33. Pay-Day

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Grade sind wir die Treppen hoch, da bleibt das Mädel vor mir stehen. Dreht sich aber nicht um. „Warum?" Die Frage ist simpel. „Wir wollen euch helfen.", antworte ich wahrheitsgemäß. Ihre zierliche Gestalt dreht sich nun zu mir. Sie zittert leicht. „Das soll ich glauben? Zwei wildfremde Menschen haben spontan beschlossen zu helfen?" Seufzend werfe ich den Kopf in den Nacken. „Du bist genauso skeptisch und nervig wie deine Schwester. Die fragt auch immer zu viel."

„M-meine Schwester?" Ich blicke wieder auf und treffe auf ihre verwunderte Mine. Der Teenager steht wie eine Litfaßsäule da. „Ja! Und jetzt pack was für dich und deine Geschwister zusammen. Die Zeit arbeitet nicht grade für uns!", werde ich bestimmter und drehe sie auf den Fersen um. Schiebe leicht was sie zum laufen animiert.

Nervöser als ich es von mir kenne, stehe ich im Türrahmen, beobachte den Teenager dabei wie sie wirr Dinge auf ihr Bett schmeißt und dann in eine Sporttasche stopft. Derweil höre ich die Laute, geladene Konversation von Summer und ihrem Vater. Hoffentlich geht's gut. Auch wenn ich ihr vertrauen soll, fällt es mir schwer tatenlos zu bleiben. Besonders nach der unerwarteten Entscheidung vor dem Haus.

„Wo sind die anderen beiden und deine Mutter?", frage ich nach. Schließlich brauchen wir die Informationen. „Mom ist einkaufen, Lilly ist in der Schule und Georgie schläft noch im Nebenraum.", spricht die jüngere unter ihren Atem. Konzentriert sich darauf Kleidung für sich und die kleine Schwester einzupacken. „Ihr braucht nicht viel. Nur das nötigste." - „Verstanden."

Nach wenigen Minuten ist sie so weit und drückt mir die Sporttasche vor die Brust. Etwas verwirrt nehme ich sie an. Die Brünette geht an mir vorbei ins Nebenzimmer. „Windeln, Feuchttücher, Bodys, und ein paar Klamotten.", zählt sie auf. „Kannst du mir bitte einmal seinen Teddy geben?" Suchend scanne ich den kleinen muffigen und etwas verdreckten Raum. Im Kinderbett neben dem Kind werde ich fündig. Vorsichtig fische ich diesen aus den Armen des Jungen. „Hier.", überreiche ich ihr das Stofftier.

„Weißt du wo die Schlüssel zu der alten Karre sind?" Kurz hält die jüngere inne, scheint zu überlegen. „Entweder in der Schüssel im Flur oder in der Küche." Obwohl sie mit dem Rücken zu mir steht, nicke ich verstehend. Mit dem kleinen Bruder, den Kate liebevoll hochhebt ohne ihn zu wecken, dreht sie sich zu mir. Seufzend greife ich den kleinen Rucksack ebenfalls vom Wickeltisch und werde mich wohl mit der Rolle als Packesel abfinden müssen.

Leise gehen wir aus den Raum, werden jedoch von einem schrillen Schrei überrascht. Wir sehen uns an. Es dauert eine Sekunde bis ich aus meiner Starre erwache. „Fuck, Summer!", sind meine besorgten Worte die ich sage und die Treppen runter renne.

Sofort werde ich von einer Chaotischen Szene begrüßt. Zu meiner Rechten ist Summer, die ihren blutenden Vater am Boden, mit ihrem Fuß fixiert hält. Zu meiner linken eine schockierte, ängstliche Frau mit Einkäufen vor sich am Boden, die immer noch schreit. Sie setzt grade an um in die Türe vor mir in die Küche zu verschwinden. In Windeseile zieht meine Freundin ihr Messer hervor und wirft es, so wie wir geübt hatten, auf die rennende Frau. Gleichzeitig zieht diese die Türe auf, die in den Flur schwenkt. Nur knapp verfehlt Summer den Kopf der Frau. Sie starrt auf das Messer vor sich auf Augenhöhe, sinkt zitternd zusammen.

Etwas perplexer starre ich zur Kurzhaarigen die die Situation wohl bestens im Griff hat. Ich gehe auf die Frau am Boden zu, behalte sie im Auge und ziehe das Messer aus der Türe. Auch Kate kommt mit dem kleinen auf den Arm runter. „Nimm die Schlüssel.", weise ich an. Dem nachkommend geht sie in die Küche und kommt mit diesen in der Hand wieder raus. Dankend nicke ich und nehme sie an mich. „Babe, wir wären so weit.", rufe ich und wackle mit den Schlüsseln in der Luft.

„Geh du schon mal vor, setz dich und den kleinen rein." - „A-alles klar.." Als sie raus ist, gehe ich auf Summer zu und stecke ihr Messer zurück in die Halterung. „Brauchst du noch Hilfe?" Kurz überlegt die ältere. „Wäre nett wenn du dich um die da kümmern könntest." Ich blicke über meine Schulter. Noch immer zittert die Frau panisch am Boden. Nickend stelle ich die Taschen ab, gehe auf die ältere Dame zu, richte sie grob auf und schiebe sie vor mich hin und schubse sie aufs Sofa.

Ich greife nach dem nächstbesten, was ein Kissen ist, nehme die Füllung raus und reiße den Bezug auseinander. Ich nutze es um ihre Hände hinter ihrem Rücken zu fesseln. „W-was macht ihr mit meinen Babys?! Ihr könnt sie mir nicht wegnehmen!", hysterisch windet sie sich. Mit einer saftigen Ohrfeige bringe ich sie zum schweigen.

Leise wimmert die Fremde. „Das hättest du dir eher überlegen sollen. Die Armen sind völlig vernachlässigt worden und unterernährt!" Scharf sehe auf sie hinab. Unweigerlich reißt es alte Wunden in mir auf. Schnell wende ich mich von ihr ab und greife nach den Taschen. „Wir warten auf dich." - „Danke dir, Kookie." Ihre warmen Worte lassen mein Herz höher schlagen und mir schießt die  Hitze in den Wangen.

Am Wagen angekommen öffne ich den leeren Kofferraum, werfe beide Taschen rein und nehme hinterm Steuer Platz. „Warum bist du so rot?", fragt Kate. „Geht doch nichts an!" Hoffentlich kommt die ältere schnell raus.

[...]

Grade ist Jungkook raus gegangen, da schubst mich mein Erzeuger von sich. Ich lande am Boden und rolle mich beiseite als er auf mich los gehen will. Wir ringen um die überhand. „Ich hätte dich Schlampe mit deiner Mutter beseitigen sollen!" - „Los, bring die Bitch um!", animiert seine Frau ihn auch noch.

Als er es geschafft hat mich unter ihm zu fixieren, richtet er die Waffe, die ich noch immer in den Händen halte, langsam auf mich. Unter Kräfte raubender Anstrengung von beiden Seiten. „Du Geisteskranker Junkie!", schreie ich ihn an. Langsam presst er meine Finger auf den Abzug. Ruckartig schwenke ich beiseite. Der Schuss löst sich. Wir beide halten inne, bemerken wir sind nicht diejenigen die getroffen wurden. Langsam sehen wir beiseite. Die Hirnmasse und das Blut an der Wand, gehören zu seiner Frau. Genau durch ihr linkes Auge, was nun ein dunkles blutendes Loch ist, drang die Kugel ein. Tötete sie.

„Minni! Neeeeein!", schreit mein Vater ungewohnt emotional auf. Mich lässt es kalt. Berechnend reiße ich meine Hände aus seinem Griff frei, schlage ihm mit meiner Faust ins Gesicht, schubse ihn von mir. Außer Atem richte ich mich wankend auf. Hechle händeringend nach Luft. Meine Haare sind wild in mein Gesicht hängend. Derweil hält der ältere Mann seine Nase, die ebenfalls wie ein Wasserfall blutet.

„Du wirst in der Hölle schmoren!", nuschelt er in seine Hände. Höhnisch zische ich auf. Hebe meinen Arm und nehme ihn erneut ins Visier. „Dann sehen wir uns in der Hölle, Daddy!" Sind die letzten Worte bevor ich Abdrücke.

Ich schließe meine Augen, lasse meinen Kopf in den Nacken fallen und den Arm sinken. Gleichzeitig atme ich laut aus. Ich bin unerwartet gelassen, quasi unbeeindruckt von meinen Taten. Erst als ich erneut meine Augen öffne blicke erneut zu ihm. „Gerechtigkeit kommt zu jedem." Mit den Worten mache ich kehrt, stecke meine Waffe zurück in Holster nachdem ich sie gesichert habe und Steuer Richtung Haustüre.

Hinter mir schließe ich diese, Streife meine Haare zurück und laufe dabei weiter auf den Wagen zu in dem schon die drei sitzen und auf mich warten. Den bohrenden Blick vom Yakuza spüre ich brennend auf mir. Räuspernd öffne ich die Beifahrer Türe und steige ein. Das starren hört nicht auf. Seufzend sehe ich zu ihm. Unsere Blicke treffen sich. Noch immer atme ich schwer. „Alles gut, Babe?" Besorgnis. „Ja- Ja alles gut.", breche ich den Blickkontakt und schnalle mich an.

Wortlos startet der tätowierte den Wagen, fährt los und ich starre einfach aus den Fenster. Die herunter gekommenen Häuser ziehen an uns vorbei. Nie hätte ich damit gerechnet, dass ich zu sowas in der Lage bin. Besser ist, es nicht zu hinterfragen. Unter Kates Anweisungen navigiert sie uns in Richtung der Schule der kleinen Schwester.

„Was ist jetzt mit Mom und Dad?", spricht der Teenager das an was nicht vermeidbar ist. Auch Jungkook linst verstohlen aus seinen Augenwinkel hin und wieder rüber. Konzentriert sich aber eher auf den Verkehr. Ich drehe mich im Sitz so, dass ich nach hinten auf die Rücksitzbank sehen kann. Blicke ins verängstigte Gesicht meiner kleineren Schwester. „Der Albtraum ist vorbei. Ihr braucht keine Angst mehr haben." Erleichtert beginnt sie zu schluchzen. Ich drehe mich zurück und starre gradeaus auf die Straße. „Jetzt sammeln wir die kleine ein. Und danach geht's weiter in ein besseres Leben für euch."

Der dunkelhaarige greift nach meiner Hand und drückt sanft zu. Meine Aufmerksamkeit liegt nun auf ihn. Er schenkt mir ein sanftes Lächeln. Eines was wortlos ausdrückt, dass er stolz auf mich ist. Ich verschränke unsere Finger, hebe diese an und drücke einen Kuss auf seinen tätowierten Handrücken. Zeige meine Dankbarkeit. Jetzt kann nichts mehr schief gehen. Oder nicht?

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Yakuza  -J.JK- Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt