Kapitel 34

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•Toby•

Es war schlecht gelaufen.

Das war der einzige Satz, welcher in meinem Kopf herumspukte, während Caleb mich keines Blickes würdigte, sondern verbissen den Parcours durchsprang.

Man merkte kaum, dass ihn etwas aufregte und würde ich ihn nicht so gut kennen, würde es mir ebenfalls nicht auffallen.
Jedoch sah ich an seinem angespannten Kiefer und der Art wie er schweigend, ohne Lächeln seine Runden ritt, dass ihm dieses Gespräch viel zu sehr auf den Magen geschlagen hatte.

Auch als wir eine Stunde später im Auto saßen, hob sich seine Laune nicht.
Die Hoffnung, dass er wenigstens bei uns in der Wohnung sein Lächeln wiederfand, erstarb ebenfalls, als ich frisch geduscht ins Schlafzimmer kam und er wie ein Häufchen Elend auf der Bettkante saß.

Ich setzte mich hinter ihn, schling die Arme um seine Mitte und legte das Kinn auf seine Schulter.
Unsere Oberschenkel lagen Seite an Seite, spendeten Wärme, während ich meine Nase an seinen Hals drückte.

Er roch nach seinem Duschgel und ich konnte es mir nicht nehmen lassen, ihm einen Kuss auf den Hals zu drücken.
„Was ist passiert?"
„Ich bin nicht gegangen, als er respektlos wurde"
Das hatte ich befürchtet, doch dass erwähnte ich nicht.
Stattdessen wartete ich ab.

„Er hat mich gefragt was ich an dir so toll finde.. dass ich eine Verschwendung wäre und doch lieber was mit jungen Frauen unternehmen soll, statt mit dir"
er erzitterte und ich verdrehte die Augen.
„Klar, mach das mal"
Er schüttelte den Kopf.
„Das war nicht alles. Er hat mir vorgeworfen das mit Rugby versaut zu haben und hat mir zum krönenden Abschluss meinen Job weggenommen"
Empört schnappte ich nach Luft.
„Wie bitte?!"
Die nächsten Worte kamen nur leise aus ihm heraus.
„Aber das schlimmste ist, das er mich nicht mehr seinen Sohn nennen will, weil ich verflucht nochmal schwul bin"

Das war vermutlich der Punkt, an dem ich seinem Vater eine reinhauen sollte.
Nur konnte ich mich erstens nicht mit anderen schlagen und zweitens würde es keinem weiterhelfen, außer meinem kleinem Aggressionsausbruch.
„Caleb.. ich-"
weiter kam ich nicht, denn er schlug die Hände vorm Gesicht zusammen und fing an zu weinen.

Also, so richtig.

Kurzzeitig hielt ich ihn etwas überfordert fest.
Das alles schleppte er schon viel zu lange mit sich rum.

Mein Griff verstärkte sich und umso heftiger seine Schluchzer wurden, umso mehr sackte er in meine Umarmung, wurde somit immer kleiner.
Ich hatte ihn bisher nur zweimal weinen sehen.
Einmal als Charlie im Krankenhaus lag und ein andermal als ich ihm Rugby gekauft hatte, aber das hier..

Ich schluckte, als ich begriff das Caleb empfindlicher war als er tat.
Noch empfindlicher, als ich es bisher immer angenommen hatte.
Er hatte einfach nur gelernt, seine Emotionen zu verstecken und jetzt konnte er es nicht mehr.

Ich zog ihn in eine bequemere Position und lies ihn sein, wie er war.
Auch wenn ich hin und wieder Angst hatte, dass er keine Luft mehr bekam.
„Ich bin ein Vollidiot"
stieß er hervor und seine Stimme zitterte so heftig, dass ich kurz schlucken musste.

„Nein. Er ist einer, nicht du"
Ich strich ihm die immer wieder nachkommenden Tränen von den Wangen.
„Du hast das nicht verdient"
Er antwortete nicht, was ich als schlechtes Zeichen wertete.
„Hast du gehört? Es ist nichts falsch an dir"
Er verdeckte erneut das Gesicht mit den Händen, doch ich lies ihn das nicht durchgehen.
„Hör auf"
Ich nahm seinen Kopf und schob seine Finger weg.

„Er hasst mich, mein eigener Vater hasst mich"
Die Worte hörten sich so gebrochen an, dass es mir wirklich schwer fiel, optimistisch zu bleiben.
„Das ist aber nicht deine Schuld, sondern seine. Er könnte Homosexualität einfach akzeptieren, hat sich aber dagegen entschieden.
Es hat nichts mit dir zu tun"
Das half hoffentlich ein bisschen, denn mir fiel nichts anderes ein.
Mein Kopf war wie leergefegt.

„Wenn ich ihm wirklich wichtig wäre, hätte er.."
„.. es akzeptiert. Ja, da hast du recht"
Ich merkte zu spät, dass ich ihn in seiner Annahme bestätigt und somit mir selbst widersprochen hatte.
„Aber das unterstreicht nur, was für ein Arschloch er ist"
„Was habe ich falsch gemacht?"
Die Frage stellte er vielmehr sich selbst, als mir.
„Nichts und genau da ist der Punkt"

Seine blauen Augen glänzten von den ganzen Tränen, sein Gesicht war rot und die Wangen nass.
„Es ist bescheuert"
brachte er erstickt hervor.
„Bis vorhin dachte ich, es sei mir egal"
„Sowas kann einem nicht egal sein. Ich hatte mich schon gewundert, wohin du die Intoleranz steckst"

Langsam versiegten die Tränen, solange er mich ansah und da wurde mir bewusst, was für eine starke Wirkung wir aufeinander hatten.
Erleichtert, das er nicht mehr allzu stark weinte, lächelte ich sanft.
„Ich hatte bis zu dem Gespräch die Hoffnung, irgendwann alles wieder gut zwischen uns aussehen zu lassen und das es so wird wie früher"
„Wie war es früher?"
fragte ich leise und kraulte seine Kopfhaut.

Caleb blinzelte, dann schluckte er und fing an zu reden.
„Richtig schön"
Ich schmunzelte, dann zog ich uns beide so auf das Bett, dass sein Kopf in meinem Schoß lag und kraulte weiter durch seine Haare.
„Ich konnte mit ihm über alles reden, er hat mir immer seine besten Pferde gegeben, mich mit 16 sein Auto fahren lassen, um für die Fahrschule zu üben.
Das ich es dabei fast kaputtgefahren habe, war ihm egal"
Wir lachten leise.
„Ich war früher absolut davon überzeugt, dass er mich so nimmt wie ich bin, aber als ich mit meinem ersten Freund nach Hause kam, gab es einen riesigen Streit zwischen uns.
Da war ich achtzehn"

Traurig sah ich auf ihn herab.
„Von da an, war nichts mehr wie vorher. Meine Mum hat es locker aufgenommen.
Sie brauchte bloß ein bisschen Zeit um sich daran zu gewöhnen, aber mein Vater.."
er seufzte und schüttelte den Kopf.
„Ich vermisse meinen alten Dad"
Er schloss die Augen, wischte sich neue Tränen weg und schling die Arme um meine Hüfte.
Danach vergrub er sein Gesicht an meinem Bauch und entspannte sich langsam.

„Es tut mir so leid"
meine leisen Worte, wurden bloß mit einem Schulterzucken quittiert und ich war ebenfalls kurz davor zu heulen.
Das sein Vater und er vorher einen solch guten Draht zueinander hatten, machte die ganze Sache noch viel trauriger.
„Ich bin hier"

Und wenn das Leben uns nicht auseinander trieb, würde ich das auch bleiben.

About the Perfect Ending (Boy x Boy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt