Kapitel 14

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TW: Versuchte Vergewaltigung als Thema

Harry blieb für einen Moment einfach stehen, bevor er langsam an der Hauswand entlang auf den Boden sank. Die Kälte des Schnees drang durch seine Kleidung, doch er spürte sie kaum. Tränen liefen über seine Wangen, und ein leises Schluchzen entrang sich seiner Kehle, während er seine Arme um sich selbst schlang. Die Dunkelheit um ihn herum schien plötzlich viel tiefer, viel erdrückender. Er fühlte sich verloren, allein und unendlich verletzlich. Wo war er überhaupt? Wie spät mochte es sein? Alles verschwamm in seinem Kopf, und das Einzige, was er sicher wusste, war, dass Severus weg war.

»Wie konnte er das tun?«, murmelte Harry verzweifelt in die kalte Nachtluft. »Wie konnte er mich die ganze Zeit belügen?« Die Wahrheit, die Severus ihm offenbart hatte, traf ihn wie ein Schlag in die Magengrube. Er hatte Severus vertraut, hatte geglaubt, dass die Gefühle, die sie füreinander hatten, echt waren. Und jetzt? Jetzt schien es, als wäre alles nur aus Schuld entstanden, aus einem verzweifelten Versuch, wiedergutzumachen, was er angerichtet hatte. Wie sollte er jemals wieder Vertrauen zu ihm finden? Wie sollte er überhaupt noch wissen, was echt war? Nach einer Weile rappelte sich Harry auf, zitternd vor Kälte und Verzweiflung. Er griff in seine Jackentasche und holte seinen Blindenstock hervor. Mit einem tiefen Atemzug begann er, den Stock vor sich zu schwingen, um die Hindernisse auf der Straße zu spüren. Seine Beine fühlten sich schwer an, aber er zwang sich, weiterzugehen. Er konnte nicht hier sitzen bleiben, konnte sich nicht von der Dunkelheit verschlingen lassen. Er musste weg, einfach nur weg. Vielleicht würde er irgendwann apparieren, aber im Moment brauchte er Bewegung, etwas, das ihn von den Gedanken an Severus und den Verrat ablenken konnte. Während er ziellos durch die Straßen ging, hörte er nur hin und wieder das Geräusch eines vorbeifahrenden Autos. Der Rest der Welt schien still zu sein, als ob er der einzige Mensch auf der Erde wäre. Es machte ihm Angst. Wut und der Schmerz wirbelten in seinem Kopf, und Harry spürte, wie seine Verzweiflung zunahm. Er hatte sich so sehr auf Severus verlassen, hatte ihm seine Liebe geschenkt, und jetzt fühlte es sich an, als wäre alles in Stücke gerissen worden. Plötzlich hörte er Schritte hinter sich. Zuerst war es ein leises Geräusch, kaum wahrnehmbar, aber dann wurden die Schritte lauter, schneller, bis sie direkt hinter ihm waren. Harry hielt inne, sein Herz schlug schneller, und er drehte sich leicht in die Richtung der Schritte.

»Hey, brauchst du Hilfe?« Die Stimme eines Mannes klang in der kalten Luft. Sie war freundlich, aber irgendwie ließ sie ein unangenehmes Gefühl in Harry aufsteigen.

»Nein, danke«, sagte Harry schnell und wandte sich wieder ab. Er wollte nur allein sein, er brauchte keine Hilfe von Fremden.

»Ach komm schon«, sagte der Mann, seine Schritte kamen näher. »Du siehst verloren aus. Ich kann dir helfen.« Harry schüttelte den Kopf, sein Griff um den Blindenstock wurde fester.

»Ich komme allein klar, danke«, wiederholte er, dieses Mal etwas schärfer. Er ging weiter, das Geräusch seines Blindenstocks hallte in der kühlen Nachtluft wider, während er sich durch die Straßen tastete. Er wusste nicht, wohin er ging – alles, was er wollte, war, wegzukommen. Plötzlich spürte er, wie sich eine Hand auf seine Schulter legte, fest und unerwartet. Er erstarrte, seine Atmung stockte, als er die Anwesenheit einer fremden Person hinter sich fühlte.

»Ich hab doch gesagt, dass ich dir helfen kann«, hörte er die Stimme des Mannes wieder, dieses Mal näher, eindringlicher. »Warum machst du es uns beiden nicht einfacher?« Harrys Herz setzte einen Schlag aus, und er riss sich instinktiv los, stolperte ein paar Schritte zurück, bis er mit dem Rücken gegen eine Hauswand stieß.

»Ich brauche keine Hilfe!«, rief er, seine Stimme zitternd. »Lassen Sie mich in Ruhe!« Aber der Mann ließ nicht locker.

»Warum machst du es dir selbst so schwer?«, sagte er, als er näherkam. Ehe Harry reagieren konnte, packte der Mann seinen Arm und zog ihn mit einem Ruck in einen dunklen, verlassenen Hauseingang. Panik flammte in Harry auf, und er kämpfte, versuchte sich loszureißen, aber der Mann war stärker.

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