Merry dark Christmas, my Love!

Türchen 8

DAMIAN

Offensichtlich mochte sie keine Überraschungen. Es war ihr lieber, wenn alles perfekt durchgeplant war. Aber ich genoss es, sie aus dem Konzept zu bringen. Es war wie eine sanfte Form der Folter.
   Während der Fahrt legte ich meine Hand auf ihr Knie. Die Haut unter ihrer Feinstrumpfhose wurde ganz heiß und ich konnte genau sehen, dass ihr unangenehm war, was ich in ihr auslöste. Sie wollte meine Berührung spüren, aber sie lehnte es gleichzeitig ab. Ich hatte die Absicht herauszufinden warum und dafür hatten wir heute Abend Zeit. Natürlich war ich nicht zum Spaß hier. Es war lediglich ein notwendiger Schritt, um später noch zu ihr zu gehen und die Fotos auf ihrer Cloud zu löschen.
   »Sagst du mir jetzt wohin wir fahren?«
   Ich schenkte ihr einen Blick, den ich auch einem nervigen Kind hätte zuwerfen können.
   »Du wirst mich aber nicht irgendwo in eine dunkle Ecke von New York fahren und abmurksen?«, scherzte sie.
   Viel zu schnell riss ich den Kopf herum, um in ihrem Blick zu erkennen, wie genau sie das meinte. Hatte sie es herausgefunden? Kannte sie die Wahrheit über mich? Natürlich nicht. Wie sollte sie.
   »Nur ein Scherz«, stellte sie klar und sah mich irritiert an.
   »Wie war dein Tag?«, lenkte ich vom Thema ab.
   »Ganz ok. Mr. Geller ist zur Zeit nicht im Büro. Meine Kollegin Olivia und ich haben bei den Vorbereitungen für eine Mitarbeiterversammlung geholfen, die für nächste Woche geplant wurde, was seltsam ist, weil so etwas normalerweise Monate vorher geplant wird. So kurz vor Weihnachten ist das echt untypisch. Keine Ahnung, was es zu berichten gibt.« Sie legte ihre Hand auf meine und strich mit den Fingern über meinen Handrücken. Schien, als entspannte sie sich langsam. »Aber die Einladung hast du bestimmt auch bekommen, oder?«
   Ich nickte, räusperte mich und setzte zur nächsten Lüge an. »Ich habe es im Kalender gesehen, aber weil ich unterwegs war, hatte ich keine Zeit meine Mails detailliert zu lesen.« Verdammt. Hoffentlich kaufte sie mir das ab.
   Zudem ahnte ich, was der Vorstand mit den Mitarbeitenden besprechen wollte. Den plötzlichen Tod von Mr. Brown, eines ihrer einflussreichsten Mitglieder, und mein Auftrag vom vergangenen Wochenende. Es war sicherlich Hauptthema, warum Mr. Brown seither nicht mehr aufgetaucht war und wer seine Position zukünftig ersetzen würde. 
   »Und wie war dein Tag?«, fragte sie zurück.
   »Nicht erwähnenswert. Ein Auswärts-Termin, Besprechungen, Mittagessen im Harry's.« Zumindest war das mit dem Mittagessen die Wahrheit.
   »Verstehe«, sie fummelte am Radio herum und stellte es lauter. »Das ist mein absoluter Lieblings-Weihnachtssong.« All I Want for Christmas dröhnte aus den Lautsprechern. Sie begann mitzusingen und mitzuwippen. Ich sah vom Steuer auf, um sie zumindest kurz dabei zu beobachten und musste unweigerlich grinsen. Die Stimmung schlug von allgemeinen Fragen zu schlagartiger Ausgelassenheit um. Als ihre Stimme bei den höchsten Tönen versagte, stimmte ich mit Kopfstimme mit ein. Sie lachte mich aus und schubste mich kaum fühlbar gegen den Arm, bevor sie die Musik leiser drehte.
   »Du bist also doch kein Grinch«, meinte sie.
   »Ich und ein Grinch, wie kommst du nur darauf?«, sagte ich sarkastisch. Denn Weihnachten war tatsächlich das schlimmste Fest im Jahr. Es war albern, überzogen und unnötig. Es schuf überflüssigen Raum für unrealistische Erwartungen und anschließende Enttäuschungen. 
   Sie lachte. »Weihnachten ist das Fest der Liebe.«
   Ich grinste. »Und was feiern wir dann am Valentinstag?«
   »Ich kann dich nicht hööören«, rief sie und stellte den nächsten Weihnachtssong Jingle Bell Rock lauter als angemessen. Ich hörte meine eigenen Gedanken nicht mehr.
Sie war also nicht nur schön, sexy und nervig, sondern auch noch ein Weihnachtsfetischist.