🔥 wie bitte? 🔥

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Cessy

Ich habe mir ganze 8 Tage lang genehmigt, traurig zu sein, jetzt bin ich einfach nur noch wütend. Ich weiß dass eine Beziehung, eine Ehe viel Arbeit ist. Aber wenn nur eine Person daran arbeitet, oder es tun möchte, dann ist das zum Scheitern verurteilt. Ich habe erwartet, dass Markus wenigstens von sich aus das Gespräch suchen wird, hat er aber nicht. Er redet mit mir, als wäre nie etwas vorgefallen, und das tut sogar noch mehr weh. 

Er muss mir zugehört haben, ich habe ihn angeschrien, er hat mich angesehen, da kann er mir nicht erzählen, dass er es nicht gehört hat.

Das ist unmöglich, und weil er mit mir redet, als wäre alles in bester Ordnung, rede ich nicht mehr mit ihm. 

Ich zeige ihm meine kalte Schulter, weil ich nicht mehr weiß wie ich mich selber schützen soll, ich bin verletzt, tot, unglücklich und einsam. 

Also, was bleibt mir noch? 

Ich kann mich nicht um Kopf und Kragen reden, es bringt nichts, mein Ehemann reagiert darauf nicht. 

Und ich bin langsam müde, mir darüber Gedanken zu machen, es ist ein Zustand zwischen schweben und schneller Fall. Als würde mich jemand permanent heißen Adrenalin aussetzen, nur setzt der Kik nicht ein, eher die Angst davor, dieses Gefühl nicht zu ertragen, Angst zu haben, zu fallen, Angst, diesen Sprung nicht zu schaffen, Angst und noch mehr Angst. 

In jeder Sekunde die ich darüber nachdenke, es ist ein ekelhaftes Gefühl was mir im Nacken sitzt, mein Kopf weiß das ich darüber nachdenken sollte, aber mein Herz dieser beschissene Muskel der dafür verantwortlich ist nicht los lassen zu können, der zwingt mich immer wieder  an schöne Zeiten zu denken. 

Kaum träume ich von unserem Kennenlernen, bekomme ich ein schlechtes Gewissen überhaupt über eine Trennung nachzudenken, aber dann denke ich wieder darüber nach, wie er seit über einem Jahr zu mir ist. 

Diese Gegensätze sorgen dafür, dass mein Gefühls Vulkan unter Hochspannung steht und explosionsgefährdet ist. 

"Erde an Cessy, hallo, bist du wieder anwesend?" Verwirrt schüttel ich meinen Kopf. 

Meine Augen erfassen meinen Arbeitskollegen Andrè, aber mein Verstand hinkt noch etwas hinterher. 

Erst als ich die Papiere auf dem Tisch sehe, erinnere ich mich daran, dass ich sie ja unterschreiben muss. 

"Tut mir leid, André, ich war gedanklich etwas abgelenkt."

Mit einem schwarzen edlen Kugelschreiber unterzeichne ich die Verträge, meine Verträge für meine Buchreihe. Und meinen Job, den ich weiterführen werde. 

"Mhm, ein wenig sehr in Gedanken, ist alles in Ordnung?"
"Ich habe gerne ein offenes Ohr für dich" 

Es ist erbärmlich, aber alleine dieser Satz gibt mir mehr Geborgenheit als die Nächte, die ich mal neben Maike liege, und diese Tatsache treibt mir die Tränen in die Augen. 

Ich kenne André jetzt seit einem halben Jahr, wir verstehen uns sehr gut und wir reden auch sehr offen oder trinken einen Kaffee zusammen. Aber geweint habe ich nicht vor ihm, und das erschreckt ihn jetzt so sehr, dass er sich vor mir hin kniet. 

"Ich möchte dir nicht zu nahe treten, Cessy, aber seit Wochen siehst du immer schlechter aus, was ist denn los?" "Kann ich dir helfen?" Eine Welle Tränen erschüttert mich. 

Ich wusste es, man sieht es mir langsam an. Kopfschüttelnd schlurze ich leise auf. Mit der Hand vor dem Mund versuche ich, meine Geräusche zu dämpfen, aber es gelingt mir nicht. 

André sieht meinen Blick zur Bürotür und verschließt sie schnell, genauso schnell kommt er zurück und nimmt mich in seine Arme. 

Und dieses Gefühl, von einem Menschen in Arm genommen zu werden, die Wärme und Sorge, die brechen bei mir alle Dämme. 

Ich weine und schlurze in Andrés Jackett, ich zittere in seinen Armen, weil ich keine Kraft mehr habe. Ich habe das Gefühl, kaputt zu sein, nicht in der Lage zu sein, ein Problem zu lösen. Egal welches, meine Gedanken sind ausschließlich davon, besessen mich schlecht zu fühlen. 

Ein niemand, eine Frau, die kurz davor steht aufzugeben. 

"Schon gut, egal was es ist ich helfe dir Cessy" 

André hält mich, streichelt meinen Rücken so lange, bis ich nicht mehr Luft ringend weinen muss. Auch danach schenkt er mir Geborgenheit und Sicherheit, und die brauche ich gerade so dringend, dass ich sie einfach nehme, ohne darüber nachzudenken. 

Er drängt mich sanft auf den großen Bürostuhl zurück, in der Hocke vor mir hält er mir das Paket Taschentücher hin. Sein Lächeln wirkt so echt und aufrichtig, dass ich ein zaghaftes Lächeln zustande bekomme. 

"Es tut mir leid, ich.." Es fällt mir schwer, die Wahrheit auszusprechen, bei Lauren ist es etwas anderes. Sie weiß wie ich mich fühle, aber sie ist auch wütend auf Markus, wenn nicht sogar auch ein wenig auf mich, weil ich mich so quer Stelle eine Trennung sofort durchzusetzen. 

"Schon gut, wenn du darüber reden möchtest, bin ich da." Andrè streichelt meinen Handrücken, und dieses Bild lässt mich dann doch reden. 

"Meine Ehe ist am Ende, aber ich bin die einzige die es merkt und etwas daran ändern will" da ich meine zitternde Hand in Andrés warmen ansehe, weiß ich nicht ob er mich nun auch verurteilt, gedanklich wappne ich mich um mich wehren zu können.

"Das muss hart sein für dich, hast du schon versucht mit ihm zu reden?" Überrascht darüber, dass André mich nicht auslacht, sehe ich ihn in seinen grünen Augen.

"Ja, aber er hört nicht zu, das letzte Mal hat er mir 100€ auf den Tisch gelegt und gesagt, ich solle shoppen gehen, das würde mich beruhigen." Ich bin vorsichtig mit dem, was ich sage, aber verschönern kann ich die Situation auch nicht. 

Das Entsetzen kommt sofort in Andrés Gesicht, aber seine Wut überrascht mich dann doch sehr.

"Wie bitte?" "Du sagst ihm, dass du Angst hast und er will dich mit Geld beruhigen?" Zaghaft nicke ich "ja schon.." Meine Stimme wird leiser, weil das Gefühl zu fallen wieder da ist. 

"Komm wir beide gehen jetzt in die Mittagspause" Plötzlich hält er mich seine Hand entgegen, damit ich aufstehen kann, aber dieses Bild, dieses Gefühl, das es in mir auslöst, hat sich eingeprägt. 

Jemand reicht mir eine Hand und ich fühle mich.. verstanden. Nicht ganz so alleine, lächelnd lasse ich mir aufhelfen. 

Anonyme App Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt