Kapitel 33

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•Caleb•

Mit verschränkten Armen stand ich in dem Büro meines Vaters, angelehnt an seinem alten Aktenschrank.
Er selbst saß auf dem Bürostuhl, hinten angelehnt und mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck.

„Was willst du?"
Er stieß hörbar Luft aus und deutete auf das Bild vor ihm.
Ohne hinzusehen wusste ich, dass es das Bild von meinem sechsjährigen Ich, auf einem seiner früheren besten Sportpferde war.

„Früher dachte ich, nichts könnte uns auseinander bringen"
„Ja, das dachte ich auch"
Zerknirscht sah er mich an.
„Als du dich als.. schwul geoutet hast, konnte ich dich nicht mehr aus den gleichen Augen sehen"
Abwartend sah ich ihn an.
„Und um ehrlich zu sein, kann ich es jetzt immer noch nicht"
Mein Herz brach.
Ich konnte praktisch spüren, wie der letzte Funken Hoffnung in mir erstickte.

„Schön. Damit wäre das Gespräch für mich beendet"
Und dabei hatte es noch nichtmal richtig begonnen.
Ich wandte mich zum gehen, doch seine Stimme hielt mich zurück.
„Warte. Ich bin nicht fertig"
Langsam drehte ich mich zu ihm und seufzte.
„Sag was du zu sagen hast"
„Warum liebst du ihn. Klar, er ist ein netter Typ, aber was veranlagt dich so zu denken.. oder zu fühlen?"
Ich holte tief Luft, in dem Wissen das ich mich bloß wiederholte und es zu nichts führen würde, aber ein Versuch war es Wert.
Der letzte Versuch.

„Homosexuell zu sein hat man sich nicht selber ausgesucht, deswegen kann ich dir nicht erklären warum ich so denke, oder wieso meine Gefühle bei dem Anblick von ihm verrückt spielen.
Ich liebe ihn auf die Art, auf die du Mama liebst.
Das mag für dich schwer vorstellbar zu sein, aber naja"
Ich zuckte mit den Schultern.
„Es ist nunmal so"
Wir schwiegen einander an, bis ich merkte das er auf mehr wartete.
Ich dachte kurz nach, dann sprach ich weiter.
„Ich weiß nicht was du von mir wissen möchtest"

„Ich verstehe das einfach nicht"
„Das ist nicht mein Problem"
Erneut Stille und das leises Geflüster, dass dies nicht angebracht war, wenn man gesittet sprechen wollte.

„Das ist Verschwendung. Du solltest mit hübschen Mädchen ausgehen und nicht mit einem Typen rum turteln, als wäre das normal"
In mir flammte Wut auf, doch meine Stimme blieb bei den nächsten Worten ruhig.
„Es ist normal und ich bin keine Verschwendung.
Was zur Hölle stimmt nicht mit dir?"
„Was stimmt nicht mit mir?! Das mein Lieber, sollte man dich fragen. Egal, was die Jugend von heute über eure Vorlieben erzählt, das ist und bleibt absurd.
Ich kann nicht fassen, dass du zu diesen Leuten dazu gehörst!"
Mit jedem Wort wurde er lauter und ich starrte ihn nur ausdruckslos an, während die Stimmen in meinem Kopf mich auslachten.

Naiver dummer Bengel.

„Um mir das zu sagen, unterbrichst du meine Trainingseinheit?"
„Ja! Eine Trainingseinheit mit einem Pferd, das im Spitzensport gehen sollte und nun unter deiner Obhut ein paar nette Turniere geht"
„Auch das ist nicht mein Problem"
Er lief rot an vor Zorn.

„Nein! Aber meins! Er hätte unseren Ruf wieder besser hinstellen können, nachdem du dich als was auch immer geoutet hast!"
Er brüllte nun.
Er lief nach meinem Trainingsplan und wegen mir konntest du ihn überhaupt verkaufen!"
nun war ich auch laut geworden, doch es könnte mich nicht weniger interessieren.

„Das ist auch das mindeste, was du hättest tun können und selbst daran bist du gescheitert. Man kann ihn als Fremdreiter nicht bedienen!"
„Kann man! Toby schafft es, wie du gesehen hast! Vielleicht sind deine Leute einfach nur zu inkompetent!"
Seine flache Hand knallte auf den Tisch und ich schwieg.
„Sprich noch einmal so mit mir und ihr könnt beide eure Sachen packen und gehen"
Ich zitterte und dachte an das Versprechen, welches ich Toby gegebenen hatte.
Andererseits würde ich jetzt ganz sicher, kein Kleinbei geben.

„Ich weiß nicht was passiert ist"
meine Stimme war ruhig, doch in mir wirbelte alles durcheinander.
„Ich gebe immer 110% und nie ist es genug. Seit vier Jahren muss ich mir meinen Arsch abarbeiten und nie bist du nur ansatzweise stolz auf mich.
Ich helfe dir wo ich kann und bekomme nur Undankbarkeit zurück. Der einzige Grund, warum ich noch keinen der anderen Jobangebote angenommen habe, ist Mama"
Ich atmete zittrig ein.
„Und vielleicht auch der alberne kleine Funke Hoffnung, dass du mich irgendwann wieder als deinen Sohn lieben könntest, aber wenn ich mir das hier ansehe.."
Ich lies den Satz ins leere laufen und schluckte.
„Dich und mich gibt es nicht mehr"
flüsterte ich heiser.

„Da hast du recht"
Er sah mich finster an.
„Und ich bin froh darüber. Dich meinen Sohn zu nennen, mit diesem Wissen..? Nein danke"
Ich schlug heftig in der Realität auf, starrte ihn einfach nur an.
„Wie bitte?"
„Du hast mich schon verstanden. Nimm einen deiner Jobangebote und mach, dass du wegkommst"
„Du kannst mich und meine Pferde nicht von unserem Hof schmeißen!"
„Tue ich nicht, ich nehme dir bloß deinen Job und jetzt; raus!"
Er wedelte mich hinfort, als wäre ich bloß einer seiner billigen Angestellten, doch ich blieb standhaft.
„Wieso wolltest du überhaupt mit mir reden?"
„Deiner Mutter zu liebe"
Ich stieß genervt Luft aus.
„War ja klar und ich dachte schon du tust es aus eigen Initiative, aber da hab ich mich wohl getäuscht"
„Raus jetzt!"
Ich drehte mich um und knallte die Tür hinter mir zu, starrte die Treppe an und tapste sie vorsichtig herunter.
Benommen folgte ich dem Weg zur Halle.

Er wollte nicht mehr mein Vater sein.
Ich hatte keinen Job mehr.
Ich hatte nichts mehr.

Vor der Halle blieb ich stehen und mir schossen Tränen in die Augen.
Wie konnte ich bloß glauben, dass es jemals wieder gut zwischen uns werden würde?

Langsam drückte ich das Tor auf und ging auf Toby zu.
Er hatte die Sprünge wie vereinbart hingebaut, nur war mir nicht mehr wirklich nach reiten.
Er kam auf mich zu und musterte besorgt mein Gesicht.

„Alles okay?"
Sanft griff er nach meiner Hand, doch ich nickte bloß knapp, schluckte die Trauer runter und griff nach Rugbys Zügeln.
Seine Hand lies ich dabei los.
„Es ist alles gut"
„Warum lügst du?"
Er beobachtete mich beim aufsteigen und sah erwartungsvoll zu mir hoch.
„Ich erzähle es dir später, jetzt würde ich gerne erstmal etwas.."
ich dachte nach.
„Runter kommen?"
schlug Toby vor und ich lächelte zittrig.
„Genau"

„In Ordnung"
Er setzte sich auf den Tritt und sah mir dabei zu, wie ich anfing den großen Rappen wieder etwas in den Gang zu bekommen.

In Gedanken einen Parcours ausdenkend, versuchte ich all die Sachen die mein Vater gesagt hatte hinten anzustellen.

Nur irgendwie wollte mir das nicht so recht gelingen.

About the Perfect Ending (Boy x Boy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt