Kapitel 17

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Matthews Sicht:

Im Camp ist es unberuhigend still. Es ist Halbzeit. Der halbe Sommer ist beinahe rum und alles worüber ich nachdenken kann ist dieser dämliche Kuss, Hayden und meine Eltern, die mir nicht einmal getextet haben, seitdem ich hier bin. Im Zimmer ist es bereits abgedunkelt, Gavin ist der einzige, der noch wach ist, alle anderen scheinen tief und fest zu schlafen. Aber mein Kopf ist zu verdammt voll, um weiterzumachen. Etwas anderes zu tun, außer zu grübeln.

Ich erinnere mich nur noch vage an meine Kindheit. Ich bin mir nicht sicher, ob sie schrecklich war, oder ob ich all das heimlich genossen habe. Ich bin mir nichtmals sicher, ob ich sauer auf meine Eltern sein sollte. Einerseits verspüre ich ein gewisses Bündnis zur Chirurgie, andererseits wollte ich nie operieren. Mir ist bewusst, dass Mom und Dad nur das Beste für mich wollen. Das sie kämpfen, dafür dass ich ein gutes Leben habe.

"Du solltest etwas schlafen.", höre ich Hayden neben mir murmeln. Er sieht mich von seinem Bett aus gähnend an, lächelt zaghaft, als er meinen Blick auffängt. "Ich wünschte, ich könnte.", wispre ich heiser zurück, ziehe die Decke weiter über meinen Körper. Urplötzlich steht Hayden auf, überkreuzt den Raum und legt sich neben mich, nur um mich eng an sich zu ziehen. Seufzend versteckt er sein Gesicht in meinem Nacken, schlingt seine Arme wie gewohnt um meinen Bauch. "Du bist ein Idiot, weißt du das?", hauche ich leise und lehne mich an ihn.

Glucksend zieht er die Decke auch über sich, drückt mich an seinen warmen Körper. "Ich weiß.", antwortet er müde, versinkt wieder in seinen Gedanken und schläft an meiner Seite ein. Langsam drehe ich mich um, um ihn nicht zu wecken. Sein friedevolles Gesicht blickt mir entgegen. Eine seiner Haarsträhnen fällt ihm in die Stirn und fast schon automatisch streicht meine Hand sie hinter sein Ohr. Er ist so wunderhübsch. Mein Blick heftet sich, ohne das ich es will, auf seine Lippen. Sanft streiche ich über diese, spüre die Wärme und Raue. "Du bist so wunderschön, Hayden.", sage ich leise, streiche mit meiner Hand seine Wange entlang, sein starker Kiefer aufeinandergepresst. "So wunderschön...", murmle ich erneut, atme tief ein.

Der nächste Morgen ist ruhiger als erwartet. Die meisten von uns frühstücken, während ich bloß im Bett liegenbleibe, tue als ob ich immer noch penne. Eigentlich bin ich hellwach, habe kein Auge zugemacht, die ganze Nacht nur Hayden angestarrt. Und trotz den Schmerz jeder meiner Knochen, kann ich einfach nicht einschlafen. Mein Kopf ist gefüllt mit jenem und diesem, nichts lässt sich abschalten. Die Tür zu unsrer Hütte schwingt knirschend auf, leise bewegt sich jemand durch den leeren Raum. Die Fußschritte verraten mir schnell, dass es Timothy ist. Er geht unsicherer, als Hayden oder Samuel. Und dennoch federn seine Schuhe den lauten Aufprall auf den Boden nicht genügend ab, denn ich sehe bereits zu ihm auf. "Auch Mal wach?", fragt er neckend, sieht mich von einem bis zum anderen Ohr grinsend an. "Nope, bin gar nicht erst eingepennt.", sage ich frustriert, fahre mir durchs wuschelige Haar.

"Du hast das Frühstück verpasst.", informiert er mich feixend, setzt sich zu mir ans Bett, während er zaghaft eine Uhr um sein Handgelenk legt. "Die Spiele?", forsche ich interessiert nach. "Jup, wir haben Matthias gesagt, dass du krank bist." Ich lächle dankbar. "Okay." Er steht zögerlich wieder auf. "Sicher, dass du nicht mitspielen willst? Macht bestimmt ne' Menge Spaß und..." Bevor Timothy mir auf die Nerven geht, drücke ich kurz seine Hand. "Geh schon.", bittend starre ich ihn an.

"Klar. Hayden meinte, er hat dir was vom Frühstückstisch aufgehoben. Bringt er dir nachher." Nickend lehne ich mich zurück, versuche meinen dröhnenden Kopf auszuschalten. Wenige Sekunden später fällt die Tür auch schon wieder ins Schloss. Draußen ertönt ein lauter Schrei, was für mich bedeutet, dass die große Wasserschlacht beginnt. Ächzend winde ich mich im Bett, ziehe die Bettdecke wieder über meinen Schädel. Eine wohlige Wärme umfasst mich, lässt mich erleichtert ausatmen. Du solltest etwas schlafen. Haydens gestrigen Worte fallen mir erneut ein. Ob er sich Sorgen machte, was nach dem Camp geschieht? Ob er es verdrängt? Wahrscheinlich. Und das sollte ich auch.

"Genieß einfach die restliche Zeit.", flüstere ich mir ermüdet zu, bevor ich meinen Kopf federleicht ins Kissen fallen lasse und den vertrauten Geruch meines besten Freundes einatme. Um Himmels Willen, ich hoffe einfach nur, dass wir uns alle wieder finden. In Miami. Gott, lass mich bitte einfach bleiben.

Wieso kann das was ich bin, nicht einfach einmal ausreichen?

Nichtmals für meine Eltern tut es das.
Das hat es nie.
Es hat nie eine Rolle gespielt, was ich wollte.
Das wird es nie.

Dear Diary, I fell in loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt