16. 🤎

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James konnte sich selbst nicht erklären, wieso. Jeden Tag lief er mindestens einmal dem kleinen Bruder seines besten Freundes entgegen, sie sahen sich den Bruchteil einer Sekunde leicht beschämt an und gingen dann schnell weiter.

Regulus kam jetzt auch abends nicht mehr auf den Astronomieturm, um mit ihm zu quatschen.
Beim zunehmenden Mond saß James nun alleine auf den kühlen Steinen, ließ die Beine aus dem Geländer heraus nach unten baumeln, starrte in die schwarzen Baumkronen des verbotenen Walds und machte sich Gedanken drüber, wie es zu so einem Kontaktabbruch kommen konnte.

Ob Regulus vielleicht wütend auf ihn war?

Wenn ja, konnte er es sich nicht erklären, schließlich ging er eigentlich mit dem Gefühl heraus, dem Slytherin hätte der Abend von neulich genau so gut gefallen, wie ihm, er mochte die Musik und er hatte Spaß mit den anderen Schülern, bis sie sich eben am Ende eng umschlungen küssten.
Und im Endeffekt war es auch James' erstes Mal, einen Jungen geküsst zu haben.

Er dachte jede Nacht darüber nach, seine Gedanken waren ab einem Punkt vom Alkohol ganz verschwommen, aber den unschuldigen Blick und die niedlich, roten Wangen würde er so schnell nicht aus dem Kopf bekommen.
Mit der Zeit schaffte er es nicht mal mehr durchzuschlafen, geschweige denn im Unterricht auch nur halbherzig zuzuhören. Und dann standen plötzlich die Ferien vor der Tür.

James saß an dem nebligen Morgen schlaftrunken im Bett seines Schlafraums, kuschelte sich ein letztes Mal seufzend in die dicke, rote Decke und atmete den betäubenden Zimtgeruch der Gryffindors ein letztes Mal tief ein, dann schnappte er sich den Stoff und riss den Bezug unsanft herunter. „Hach, manchmal will ich gar nicht nach Hause zurück..."

„Frag mich mal", schmunzelte Remus ihm zu und lehnte sich dann gelangweilt auf seinen Koffer. Er war schon sehr zeitig wach gewesen und hatte auch generell nicht viele Sachen, wodurch er schon seit Ewigkeiten auf seine Freunde wartete.
Sirius bat ihn immer mal um Hilfe und die beiden ergaben ein gutes Team, was Packen betraf, wie James fand.

Der stopfte seinen Bettbezug jetzt in eine weitere Tasche und presste diese zwischen seinen Beinen zusammen, um den Reißverschluss zuzuziehen.
„Sag doch sowas nicht.. Du weißt, du kannst in den Winterferien auch zu mir kommen.", versuche er ihm zuzulächeln, doch der schlaksige Junge zuckte nur unwissend mit den Schultern. „Danke Jamie, aber ich habe nicht das Gefühl, das die Hausmutter mich weglässt, solange ich noch nicht volljährig bin.." 

•••

Das letzte Festessen in der Großen Halle sowie die allgemeine Abreise von Hogwarts verliefen reibungslos, bis dann alle Rumtreiber zusammen zum Zug rannten, um noch einen umgefüllten Abteil für sich in Anspruch zu nehmen.

Es erklang ein, zur Abfahrt bereites, Tröten und die Freunde legten noch mal einen Zahn zu, die Taschen über den Schultern, die Koffer über den Boden schleifend. James hatte durch das ganze Quidditsch-Training eine langatmige Ausdauer bekommen und hielt die Strecke bis zum Gleis problemlos durch.

Die ganze Atmosphäre vom Nachhausefahren, der Schnee und die weihnachtliche Stimmung war unglaublich aufregend und eine Menge fröhliches Adrenalin fuhr beim Rennen durch James' Körper wodurch er wohlig fröstelte. Er beeilte sich direkt etwas mehr, bis seine Augen plötzlich an etwas anderem als dem fast geschlossenen Zug-Eingang hingen blieben.

Regulus Black stand in der Menschenmenge wie ein Schaf zwischen Wölfen, suchte anscheinend irgendwas Wichtiges und achtete nicht darauf, was um ihn herum geschah. James fasste sich ein Herz und konnte nicht anders, als stehenzubleiben. „Geht schon mal rein, ich komme gleich..", rief er seine Freunde in Hektik lügend nach und taumelte mit zwei Taschen im Arm hinüber zu dem Slytherin.

Das Buch, welches er zu suchen schien, lag ein paar Meter weg auf James' Laufbahn, weswegen er es liebevoll in die Hand nahm und aufhob. Ein schwarzer Lederrand zierte dem Umschlag, silberne Verzierungen den Buchrücken und eine Feder klemmte dran. Auf der Vorderseite stand in geschwungenen Buchstaben:
R.A.B

Eine Weile betrachtete der Gryffindor es einfach nur, machte ganz klar fest, dass es sich hierbei um kein Schulbuch handelte und überlegte sogar, einen Blick ins Innere zu werfen, da brachte ihn das Tröten des Zugs wieder in die Realität zurück.

Er hatte nicht bemerkt, wie Regulus so mäuschenstill zu ihm rüber gelaufen war, doch jetzt stand er ihm direkt vor der Nase und räusperte sich sichtlich unsicher. „Das ist meins, Potter. Gib's her." Er versuche einen spöttischen Unterton zu behalten, doch seine Stimme verriet, dass er sich dabei stark konzentrieren musste.

„Alles gut", erwiderte James grinsend und hielt es ihm dann hin. „Ich hab es hier nur gefunden und für dich aufgehoben, ein Danke wäre vielleicht angebracht."
Regulus riss ihm das Buch förmlich aus der Hand und steckte es ein. „Ich habe dich nicht darum gebeten, also such lieber deine eigenen Sachen,"
Sie sahen sich wieder kurz an, dann schniefte Regulus hochnäsig und stolzierte an seinem Gegenüber vorbei in den Zug hinein.

„Wollte ja nur nett sein..", murmelte James genervt zu sich selbst und ein Kribbeln machte sich in seinen Adern breit. Langsam ging ihm diese stimmungsschwankende Art ordentlich auf die Nerven und er fand es extrem übertrieben. Er dachte sich, vielleicht waren Ferien das Beste, was jetzt passieren konnte.

Nur leider wusste James zu dem Zeitpunkt noch nicht, dass die Ferien alles nur viel viel schlimmer machen würden...

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Alle Arbeiten für die Woche geschafft, endlich!
Wie gehts euch so? Weihnachtsgefühle?

Schicksalswege                                              ||Jegulus ff||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt