Kapitel 18: Sie braucht euch noch immer

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„Komm schon. Gib nicht auf bevor du überhaupt angefangen hast. Lass uns mit ein paar einfachen Dehnübungen und Krafttraining anfangen", versuchte Sam sie zu ermutigen, aber y/n wirkte so gar nicht begeistert.

„Ich weiß, du warst noch nie ein großer Fan vom Trainieren, aber gerade jetzt nach deiner Beinverletzung müssen wir dich wieder fit kriegen. Du schaffst das schon, kleines Vögelchen."


Kleines Vögelchen, lachte Bucky.

Sam hatte y/n diesen Spitznamen auf ihrer ersten Mission zu zweit gegeben. Was ursprünglich als Witz begann, wurde schnell zu einem Running Gag und dann das normalste der Welt für die beiden. Sam nannte sie immer sein kleines Vögelchen und sie lächelte immer, wenn er es tat.

Es brauchte noch einige weitere hoch motivierende Kalendersprüche und die richtige Musik, aber Sam schaffte es, y/n endlich dazu zu bringen, dass die beiden ihr Training starteten. Sie gingen ihre Sache langsam an, Sam gab ihr alle Zeit der Welt.

Bucky beobachtete die beiden aus sicherer Entfernung. Er blieb hinter der Fensterfront über dem Eingang, welche den gesamten Fitnessraum überblickte. Nach einigen Dehnübungen ließ Sam sie eine Weile auf dem Laufband gehen, um zu schauen, was sie schon von alleine schaffte.

„Denk dran...", begann Sam.

„Schmerz ist Schmerz."

Y/n beendete sein Mantra und die beiden kicherten.


Bucky begann zu lächeln, als er ihr leises Kichern hörte.

„Ich denke, du hattest Recht", riss ihn eine tiefe Stimme aus seinen Gedanken.

Fury gesellte sich zu ihm und beobachtete Sam und y/n.

„Sie mit Sam zusammen zu stecken war die richtige Entscheidung."


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Seit der letzten Mission waren einige Wochen vergangen. In dieser Zeit hatte y/n ihr Zimmer nur sehr selten verlassen. Es brauchte beide, Bruce und Sam, um sie zu überzeugen, dass sie an den täglichen Physiotherapie Sitzungen teilnahm, aber tatsächlich hatte sie nicht eine einzige Trainingseinheit verpasst. Bucky brachte ihr noch immer jeden Abend etwas zu Essen und eine Flasche Wasser an die Tür. Ab und an legte er auch einige Bücher dazu. Ihre Wunden waren wesentlich schneller verheilt, als sie ursprünglich angenommen hatten und als sie für reguläres Training freigegeben worden war, hatte Bucky Fury darum gebeten, sie für das Training mit Sam statt mich sich selbst zusammen zu stecken. Sam war immer für sie da gewesen, er wusste genau, wie er selbst an schwierigen Tagen mit ihr umgehen musste und er war die einzige Person im ganzen Team, bei der Bucky sich sicher war, dass sie y/n niemals weh tun würde. Er wäre der perfekte Trainingspartner und der einzige, dem Bucky ihre Genesung anvertrauen würde. Fury hatte sofort zugestimmt.


„Im Team herrscht immer noch eisige Funkstille, hab ich Recht?"

Bucky nickte.

Er selbst hatte die letzten Wochen fast ausschließlich mit Trainieren verbracht, weil das dabei half, seine Gedanken auf etwas anderes zu fokussieren als den Frust, den er noch immer gegen die anderen hegte. Niemand hatte den Mut aufgebracht und sich für deren Verhalten zu entschuldigen.


„Sie ist noch nicht bereit, das Team zu verlassen. Sie braucht euch noch immer", sagte Fury, als er begann das Training von Sam und y/n zu observieren.

„Das sehe ich genau so", antwortete Bucky.

Wie er schon einmal mit Sam besprochen hatte, wusste er, dass es keinen einfachen Ausweg aus dieser ganzen Sache gab. Und nach der Panikattacke würde er es niemals zulassen, dass sie irgendwo alleine hin ging. Bucky hatte eine Menge Gedanken zu y/n, aber die meisten behielt er für sich selbst. Denn mittlerweile hatte er sich mehr als einmal gefragt, ob das Team wirklich ihr Bestes im Sinn hatte oder nur ihr eigenes. Je mehr er über die Umstände erfuhr, wann, warum und wie sie das Team verlassen hatte, desto mehr stellte er sich auf ihre Seite.

„Sie wird sich erholen", sagte Fury ruhig.

Nachdem er ihr Schmunzeln über die Methoden von Sam gesehen hatte, fügte er hinzu:
„Eines Tages wird sie sich erholen."

Seine Stimme klang besorgt und so viel weicher als er ihn jemals zuvor gehört hatte.


„Warum haben Sie sie hier her gebracht?", fragte Bucky ihn endlich.

Er hatte lange darüber nachgedacht, ob er diese Frage stellen sollte oder es einfach hinnehmen sollte.

„Das geht dich nichts an", antwortete Fury abweisend.

„Bei allem Respekt, Sir, aber es geht mich sehr wohl etwas an. Vielleicht kenne ich sie nicht so gut wie die anderen, aber..."

Wütend trat Fury auf ihn zu: „Du weißt gar nichts über sie! Also wag es nicht dich so aufzuspielen, als würde es dich kümmern!"

„Sie haben uns mittlerweile auf zwei Missionen geschickt, bei denen wir beide so leicht hätten drauf gehen können. Ich weiß wirklich nicht, wofür Sie sie bestrafen wollen, aber das kann unmöglich der richtige Weg sein!", verteidigte Bucky sich.

„Ich will sie nicht bestrafen. Ich versuche sie zu retten."

„Wovor?"

Fury ließ sich Zeit, aber er wandte sich dann doch Bucky zu: „Vor sich selbst."

„Das wird Ihnen aber nicht gelingen, indem Sie sie hier einsperren", sagte Bucky und auch sein Ton hatte sich deutlich entschärft.

„Ich dachte wirklich, sie hier her zurück zu bringen, damit sie sich wieder mit dem Team zusammen raufen kann, würde ihr helfen... Sie hat sich verändert... Sehr. Es ist nicht mehr viel von der alten y/n übrig und ich weiß einfach nicht, wie ich sie zurück bringen soll. Wenn sie geht... Das würde sie zerstören und das würde das Team zerstören. Ich dachte immer, ich kenne sie besser als alle anderen. Ich dachte, ich wüsste, was das beste für sie ist. Aber anscheinend mache ich alles nur noch schlimmer", gab Fury endlich zu.

Bucky hatte ihn noch nie so offen und angreifbar erlebt.

„Denkst du, sie ist aus dem Fenster gesprungen, weil...", Fury traute sich kaum, seinen Satz zu beenden.

Das musste er aber auch nicht.

„Nein", sagte Bucky.

„Sie ist gesprungen, um sich zu retten. Ganz egal, was sie sagt. Wenn sie sich hätte umbringen wollen, wäre sie in einem Raum mit dem Angreifer geblieben und hätte sich einfach erschießen lassen."

„Du hast Recht", sagte Fury als er langsam in seine übliche Form zurück kehrte.


„Geben Sie ihr etwas zu tun, etwas Wichtiges", unterbracht Bucky die Stille, die sie zwischen die beiden zu legen drohte.

Überrascht blickte Fury zu ihm.

„Wenn Sie hier drinnen bleibt, sperrt sie sich in ihrem Zimmer ein, spricht mit niemandem, nichts. Sie braucht etwas zu tun. Damit sie sich nicht länger wie eine Versagerin oder eine Last fühlt."

Fury nickte: „Also gut. Ich werde mir etwas einfallen lassen."


Damit verließ er Bucky wieder. Während er sah, wie sie mit Sam scherzte, traute auch er sich daran zu glauben, dass es ihr eines Tages wirklich besser gehen würde. Aber bis dahin hatte sie noch einen langen und leider sehr steinigen Weg vor sich. 

i forgive you (Buckys POV) [Deutsch]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt