4.Identität

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Es ist bereits später Nachmittag und trotzdem sitzen wir immer noch im Auto. Es hatte tatsächlich eine Weile gedauert bis ich verstand, dass wir uns nicht einfach stumpf vom Department entfernten. Stattdessen fuhr er Schleifen; verließ hier und da die große befahrene Hauptstraße und bog immer wieder mit stetigen fokussierten Blick durch die Aussenspiegel in kleineren Seitenstraßen. Ob wir wohl tatsächlich verfolgt wurden? Oder war das hier sein Standartprozedere, nur um auf Nummer sicher zu gehen? Jedenfalls biegen wir erst als er zufrieden zu sein scheint in das Parkhaus eines großen Einkaufszentrums und halten auf der obersten Etage. Meine Hand fliegt schon zum Türgriff, als er mich erneut von der Seite anfährt. "Sitzen bleiben!" knurrt er knapp und spricht damit das erste Mal seid dem Telefonat wieder. Nachdenklich lehnt er mit der Schulter und seinem Ellenbogen an der Fahrertür und legt sich seine Fingerrücken entspannt, aber mit einem abwartenden Ausdruck im Gesicht an seine Wange.
Wieder beobachtet er stumm das Treiben in unserer direkten Umgebung, bevor er sich dazu entscheidet ruckartig die Tür zu öffnen. Automatisch will ich es ihm gleich tun, als mich sein kalter Blick erneut über die Sonnenbrille hinweg erstarren lässt. "WAS.. habe ich gesagt!?" zischt er und funkelt mich warnend an. Wieder wende ich eingeschüchtert meinen Blick ab und lass mich zurück in den Sitz fallen. Dabei schaue ich erneut hinunter auf meine Hände und erschrecke leicht, als die Fahrertür schwungvoll zufällt. Sollte das jetzt etwa die ganze Zeit so weiter gehen? Vielleicht würde ich mich ja richtig verhalten, wenn er nicht ständig von mir verlangen würde, seine Gedanken zu lesen. Woher sollte ich denn auch wissen, wie ich mich verhalten sollte. Schließlich ist diese Situation absolutes Neuland für mich.

Nur halbherzig beobachte ich, wie er aus dem Kofferraum des Mercedes eine große schwarze Tasche holt und mit ihr aus meinem Sichtfeld verschwindet. Sofort schlägt mein Herz schneller, als erneute Panik und Adrenalin durch meinen Körper schießen. Will er mich etwas hier alleine lassen? Haben wir uns deshalb kaum vom Department entfernt?.. Weil er mich immer noch zurück bringen wollte? In meiner aufkeimenden Hysterie bemerke ich ihn erst wieder, als sich die Beifahrertür mit einem Ruck öffnet. Mein anfänglicher Schock verblasst sofort, als sich meine Augen auf seine steinharte Miene legen und sofort macht sich diese unbeschreibliche Erleichterung in mir breit. Gott sei Dank! Er ist noch da! Immer noch gefesselt von diesem fast schwerelosen Gefühl der Dankbarkeit, sieht er nur stumm zu mir herunter.
"Brauchst du ne Extraeinladung?" verdreht er die Augen und lässt seinen Blick wieder über die nahen Passanten fliegen. Wieder verlangte er, dass ich wortlos verstand was er von mir wollte.. Trotzdem bin ich einen kurzen Moment am zweifeln, als er weiterhin nahe der Tür steht und keine Anstalten macht zu Seite zu treten. Erst als er die Hand nach mir ausstreckt bin ich mir zu 100% sicher, was er von mir möchte. Vorsichtig will ich ihm meine Hand in seine legen, als er sie genervt zu Seit drückt. "Fuck! Was stimmt nicht mit dir? Jetzt gib mir endlich deinen scheiss Rucksack.." flucht er ungehalten und greift schließlich selbst zwischen meine Knie und zieht ihn dem Auto. Dann schließt er erneut die Tür und verschwindet für weniger als eine Minute bevor er zu mir zurück kommt.

Diesmal rutsche ich sofort vom Sitz, als er die Tür ein weiteres Mal öffnet. Wieder steht er dabei so nahe, dass ich keine andere Wahl habe. Denn egal wie sehr ich es versuche.. Ich habe keine Chance aus dem Auto auszusteigen, ohne dass ich ihn berühren würde. Wie auch?! Ich habe ja nicht mal die Chance mich zum Auto zu drehen und ihm so meinen Rücken zuzuwenden. Stattdessen drücke ich mich mit dem Rücken so gut es geht an das Chassis des Wagens, während sich meine Hüfte trotzdem leicht an seiner entlangschiebt. Von *Personal Space* hatte er wohl noch nie etwas gehört.. Doch während mein unbehaglicher Blick auf seinem Gesicht liegt und mir automatisch eine leichte unangenehme Röte in die Wangen schießt, ist er völlig woanders. Seine Aufmerksamkeit gilt nach wie vor ungeteilt unserer Umgebung. Dabei würdigt er mich nicht mal eines Blickes, als sich seine rechte Hand locker auf meinen Rücken legt und er mich aus der Parklücke zu einem nahen dunkelblauen Fahrzeug führt.
Ein Fahrzeugwechsel also, schießt es mir grübelnd durch den Kopf, als er mich zur Beifahrertür bringt und sich das Prozedere wiederholt. Wieder steht er mir so unangenehm nahe, dass seine Brust an meine Schulter lehnt, während er die Tür öffnet und mich anschließend durch den schmalen Türspalt ins innere des Fahrzeugs schiebt. Schweigend sitze ich auf dem Beifahrersitz und versuche meine Gedanken zu ordnen. Dabei mache ich diesmal keine Anstalten mich anzuschnallen und verberge erneut mein Gesicht vor ihm.. Aus Angst, er könnte meine leicht geröteten Wangen erkennen und sie falsch interpretieren. Trotzdem entgeht mir sein prüfender Blick zum Gurt nicht, als er auf der Fahrerseite Platz nimmt und das Auto startet.

Levi x Reader Guardian AngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt