Kapitel 7

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Hayden Sicht:

Als der nächste Tag anbricht, herrscht wieder bessere Stimmung bei uns. Tim und Sam scheinen einander genug Trost zu spenden, um sich von all dem Scheißdreck ablenken zu können. Von Matt kann ich das nicht ganz behaupten. Sein Nervenzusammenbruch hat mich nicht kalt gelassen. Irgendwie besorgt es mich, dass er so viel für sich selbst behält. All seine Furcht - wo hält er sie fest?

"Das ist doch ein Haufen Bockmist.", nuschelt Sam vor sich hin, rauft sein Haar. Seufzend nicke ich, stochere in meinem Beilagensalat herum. Samuel scheint ebenfalls versunken in seinen Gedanken zu sein, isst ebenfalls seinen Lunch. "Heute beginnen die ersten Spiele, richtig?", frage ich zögernd. Samuel hebt seinen Schopf an, kräuselt seine Nase. "Hab ich ganz vergessen.", erwidert er bloß kühl.

"Wo sind Matt und Tim?", wechsle ich sofort das Thema, als ich bemerke, dass Sam nicht darüber reden will. "Uhm. Im Wald, nh Runde laufen. Wieso?" Ich zucke mit meinen Schultern. "Weiß nicht. Hab das Gefühl, dass Matt nich' mit mir redet. Gestern hatte er ein heftiges Breakdown." Sam seufzt. "Er hat's dir also erzählt?" Ich sehe ihn verwirrt an. "Ehrlich gesagt war mir auch nicht ganz klar, wieso er die Bude seiner Eltern übernehmen soll. Aber, es ist so, wie es ist, nicht wahr?" Ich realisiere schnell, was er meint. Sofort, presse ich meinen Kiefer aufeinander und knirsche verärgert mit meinen Zähnen. "Bezüglich dessen, hat er nichts erwähnt. Aber danke für die Info, Sam."

Sofort schießt sein Kopf in die Höhe. "Fuck. Ich meine, - ich dachte..." Bevor er sich erklären kann, stehe ich mit zu Fäusten geballten Händen auf und verlasse den Frühstückstisch. Wo auch immer Matt gerade ist, es interessiert mich gar nicht mehr. Ich spüre nur diese rasende Wut, die sich in mir breit macht und jede einzelne meiner Zellen einnimmt. Sobald ich darüber nachdenke, wie lange er das wohl schon vor mir geheimhält, wird mir fürchterlich schlecht. Und dann verspüre ich noch dieses Ziehen in der Brust, weil Sam es vor mir wusste.

Und plötzlich weiß ich auch, wieso er in London ist. Mir wird klar, dass er wie die Marionette seiner Eltern mitspielt. Und das er ein scheiß Lügner ist. Ein beschissener Lügner. Nichts anderes. Am liebsten würde ich den nächstes der mich ansieht, an die Gurgel springen und einfach solange zudrücken, bis das Licht in ihnen ausgeht. Und Gott, ich wünschte Matthew wäre hier, damit ich ihm so richtig eine reinscheuern kann. Ich wünschte, ich wäre nicht der Idiot, der nie etwas davon wusste. Wetten alle anderen hatten es gewusst? Haben darauf gewartet, dass Matt endlich abhaut?

Und ich?

Wo war ich in diesem Plan? Wann war ich an der Reihe, einzusortieren was ich fühle? Dachte er, ich würde es einfach so stehen lassen? Dachte er, es tut weniger weh, wenn ich es nie bermerke? Wenn er nächstes Jahr einfach verschwindet und nie wieder kommt?

Ja.

Wahrscheinlich denkt er genau das. Denn es könnte ihm ja nicht weniger egal sein. Was kümmert es Matt, was ich dabei empfinde? Es ist sein Problem. Seine Last, weil er das Krankenhaus übernehmen muss. Ich bin der Jenige, der einfach nur dabei zusehen soll, wie er sich selbst verliert. Und wenn ich könnte, würde ich ihm sagen, dass es mir scheißegal ist. Aber das wäre eine blanke Lüge. Eine Lüge, die ich niemals zurück nehmen könnte. Eine Lüge, die mich selbst verrät.

Er ist etwas, was mich in den Wahnsinn treibt. Wieso hat er auch nie nur ein Wort gesagt? Er hätte mir texten können. Es mir seid mehr als drei Tagen sagen können. Selbst wenn nie der richtige Zeitpunkt dafür dagewesen wäre, wann ist dieser schon jemals da? Wann ist etwas weniger schmerzfull, nur weil es einem gerade besser in den Kram passt? Das ist doch bescheuert. Es ist absolut behindert. Und am liebsten würde ich Matthew hier und jetzt tausende von Fragen stellen, ihn mit Zweifeln und Wut bombadieren. Aber ich bleibe still.

Alles in mir darinnen schreit, dass ich endlich etwas sage. Aber so bin ich nicht. So war ich noch nie. Ich bin ruhig, fresse all diese Trauer in mich herein, bis sie zur reinen Wut wird. Und irgendwann platzt sie einfach raus. Irgendwann kocht auch mein Topf über. Irgendwann sitze ich nicht mehr am Steuer, ohne zu lenken.

"Wir sind zurück." Ich hebe meinen Kopf, starre direkt in Matthews Augen. Für eine Weile, blicken wir uns nur durch die Seele. Danach breche ich den Augenkontakt ab, schnaufe kopfschüttelnd und schiebe mich an ihm vorbei, um in die Hütte zu gelangen. Aber nicht, ohne Matts kleinen Finger an meinem zu spüren, der sanft gegen meinen tickt. Ich weiß, wonach er fragt. Und trotzdem zucke ich mit keinen meiner Glieder. Mein Kopf ist starr nach vorne gerichtet.

Und dann öffne ich stumm die Tür zur Hütte, schlage den Weg zum Bad ein und lasse Matt ganz alleine an der Türschwelle stehen. Und für einen Hauch einer winzigen Sekunde, fühlt es sich so an, als würde ich endlich meinen Mund öffnen und einen qualvollen Schrei loslassen.

Aber er ist so leise, dass ihn kaum jemand hört.

Dear Diary, I fell in loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt