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Auf dem Weg zum Kino sprachen sie über alles und nichts. Colin hatte das Gefühl, dass sie die letzten Tage wieder aufholten und einander alles erzählten, was sie sich nicht hatten sagen können, und er merkte, wie sehr er die Gespräche mit Noah – und ihn als Person – vermisst hatte.

Colin wusste, dass es kein Date war, doch er war trotzdem aufgeregt. Er hatte sich zweimal umgezogen, bevor sie am Abend losgegangen waren, doch das hatte zum Glück niemand mitbekommen, weil Noah beim Karate Training und Joel mit Nesrin und Annika unterwegs gewesen war.

Im Kino angekommen bestand Noah darauf, Popcorn und Cola für die beiden zu kaufen, da Colin schon die Karten bezahlt hatte. Noah hatte ihn mehrmals gelöchert, wo er sie so kurzfristig noch bekommen hatte, doch Colin lächelte nur und schwieg.

Noah hatte für sie eine Tüte Popcorn zum Teilen gekauft, was Colins Herz höherschlagen ließ. Sie nahmen sich abwechselnd während des Films das Popcorn, wobei sich manchmal ihre Hände streiften und Colin jedes Mal die Lippen zusammenpresste, um nicht wie ein Idiot zu Grinsen.
Das Popcorn lenkte ihn ein wenig vom Film ab, doch sobald es aufgegessen war, konnte er nicht umhin zu merken, dass es ein echt guter und demnach gruseliger Film war. Colin war noch nie der größte Horrorfan gewesen und zuckte mehrmals bei den Jumpscares zusammen. Er wollte vor Noah nicht wie ein Angsthase dastehen, doch seine Reaktionen konnte er leider auch nicht unterdrücken.
Bei einer besonders üblen Szene, bei der einige im Kinosaal aufschrien, griff Colin automatisch nach Noahs Hand. Sobald er es bemerkte, lief er rot an und wollte seine Hand zurückziehen, doch Noah hielt sie fest. Mit großen Augen sah Colin zu Noah rüber und war froh, dass es dunkel genug war, um die Röte in seinem Gesicht weitestgehend zu verdecken.

Noah grinste ihn nur an und drückte einmal seine Hand, bevor er sich wieder dem Film zuwandte und so tat, als sei es nichts Besonderes, dass er gerade seine Finger mit Colins verschränkte.
Vom restlichen Film bekam Colin nicht viel mit.

Als sie den Saal verließen, löste Noah ihre Hände, um die leere Tüte und die Becher wegzuschmeißen. Colin vermisste augenblicklich den Kontakt, doch er machte sich bewusst, dass ihm Noah nur die Angst genommen hatte und es für ihn jetzt keinen Grund gab, weiter seine Hand zu halten.

„Und, wie hat dir der Film gefallen?", fragte Noah grinsend, als sie auf dem Weg zurück ins Internat waren.

„Gut.", gab Colin cool als Antwort zurück und Noah lachte auf.

„Du hättest mir auch sagen können, dass du keine Horrorfilme magst.", meinte der Blonde, doch Colin schüttelte beharrlich den Kopf.

„Es war ein guter Film."

„Das stimmt.", sagte Noah und zählte die nächsten Minuten auf, was ihm besonders gefallen hatte. Colin hörte ihm glücklich zu und stellte wieder einmal fest, wie schön Noah war, vor allem wenn er leidenschaftlich von etwas erzählte.

Die beiden Jungs gingen dicht nebeneinander und ab und zu berührten sich ihre Hände beim Gehen. Colin wünschte sich, er hätte den Mut, einfach wieder nach Noahs Hand zu greifen.

Als sich ihre Hände zum vierten Mal streiften, fasste sich Colin schließlich ein Herz. Fuck it, dachte er. Wenn Noah im Kino so mutig sein konnte und meine Hand festgehalten hat, dann kann ich das jetzt auch!

Bevor sich Noahs Hand wieder entfernen konnte, verschränkte Colin seine Finger schnell mit Noahs. Der blonde Junge stockte kurz in seiner Lobeshymne über die Special Effects, lächelte dann Colin aber nur an und redete einfach weiter.

Viel zu schnell kamen sie am Internat an. Colin war schon immer langsamer geworden, doch das Tor rückte immer näher.

„Was ist los?", fragte Noah verwirrt, als sie fast zum Stillstand gekommen waren. Es war inzwischen dunkel geworden und außer ihnen war keiner mehr unterwegs.

Nolin | UnconditionallyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt