freunde, ihr Zuhause. Sie war von all dem fortgelaufen. Dass er einfach so in das Team aufgenommen wurde, musste sich für sie wie ein Messer im Rücken anfühlen. Ausgerechnet er. Er, der ihre Schwester umgebracht hatte. Dass sie nicht mit ihm zusammen arbeiten wollte, konnte er ihr nicht verdenken,

Aber jetzt saß sie hier fest.

Mit ihm.


Bucky trat zurück in sein Zimmer und bestellte online etwas zu essen. Als es geliefert wurde, ging er hinunter in die Küche, um dort die zwei Mahlzeiten, die er bestellt hatte, aufzuteilen. Ein Menü ließ er in der Plastikverpackung, das andere servierte er ordentlich auf einem Teller, den er dann gemeinsam mit einem Glas und einer großen Flasche Wasser auf ein Tablett stellte, mit dem er sich auf den Rückweg zu den Schlafräumen machte. Das Essen in der Plastikschale brachte er unachtsam in seinem Zimmer, das Tablett stellte er vor y/ns Tür ab.

Er wusste, dass er der letzte Mensch war, den sie jetzt sehen wollen würde. Also klopfte er und verschwand dann schnell in seinem Zimmer. Die Tür ließ er aber einen Spalt geöffnet, um zu schauen, ob sie das Tablett wirklich in ihr Zimmer nehmen würde. Als sie die Tür öffnete, schrak er überrascht zurück. Sie sah heute noch müder aus als vor zwei Tagen, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Eine gewisse Traurigkeit umgab sie, die er kaum in Worte fassen konnte. Aber als sie das Essen sah, erhellte ein seichtes Lächeln für einen kurzen Moment ihr Gesicht. Sie sah sich um, doch konnte sie niemanden entdecken. Also nahm sie das Tablett und verschwand dann wieder in ihrem Zimmer.

Bucky schloss seine Zimmertür lächelnd.

Eine gute Tat vollbracht.


In den nächsten Tagen wurden die Dinge langsam etwas leichter, die Stimmung im Quartier war lange nicht mehr so angespannt, wie am ersten Tag. Dennoch merkte man noch immer, dass etwas in der Luft lag. Auch wenn es nicht ausgesprochen wurde, machten sich doch alle Sorgen um y/n.

Sie öffnete nie die Tür, wenn jemand versuchte mit ihr zu sprechen.

Sie ging nie ans Telefon.

Sie antwortete auf keine Nachrichten, obwohl sie sie gesehen hatte.

Sie verließ nie ihr Zimmer.


Als Tony Bucky während seines Trainings einige Tage später zur Seite nahm, war Bucky überrascht. Normalerweise konnte er es nicht ausstehen, wenn man ihn während des Trainings störte, aber Tony schien äußert besorgt. Steve war ebenfalls im Fitnessstudio, aber es schien, als wolle Tony, dass Steve ihr Gespräch nicht mithören konnte.

„Barnes, hast du eine Minute?", fragte er vorsichtig.

Bucky nickte und trat zu Tony ins Abseits.

„Danke."

Tonys Stimme war ruhig und besonnen. Bucky war verwirrt.

„Danke, dass du dich um sie kümmerst. Ich hätte nicht gedacht, dass ausgerechnet du dich überhaupt für sie interessierst."

„Wovon sprichst du, Tony?"

„Das Essen. Y/n. Ich habe zufällig gesehen, wie du ein Tablett vor ihrer Tür abgestellt hast. Also habe ich mir die Überwachungsvideos der letzten Tage angeschaut. Danke, dass du dich um sie kümmerst."

Bucky sah sich um, um sicher zu gehen, dass Steve nicht doch mithörte.

Tony grinste: „Ich dachte mir schon, dass du nicht willst, dass jemand davon erfährt."

„Sie hasst mich", sprach Bucky mit gesenktem Kopf.

„Glaub mir, ich weiß", gab Tony zu.

„Sie sollte nicht sein müssen."
Bucky selbst wusste nicht, warum er sich ausgerechnet Tony anvertraute.

„Wir arbeiten daran", versicherte Tony.
„Bis wir eine Lösung haben, müssen wir einfach dafür sorgen, dass sie am leben bleibt. Also... Danke." 

i forgive you (Buckys POV) [Deutsch]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt