8. Kapitel: Bilder der Vergangenheit

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Marc fiel zu Boden und sah in die Gesichter von Lisa und Laura.
"Sag mal seit ihr denn wahnsinnig einen alten Mann so zu erschrecken?" "Ach Marc du bist gerade mal 29 Jahre.", flüssterte Lisa. "Was macht ihr denn hier um diese Zeit?" "Marc wir haben Mist gebaut." Laura kullerte eine Träne über die Wange. Dem Notarzt taten die beiden Mädels leid. Er lehnte sich schließlich an den Grabstein und nahm eine links und eine rechts in den Arm und hörte einfach nur zu. Laura schüttete als erstes ihr Herz aus. "Lisa hat heut mal wieder eine fünf geschrieben. Das kommt zur Zeit leider öffters vor. Naja und ich habe einen Eintrag bekommen wegen mehrfach vergessenen Hausaufgaben. Außerdem möchte die Lehrerin mit Papi reden. Wenn er das erfährt reißt er uns den Kopf ab." "Wir wissen ja das Papi arbeiten muss damit wir Geld haben und wir sind auch froh einen Papi zu haben der Pilot ist. Als Mami noch gelebt hat war das auch alles kein Problem. Sie saß jeden Nachmittag mit uns dort. Hat mit Hausaufgaben gemacht und uns beim lernen geholfen. Da waren wir richtig gut in der Schule." "Wir sind ja auch nicht dumm. Aber es gibt ein paar Fächer, da brauchen wir Hilfe. Papi verspricht uns immer mit beim lernen zu helfen. Doch meist bleibt es beim versprechen." "Ach Mami fehlt hier so!", sagen die Mädchen gleichzeitig und brechen in Tränen aus. Sie klammern sich beide an Marc fest. Sacht streichelt er ihnen über die Köpfe. Mit einer Hand griff er nachdem Funkgerät. "Thomas und Biggi, ich hab sie gefunden. Wir kommen jetzt zum Heli." Die beiden Piloten fielen sich in die Arme. Im Hubschrauber wickelten Marc und Thomas die beiden jeweils in eine Wärmedecke. Thomas war ganz ruhig und einfach nur glücklich die Beiden wieder zu haben.

Am nächten Morgen betrat Punkt 7:00 Uhr Karin die Basis.
Das Bild was sich ihr bot brachte sie zum grinsen. Auf dem ausgezogenen Sofa lagen Biggi und Thomas, in der Mitte zwei Mädchen. Im Sessel hatte Marc alle vier von sich gestreckt. Nun stand auch Ralf in der Tür. "Sag mal Ralf macht ihr das öffter als Gruppe auf der Basis schlafen?" "Nicht das ich wüsste. Könnt ihr uns mal sagen was ihr hier macht?" Thomas der sich verschlafen aufsetzte und in den Augen rieb, sagte: "Ach längere Geschichte. Ich weck jetzt erstmal meine Mädels." "Nein lass sie schlafen. Sie können doch heute zu Hause bleiben." "Aber Marc dann sind sie wieder den ganzen Tag allein." "Lass sie hier auf der Basis." "Und Ebelsieder?" "Ist auf Weiterbildung.", meldete sich Biggi zu Wort.

Der Vormittag verlief sehr ruhig. Nachdem alle gefrühstückt hatten, flog die B-Crew einen kurzen Einsatz. Als Biggi wieder in den Aufenthaltsraum kam, setzte sie sich zu Lisa und Laura. "Na was malt ihr schönes?" Laura erklärte als erste: "Schau Biggi das sind wir vier an der Ostsee. Da ist Mutti, Vati und wir zwei. Auf dem Bild hier sind Mutti und Vati getrennt, aber wir glauben sie hatten sich trotzdem lieb." "Und hier ist Mutti jetzt als Engel. Sie schaut jeden Tag zu uns herunter." Die Pilotin grallte ihre Finger in die Tischkante und kämpfte mit den Tränen. "Hey Mädels was haltet ihr von einer Runde Mensch ärgere dich nicht?" Sie waren sofort begeistert und rannten zusammen mit Marc zum Spieleregal. Eine kurze Zeit sah Biggi dem lustigen Treiben zu. Danach schnappte sie sich unbemerkt die Bilder und machte sich auf die Suche nach Thomas.

Thomas:
Um etwas Zeit für mich zu haben, ließ ich mich am Bach der in den Teich, gleich neben unserer Basis, floss nieder. Ich zündete mir eine Zigarette an. Das Wasser war klar. Zwei kleine Fische schwammen zusammen vorbei. Ich schaute weiter auf das Wasser. Meine Gedanken schweiften ab und gingen ein paar Jahre zurück.

Ich landete unseren Militärhubschrauber sicher am Stützpunkt.
Für heute war Feierabend. Ein paar Kollegen aus meiner Einheit schlugen vor in unserer Stammkneipe noch etwas trinken zu gehen. An dem Abend war dort eine neue Kellnerin. Sie war groß, hatte lange blonde Haare und Ähnlichkeit mit einem Engel. Wir beide sahen uns öffter dort. Irgendwann funkte es richtig. Wir trafen uns immer heimlich hinter der Kneipe. Ein Jahr später nahm ich die Stelle bei Medicopter an. Bald darauf heirateten wir und bekamen, im Abstand von zwei Jahren, zwei süße Mädchen. Doch ich hatte kaum Zeit für meine Familie. Der Job und das Fliegen stand immer an erster Stelle. Vera machte das innerlich kaputt. Immer wieder kam es zum Streit. Schließlich wollte Vera die Scheidung und das alleinige Sorgerecht für Lisa und Laura. Für mich war es ein monatelanger Kampf, um meine Kinder wenigstens Wochenende zu sehen. Nach einem Jahr und mehreren Aussprachen verstanden wir uns wieder besser. Doch dann passierte die große Katastrophe. Ich sah deutlich das Auto vor mir und wie sie dann so verletzt und hilflos auf der Straße lag.

Diese Bilder zerrissen mir noch immer das Herz in tausend Fetzen. Es tat so weh. Ich schreckte hoch Biggis Hand berührte meine Schulter. "Woran denkst du?" "Ach nichts weiter. Was hast du da?" Mit dem Finger zeigte ich auf die Zetteln die sie in der Hand hielt. "Die Bilder haben Lisa und Laura gemalt. Hier ihr vier an der Ostsee, euere Trennung und jetzt Vera als Engel." Mit zitternden Händen schaute ich die Bilder an. Langsam fielen sie zu Boden. Ich stützte den Kopf in meine Hände. Eine Träne nach der anderen tropfte auf die Bilder. Leicht verwischte es den Engel. Ich konnte und wollte gar nicht mehr aufhören mit weinen.

Medicopter 117 - Zwischen Leben und TodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt