7 | Stimmungen

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Verdammt! Ein fieser Schmerz zieht durch meinen Rücken. Automatisch lasse ich meinen Arm nach links gleiten und prompt landet er eine Ebene tiefer auf dem Boden. Klong. Noch in der Luft habe ich es geschnallt, aber da war es zu spät ... Mit dem Aufprall, der den Schmerz nochmals deutlicher durch meine Schulter zum Nacken und Rücken schicken muss, bin ich wenigstens – zumindest halbwegs – wach. Mit der anderen Hand reibe ich mir über die gefühlt recht verklebten Augen und stöhne auf.

Höre ich da etwa ein Gackern?

Ich wende meinen Kopf nach links und blinzle. Ja, da sitzt Mara, die sich eine Hand vor den Mund hält, um ihre Belustigung zu vertuschen, was aber nichts bringt. Mit der anderen winkt sie mir zu. »Guten Morgen«, begrüßt sie mich.

»Morgen«, erwidere ich. Meine Stimme ist noch überhaupt nicht da, hoffentlich war es einigermaßen verständlich. Schmatzend versuche ich den Belag in meinem Mund zu verdrängen.

»Habe ich dich heute mal aus dem Bett verscheucht?«, fragt sie immer noch grinsend nach.

Das schlechte Gewissen meldet sich sofort und lässt mich nicht mal zu einer Antwort ansetzen. Stattdessen setze ich mich stöhnend wie ein uralter Mensch auf.

»O Gott, Joe. Hast du etwa die ganze Nacht hier geschlafen?« Ihre Stimme klingt nun besorgter, was es mir nicht leichter macht, auf irgendetwas einzugehen. Nein, die Stimmung kippt bei mir beträchtlich. Daher zucke ich lediglich mit den Schultern.

Schon wieder verkacke ich, dabei hatten wir gestern noch einen so schönen Abend. Alles, was ich gedacht und womöglich gesagt habe, meine ich auch zu einhundert Prozent so. Doch ich kann es nicht – nicht umsetzen, nicht zeigen, nicht geben. Ich habe sie nicht verdient. Und sie das hier nicht, so alles überhaupt gar nicht.

Und dennoch – sie ist viel gut für diese Welt – kommt sie auf mich zu und setzt sich neben mich. Eine Hand von ihr landet auf meinem Bein, die andere an meinem Rücken. »Es ist alles in Ordnung, Joe. Setz dich nicht unter Druck.«

Nichts ist in Ordnung, würde ich am liebsten herausschreien, doch das tue ich nicht. So viel Kontrolle habe ich gerade noch. Zum Glück. Anstelle dessen nicke ich wie ein reumütiger Hund. Und da ich langsam zappelig werde, brauche ich etwas zu tun. Offensichtlich bemerkt Mara das auch und lässt von mir ab.

»Wie wäre es mit Pfannkuchen«, frage ich sie.

»Im Ernst, das möchtest du für uns auch hier zaubern?«

Ich weiß, dass es sie freuen würde, also steht es fest. Außerdem würde es mir helfen, ein bisschen weniger Schuld zu empfinden. Auch wenn das nicht die Lösung auf Dauer sein kann.

»Wenn du möchtest, kannst du dir gerne eine Zeitung besorgen gehen und ich kümmere mich um das Frühstück«, biete ich ihr an.

Das Angebot nimmt sie an, geht sich nur schnell vorher waschen. In der Kajüte verabschieden wir uns mit einem Kuss, bevor ich mich in das kleine Bad begebe, um mich selbst auch erst einmal frisch zu machen. Danach ziehe ich mir neue Kleidung an und bereite unser Frühstück zu.

Nach unserem stillen Frühstück verbringen wir ebenso einen ruhigen Vormittag. Gegen Mittag fahre ich uns nahe der gestrigen Stelle und mache das Boot an einer Boje fest, woraufhin ich mich direkt zu Mara auf das Außen-Sofa begebe. Es ist Zeit – und diese ist ja bekanntlich begrenzt. Ich klopfe auf das Polster zwischen uns. Als Zeichen, dass wir loslegen können.

»Was ich heute früh sagte, meinte ich ernst«, sagt sie.

»Das sind aber nicht die Einführungsworte der beiden letzten Male, mit denen du die Reise eingeleitet hast«, entgegne ich.

ZwischenimpressionenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt