Als Harry am nächsten Morgen erwachte, fühlte er sich, als hätte er eine Ewigkeit geschlafen, doch sein Geist war alles andere als ausgeruht. Ein dichter Nebel der Verwirrung umhüllte seine Gedanken, und er konnte sich nicht sofort daran erinnern, warum er sich so unendlich müde fühlte. Sein Bett fühlte sich anders an, irgendwie sicherer, doch diese Sicherheit stand im Gegensatz zu dem stechenden Schmerz, der durch seinen Arm und sein Bein zuckte. Ein leiser Seufzer entkam ihm, als er versuchte, sich in der Dunkelheit seiner Blindheit zurechtzufinden. Die Tür zu seinem Zimmer öffnete sich leise, und mit der Veränderung der Luftströmung wusste Harry, dass jemand eingetreten war. Die Schritte waren ihm vertraut, ruhig und bestimmt, eine Präsenz, die ihm inzwischen gleichzeitig Trost und Respekt einflößte.
»Harry«, begann Severus, seine Stimme war besorgt und doch vermengt mit einer gewissen Strenge, die Harry nur allzu gut kannte.
»Bleib ganz ruhig. Du hast dich letzte Nacht schwer verbrüht. Es war ein Unfall in der Küche. Weißt du noch?«, sagte der Mann und die Erinnerung begann langsam in Harrys Geist zurückzukehren, Bilder von fließendem Wasser, plötzlichem Schmerz und dann tiefer Schlaf.
»Ich erinnere mich nicht so genau ... es tat so weh«, murmelte Harry, seine Stimme brüchig vor Schmerz und der Versuch, seine Gedanken zu ordnen. Severus trat näher, und Harry konnte fühlen, wie die Matratze unter dem zusätzlichen Gewicht nachgab.
»Ich weiß. Und ich bin hier, um zu helfen. Deine Verletzungen müssen erneut behandelt werden, um eine Infektion zu vermeiden und den Heilungsprozess zu unterstützen«, sagte Severus und Harry spürte, wie dieser ihn sacht an der Schulter berührte. Erst jetzt nahm Harry wahr, dass er offenbar nur mit Boxershorts im Bett lag. Peinlich berührt wandte er sich etwas ab.
»Kein Grund für Scham. Hier trink das«, hörte er Severus' Stimme, die ungewohnt sanft klang. Sanfter als die Tage zuvor. Dann spürte Harry eine Phiole an seinen Lippen und trank den altbekannten Schmerztrank. Sofort darauf verließen die Schmerzen seinen Körper und er seufzte.
»So ist es gut«, hörte er Severus sagen, während dieser begann die Wunden zu säubern und die Verbände zu tauschen. Trotz des Schmerztranks zuckte Harry zusammen, als die Luft seine empfindlichen Wunden berührte. Severus murmelte beruhigende Worte, während er die Wunden sorgfältig reinigte und inspizierte. »Die Heilung verläuft gut, aber sie sind noch nicht vollständig verheilt«, erklärte er sachlich. »Du musst im Bett bleiben und dich schonen.« Nachdem er die Wunden fertig verbunden hatte, setzte er sich wieder auf den Rand von Harrys Bett. Seine Anwesenheit bot einen seltsamen Trost, der Harry dazu veranlasste, sich ein wenig zu entspannen.
»Erzähl mir, was genau in der Nacht geschehen ist«, forderte Severus leise. Harry holte tief Luft und begann, die Ereignisse der letzten Nacht zu rekonstruieren. Er erzählte von seinem Bedürfnis, einen Tee zu machen, dem Unfall mit dem kochenden Wasser und der überwältigenden Panik und dem Schmerz, der darauf folgte.
»Aber warum warst du so schnell bei mir? Und ... ich erinnere mich, dass Tim da war. Ist das richtig?«, wollte Harry am Ende seiner Erzählung wissen.
»Ein Alarmzauber. Ich hatte kein gutes Gefühl, dich hier in Gänze allein zu lassen«, erklärte Severus und sah sofort in Harrys Gesicht eine Art Widerstand aufblitzen.
»Ganz ruhig. Denn wir haben ja gesehen, dass es gut war, dass ich dies tat«, sagte er mit einem Lächeln. Harry nickte lediglich.
»Ja ... danke«, sagte er.
»Tim war mit hier, weil wir noch im Restaurant waren, als der Zauber anschlug. Er hat geholfen und wurde später von seinem Verlobten abgeholt«, sagte Severus dann und Harry blickte auf.
»V-Verlobter?«, die Stimme des jungen Mannes schien sich schlagartig verändert zu haben.
»Ja, Tim ist verlobt«, sagte Severus und rieb sich den Nacken. Sollte er Harry auf das Geständnis von letzter Nacht ansprechen? Doch dieser schien unendlich müde zu sein, das sah der Tränkemeister.
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Blind Shades
FanfictionHarry Potter kehrt nach dem Krieg nach Hogwarts zurück, um sein letztes Schuljahr zu wiederholen, und verliebt sich hoffnungslos in Severus Snape. Nach einer Auseinandersetzung mit diesem verletzt sich Harry so schwer, dass er erblindet. Von Schuldg...