Eine zweite Chance

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Ein schweres Gefühl legte sich auf meine Brust. Konoha erschien als Umriss am Horizont und der Schmerz, den ich für ein paar Tage vergessen hatte, schoss in mein Herz zurück.

Nach Kyous Tod hatten wir tagelang kein Wort gesprochen, bis wir schließlich begannen, einen Hauch von Normalität zwischen uns zu gewähren. Kurze Unterhaltungen während des Essens, ein kleiner Witz am Rande oder eine Anekdote am Lagerfeuer vor dem Einschlafen, hatte unsere Gedanken von Kyou abgelenkt und unseren trauernden Herzen eine kleine Pause geschenkt. Mit Konoha so nah vor uns rückte die Mission und alles, was sie mit sich gebracht hatte, wieder in den Vordergrund.

Auf der gesamten Rückreise hatten wir uns kaum Pausen erlaubt, jede Nacht nur wenige Stunden geschlafen und auch deutlich weniger Umwege gemacht, als noch vor ein paar Wochen. Selbst die eisigen Schneestürme hielten uns nicht davon ab, unseren Weg fortzusetzen.
Je näher wir unserem Heimatdorf kamen, desto langsamer wurden wir. Kushina wandte sich schließlich zu uns um und ihr Blick gefiel mir nicht. Ich wusste, dass wir dieses Gespräch irgendwann führen mussten, doch ich fühlte mich noch immer nicht bereit dazu.

„Ich weiß, wie schwer es ist, heimzukehren, nachdem man einen Kameraden verloren hat. Aber zögert es nicht zu lange hinaus, das macht es nur noch schwerer. Ich werde mich nun auf den direkten Weg zum Hokage begeben, um ihn über die Pläne unseres Feindes zu informieren. Danach werde ich Kyous Eltern besuchen."

Shisui räusperte sich. Seine Stimme klang kratzig: „Das mache ich."

Kushina betrachtete ihn einen Moment und legte ihm dann eine Hand auf die Schulter: „Bist du sicher?"
„Kyou ist ... er war mein bester Freund, seitdem ich mich erinnern kann. Seine Eltern sind wie Familie für mich. Sie sollen es von mir erfahren."

Kushina nickte ihm anerkennend zu und verabschiedete sich von uns. Für einen Moment standen wir einfach nur da.
„Noriko", begann Shisui leise und ich wagte es nicht, ihn anzusehen. Ich ertrug den Schmerz in seinen Augen nicht, da er meinen eigenen Schmerz weckte.

„Kannst du ... kannst du es unseren Freunden sagen? Wenn ich mit Kyous Familie gesprochen habe, weiß ich nicht, ob ich es ertrage ... nun ja." Er schüttelte den Kopf.
„Ja, ist gut. Ich mache das", sagte ich mit einem Kloß im Hals, unsicher, ob ich dazu wirklich in der Lage war.

„Gut. Dann sehen wir uns bald wieder, Noriko." Shisui sprang davon und ich setzte meinen Weg mit schwerem Herzen und langsamen Schritten fort.
Die Ausläufer der Stadt zogen an mir vorbei und ich war so in Gedanken vertieft, dass ich den Trainingsfeldern kaum Beachtung schenkte, auf denen unzählige junge Shinobis mit Wurfsternen übten.

„No-rii-koo!" Ich hob den Blick und entdeckte Gai, der mir fröhlich zuwinkte. Das Lachen erstarb auf seinem Gesicht, als er meines erblickte. Schnell lief er auf mich zu.
„Was ist passiert?", fragte er atemlos und ich konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Schluchzend schmiss ich mich in seine Arme. Gai tätschelte meinen Kopf und wartete geduldig, bis ich mich wieder gefangen hatte. Ich löste mich aus seiner Umarmung, wischte die Tränen aus meinem Gesicht und räusperte mich. „Entschuldige", sagte ich, doch Gai lächelte nur. „Entschuldige dich nicht, dafür sind doch Freunde da", sagte er und drückte meine Schulter mit seiner Hand.

„Ich bin für dich da, wenn du reden willst."
Nach einem tiefen Atemzug nickte ich ihm dankbar zu.

„Eine misslungene Mission ist doch kein Grund zu weinen", hörte ich jemanden sagen und drehte mich herum. Ich sah in Obitos strahlendes Gesicht, der mir auf die Schulter klopfte, hinter ihm stand Rin, die besorgt wirkte und Kakashi, der mich aufmerksam musterte.
„Unsere Mission war ein Erfolg", sagte ich leise und Obito runzelte die Stirn. Er wollte etwas sagen, doch ich schnitt ihm das Wort ab, bevor ich es mir anders überlegen konnte.
„Aber Kyou ist tot."

Naruto: Norikos Tagebuch (wöchentliche Updates!)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt