Kapitel 20

323 21 0
                                    

Severus blickte Harry lange an, seine dunklen Augen suchten nach einem Zeichen, nach einer Bestätigung, dass die Wunde, die sich zwischen ihnen aufgetan hatte, allmählich zu heilen begann. Schließlich atmete er tief durch, als ob er all seinen Mut sammelte.

»Willst du mit mir nach Hause kommen?«, fragte er leise. Harry schien die Frage zu durchdenken, sein Gesicht blieb eine Weile ausdruckslos, bevor er schließlich leicht nickte.

»Ja«, antwortete er leise, aber mit einer Entschlossenheit in seiner Stimme, die keinen Zweifel daran ließ, dass es seine endgültige Entscheidung war. »Ich will zu dir zurückkommen.« Severus konnte nicht anders, als die Erleichterung zu fühlen, die sich wie eine Welle durch seinen Körper ausbreitete.

»Ich...«, begann er, aber seine Stimme brach, bevor er sie wiederfand. »Ich werde diesmal alles tun, um es richtig zu machen. Ich verspreche dir, dass ich....«

»Nein«, unterbrach Harry ihn, seine Hand suchte nach Severus', um ihn zu beruhigen. »Wir beide müssen daran arbeiten. Es geht nicht darum, dass nur du dich ändern musst. Ich...«, Harry schluckte schwer, »ich will, dass wir ab jetzt immer ehrlich zueinander sind. Egal wie schwer es ist. Ich möchte, dass wir offen miteinander sprechen, über alles.« Severus schloss die Augen für einen Moment, ließ die Worte in sich wirken, bevor er wieder zu Harry sah.

»Das werden wir«, sagte er leise, aber bestimmt. »Ich verspreche dir, dass ich mich nie wieder zurückziehen werde. Nicht vor dir. Du hast ein Recht darauf, alles zu wissen, was in mir vorgeht.« Harry atmete erleichtert aus und erlaubte sich ein schwaches Lächeln.

»Das ist alles, was ich will. Dass wir es zusammen versuchen.« Severus zog Harry sanft in seine Arme, legte sein Kinn auf Harrys Kopf und schloss die Augen, genoss den Moment der Nähe, den sie so lange entbehrt hatten.

»Dann fangen wir neu an«, flüsterte er. »Von jetzt an. Gemeinsam.« Harry lehnte sich an Severus, spürte die Wärme seines Körpers und das beruhigende Pochen seines Herzens.

»Ja«, flüsterte er zurück. »Gemeinsam.«

Am nächsten Tag war die Luft von einer stillen Anspannung erfüllt, als Severus und Harry die Eingangshalle des St. Mungo's betraten. Dank Severus' Kontakten hatten sie sehr spontan einen Termin bei einer Mentalheilerin bekommen, die heute mit Harry ein erstes Gespräch führen wollte. Es war ein ungewöhnlich kalter Tag, und selbst die Wärme des Krankenhauses schaffte es kaum, das Kältegefühl aus Harrys Knochen zu vertreiben. Die unzähligen Gespräche der vorbeieilenden Heiler, das Knarzen der magischen Tragen und das Summen der vielen Zauber, die um sie herum ausgeführt wurden, schienen ihn mehr zu überwältigen als sonst. Und doch hielt Severus seine Hand fest, führte ihn sanft durch das Chaos, bis sie vor einem ruhigen Wartebereich ankamen. Harry hatte den ganzen Tag über ein mulmiges Gefühl im Magen gehabt, aber nun, als sie vor dem Behandlungszimmer der Mentalheilerin standen, schien die Angst ihm den Hals zuzudrücken. Seine Finger zitterten leicht, und er biss sich auf die Lippe, um die aufsteigende Panik zu unterdrücken.

»Ich...«, begann er, ließ den Satz jedoch in der Luft hängen, als ob er die Worte nicht herausbekam. Severus spürte das Zittern in Harrys Hand, das er fest in seiner eigenen hielt, und wandte sich ihm zu.

»Es ist in Ordnung, nervös zu sein«, sagte er leise, seine Stimme warm und beruhigend. »Niemand erwartet, dass du heute schon all deine Ängste überwindest.«

»Aber was, wenn...«, Harry zögerte, »was, wenn sie denkt, dass ich schwach bin?« Severus drückte seine Hand fester.

»Das wird sie nicht. Ganz im Gegenteil. Es erfordert viel Mut, sich seinen eigenen Dämonen zu stellen. Und das ist genau das, was du hier tust.« Harry schloss die Augen für einen Moment, ließ die Worte auf sich wirken.

Blind ShadesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt