*Sirius*
Mein Kopf dröhnte, als ich die Augen öffnete. Ich fühlte mich als hätte mich der Hogwarts-Express überfahren. Mehrmals. Obwohl mein Quidditch-Unfall schon einige Tage her war, schmerzte mich jede einzelne Bewegung. Aber mir blieb nichts anderes übrig, ich musste aufstehen, weil ich mit Regulus verabredet war. Es überraschte mich, dass er mich um ein Treffen bat, normalerweise war es andersherum. Das Bedeutete auch, dass ihn irgendetwas beschäftigte oder beunruhigte und tatsächlich hatte ich schon eine Vorahnung was es sein könnte, denn ich hatte dasselbe Problem.
Nach einer endlosen Diskussion mit mir selbst, beschloss ich letztendlich doch aufzustehen. Ich hatte nach dem Unterricht ein Mittagschläfchen gemacht, so wie meistens an den letzten Tagen. Anfangs war es nur um den Schmerzen zu entfliehen und irgendwie hatte es sich in eine Gewohnheit verwandelt. Es war ein Weg ein paar Stunden der Realität zu entfliehen und ein weiterer Pluspunkt war: Wenn ich am Tag schlief, hatte ich keine Albträume, was sich eigentlich völlig absurd anhörte, weil es ja eigentlich keinen Unterschied machte. Jedoch hatte ich keine Einwände dagegen.
Bis auf meiner Wenigkeit war der Schlafsaal leer. Ein Blick aus dem Fenster verriet mir, dass die Sonne schon untergegangen war, aber es war nicht wirklich dunkel, soweit ich sehen konnte war es überall weiß. Der Schnee fiel in dicken Flocken auf die Ländereien von Hogwarts. Dieser Anblick war atemberaubend, so friedlich und still. Am liebsten würde ich länger stehen bleiben und die Schneeflocken betrachten, jedoch würde Reg bestimmt nicht begeistert sein, wenn ich ihn noch länger warten ließ. Also ging ich los, durch den Gemeinschaftsraum, wo Peter und James eine Runde Schach spielten, daneben saßen Evans und Moony, natürlich beide mit einem Buch in der Hand.
„Spielst du ne Runde mit uns?", rief mir James hinterher
Ich versuchte ihn anzulächeln, „Später vielleicht, ich bin mit meinem Bruder verabredet."
In den Gängen wimmelte es nur so vor Schülern und fast jeder zog eine Spur hinter sich, auftauender Schnee und Erde.
„Müssen wir unbedingt in die Bibliothek? Lass und nach draußen gehen bevor der Schnee wieder schmilzt." Eigentlich ging ich fast nie in der Bibliothek, aber Regulus zwang mich immer mitzukommen. Die Bücher, die wir für Hausaufgaben oder sonstiges brauchten, borgte ich mir entweder von Remus oder von James aus.
„Ich hasse dieses Wetter." Fast vergessen, dass mein kleiner Bruder die Kälte nicht mag, das war nicht immer so. Als er klein war, hatte er Schnee geliebt, jedenfalls bis uns unsere Eltern eine ganze Nacht lang im Winter draußen „vergessen" hatten.
„Sorry, worüber wolltest du mit mir sprechen?"
Er sah mich genervt an, „Stell keine blöden fragen Sirius."
„Wir könnten Weihnachten bei James und seinen Eltern verbringen, sie hätten sicher nichts dagegen"
„Mach dich nicht lächerlich."
„Ich mein es ernst, oder wir könnten wirklich in Hogwarts bleiben."
„Du weißt das sie das niemals zulassen würden."
Ich wusste das er recht hatte, aber das würde ich niemals zugeben, „Worüber willst du dann reden?"
„Wir sollten uns einen Notfallplan ausdenken."
„Einen Notfallplan?"
Regulus nickte. Also begannen wir einen Notfallplan auszuarbeiten, ich musste gestehen, dass sich in mir ein ungutes Gefühl in der Magengrube ausbreitete, er hatte wirklich alle möglichen Situationen bedacht. Schließlich einigten wir uns darauf, immer eine Tasche mit unseren wichtigsten Sachen und Klamotten bereitstehen zu haben und auf ein Codewort. Damit wir schneller abhauen konnten, allerdings konnten wir uns nicht einigen wohin. James und seine Eltern hatten mir schon oft angeboten bei ihnen unterzukommen, sollte die Situation bei mir zu Hause nicht besser werden, und das wurde sie definitiv nicht. Regulus war nicht wirklich begeistert von der Idee, doch wir hatten keine andere Option.
Wir mussten auch noch über andere Dinge sprechen. Unschöne Dinge, über die ich mir jetzt nicht den Kopf zerbrechen wollte.
Es dauerte noch eine weitere Stunde bis Regulus alles aufgeschrieben hatte, ich wollte ihn davon abbringen mitzuschreiben, aber er bestand darauf. Du vergisst sonst die Hälfte, außerdem stehen noch andere Sachen darauf, meinte er. Plötzlich stand er auf, drückte mir einen von zwei Zetteln in die Hand und ging davon. Schon ein komisches Gefühl von seinem eigenen Bruder sitzengelassen zu werden. Während ich mich auf dem Rückweg machte, warf ich einen Blick auf den Zettel.
Sollte einer von uns nicht leben aus diesem Haus kommen...
Ich las nicht weiter, ich konnte es einfach nicht. Auf einmal fühlte es sich wieder so an als wäre ich in ein dunkles Loch gefallen, um mich herum war alles still und doch zugleich so laut.
Ich hockte mich gegen eine steineine Wand, in einem Gang von dem ich wusste das keine anderen Schüler hier vorbeikamen. Mein Gesicht vergrub ich in meinen Händen und wartete darauf bis die Tränen meine Wange runterliefen, aber das geschah nicht. Ich konnte keine einzige Träne weinen. Was war los mit mir? Ich kam mit meinen eigenen Schmerzen klar, mit den Schmerzen, die mir meine Eltern antaten, doch der Gedanke Regulus zu verlieren machte mich verrückt. Wir waren nie typische Geschwister, oder besser gesagt konnten es nie sein, bei uns ging es immer nur ums Überleben. Wir hatten lange Zeit nur einander, jedenfalls bis ich nach Hogwarts kam. Unsere Eltern redeten Regulus ein, ich sei ein Blutsverräter, nur weil mich der sprechende Hut nicht nach Slytherin geschickt hatte. Und er glaubte es, zumindest bis er selbst in der dritten oder vierten Klasse war.
Völlig in Gedanken verloren ging ich zurück in den Schlafsaal, ich wusste nicht was uns in den Ferien erwarten würde, jedoch wusste ich eines genau: Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun um meinen kleinen Bruder zu beschützen.
Im Schlafsaal war es mittlerweile dunkel, bis auf einen kleinen Funken Licht, der von Moony's Bett kam. Es hörte sich vielleicht etwas kitschig an aber es fühlte sich für mich an wie ein Lichtblick, wie das Licht am ende eines Tunnels.
Langsam ging ich zu seinem Bett hinüber, „Moony? Bist du noch wach?", fragte ich leise.
„Ja.", er zog die Vorhänge auf, wie ich mir schon dachte, war er malwieder mit einem Buch beschäftigt., „Ist alles in Ordnung?
„Ja...", ich zögerte kurz, „Nein."
„Willst du darüber reden?"
Seufzend ließ ich mich neben ihm aufs Bett fallen, „Bald sind Weihnachtsferien."
Er nickte einmal wissend, „Komm mit zu mir, oder zu James."
„Das kann ich nicht." Ich erzählte ihm von Regulus' Plänen, ließ ihn sogar das Stück Pergament lesen. Ich erzählte ihm wie viel Angst ich hatte meinen Bruder zu verlieren und vor dem was zu Hause auf uns wartet, solange bis Remus aufstand, „Na komm schon! Zieh dich an.", er hielt mir meine Jacke und einen Schal unter die Nase
„Wieso?"
Er lächelte, „Wir gehen raus, ich weiß wie sehr du dieses Wetter liebst." Anscheinend war ihm aufgefallen, dass mein Blick immer wieder auf das Fenster gerichtet wars
Das ließ ich mir nicht zweimal sagen, ich nahm ihm meine Klamotten ab und zog sie an, danach borgten wir uns James' Tarnumhang. Zusammen wanderten wir durch das verlassene Schloss, es strahlte eine angenehme Ruhe aus.
Eine ganze Weile stand ich einfach nur so da und starrte in den Himmel. Beobachtete die fallenden Schneeflocken, die auf mich zukamen. Ich hatte keine Ahnung wo Moony hingegangen war, er war verschwunden. Doch plötzlich spürte ich wie ein Schneeball an meinem Rücken abprallte. Das würde ich ihm so schnell nicht verzeihen, ich nahm eine Handvoll Schnee, formte damit einen Ball und feuerte ihn sofort in seine Richtung. Das ging einige Minuten so weiter. Es war schön einen Augenblick lang alles andere ausblenden zu können. Seit langem erlangte ich das Gefühl von Freiheit wieder zurück. Ich wollte nie mehr etwas gegenteiliges spüren.
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[the moon knows][Wolfstar]
Fanfiction"Was ist, wenn wir unsere Freundschaft zerstören?", sagte er so leise, dass ich ihn fast nicht verstehen konnte. "Haben wir das nicht schon längst getan?"