29. Bad Reputation

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Völlig fertig lasse ich mich aufs Bett unseres Zimmers nieder. Seufze lautstark. „Das nennt man einen ereignisreichen Tag..." Das Rascheln der Plastiktüte nach zu urteilen, hat der tätowierte diese abgestellt. Kurz danach gibt er einen belustigten Ton von sich, was mich aufsehen lässt. „Na dann solltest du dich mal lieber daran gewöhnen. Mit mir erlebt man des Öfteren solche... Erlebnisse." Der jüngere steht fast komplett mit dem Rücken zu mir gewandt. Fast schon qualvoll langsam zieht er sich sein weißes Top über den Kopf. Legt Stück für den Blick auf seine muskulöse Statur frei.

„Du sabberst, Summer." Eilig wische ich mir über den Mund. Eine Finte. „Wow, echt witzig..."-„Nun, es zeigt nur , dass du wirklich gestarrt hast.", belächelt er. Verteidigend hebe ich die Hände kurz an. „Was kann ich bitte dafür? Dein Körper ist nun mal wie ein Autounfall..", fragend und verwirrt verzieht der dunkelhaarige sein Gesicht. „.. man kann nicht- nicht starren." , nuschle ich immer leiser werdend.

Ehe ich mich versehe, springt der jüngere auf mich und lacht aus vollem Herzen als er mich wie ein Wurm winden sieht. Jeder klägliche Versuch mich zu befreien wird ohne Mühen seinerseits im Keim erstickt. Letzten Endes rollt er sich neben mich.

„Ich möchte deine Stimmung nur ungerne weiter runter machen, doch wie stellst du dir das denn vor? Also mit deinem Erzeuger.", druckst der Yakuza ungewohnt vor sich hin. Normalerweise ist er direkt und nichts scheint ihm unangenehm zu sein. Außer wenn man seine Ehre und den Stolz verletzt. „Hm, wird sich wohl spontan zeigen.", Jungkook zieht eine Braue empor. „Ich weiß nur, dass ich die Kinder da rausholen werde. Und danach sehen wir weiter.", erkläre ich den spärlichen Plan.

Seufzend lässt der dunkelhaarige seinen Kopf in den Nacken fallen. Sein welliges längeres Haar tanzt rhythmisch mit. „Summer, du bist mindestens genauso verrückt wie ich.." Belustigt stoße ich die Luft aus meiner Nase. „Hab's mir nun mal von dem einzigen Irren abgekupfert, den ich kenne." Unsere Blicke treffen sich.

Seine braunen Augen, in dessen tiefe etwas mir unvertrautes; faszinierendes liegt, fesseln mich. Drohen mich in deren Abgrund zu ziehen. Mich zu übermannen, zu ertränken. Wie so oft kann ich nicht deuten was der Yakuza denkt oder von mir will. Alles was ich weiß ist, dass er mich unter diesen intensiven Blickkontakt zu Wachs in seinen Händen macht. Und es ist gefährlich. Wie weit werde ich mich verlieren? Wie viel werde ich am Ende gewinnen? Ungewissheit. Ungewissheit über unsere Zukunftsperspektive. Jegliche Logik und Rationalität ist zwecklos.

„Was denkst du über mich?" Seine Frage ist ungewöhnlich. Wirkt keines Wegs unsicher. „Das du mysteriös und gefährlich bist. Man dich und deine Aktionen nie richtig deuten kann.", flüstere ich schon fast. Verstehend nickt der tätowierte. Spannt aber für den Bruchteil einer Sekunde seinen Kiefer an. „Aber auch, dass du außergewöhnlich einfühlsam sein kannst. Auf eine verworrene Art und Weise. Und das genaue Gegenteil. Als hättest du einen Schalter den man bedient."

Der viel zu attraktive Gangster wendet sich mir näher zu. Liegt nun auf seiner Seite und bricht nicht einmal den Blickkontakt. „Reizt es dich? Reizt dich das Bad Boy Image?", fragt er sehr ruhig. Ich muss trocken schlucken. Niemals würde ich es zugeben wollen, weswegen ich schweigen bevorzuge. „Wie dem auch sei, keep in mind, dass nicht sehr viele diese andere Seite zu sehen bekommen. Auch mit meinem schlechten Ruf, gibt es Ausnahmen. Ausnahmen wie dich zum Beispiel, Summer."

[...]

Als ich nachts wach werde, suche ich nach etwas zum ankuscheln. Meine Arme tappen jedoch nur ins leere. Brummend öffne ich ein Auge um mich umzusehen. Tatsächlich ist das Bett neben mir leer. Schlagartig sitze ich aufrecht und suche das Zimmer mit meinen Augen ab. „Summer?" Diese Frage wiederhole ich einige male. Erfolglos.

Ein beklemmendes Gefühl macht sich in meiner Brust breit. Meine tätowierte Hand lege ich auf meine linke Brust. Ein sehr subtiles stechendes Gefühl breitet sich dort aus. Mein erster Gedanke: Wurde ich etwa vergiftet? Nicht abwegig, jedoch verwerfe ich den Gedanken wieder.

Das Geräusch von dem öffnenden Türschloß erlangt meine Aufmerksamkeit. Die dunkelhaarige tritt ein und hält etwas in ihrer Hand. Verwirrt sieht sie mich an. „Eh- alles ok? Hab ich dich geweckt?" Rasch schlage ich die Decke von meinen Beinen, gehe auf sie zu und schließe die ältere in meine Arme. Erleichterung löst das vorherige Gefühl in meiner Brust ab. Das stechen hört auf. „Babe, ich dachte du bist weg.." - „W-warum sollte ich?", antwortet sie sichtlich verwirrt mit einer Gegenfrage. „I-Ich habe nur eine Karte von den Staaten geholt."

Ich löse mich von ihr und sehe die Karte an. Fragend ziehe ich meine Augenbrauen zusammen. „Es ist mitten in der Nacht. Hätte das nicht warten können?" Summer zuckt mit ihren Achseln. „Vielleicht. Aber ich konnte eh nicht wirklich schlafen. Und mit der hier, kann ich jetzt unsere Route planen."

Akribisch zeichnet sie eine Route ein, umkreist ein paar Städte. „Wenn wir sofort durch Iowa kommen, können wir hier an der Grenze ein Motel nehmen für die erste Nacht.", beginnt sie zu erklären. Ich folge ihren Finger. Durch Illinois und Iowa bis zur Grenze. Dann eine Nacht in Omaha, Nebraska. „Okay, warum planst du eine Strecke bis nach Vegas?", erfrage ich etwas skeptisch. Immerhin ist Las Vegas nicht sehr weit weg von LA, ihrer Heimatstadt.

„Weil ich dort jemanden kenne, der uns aushelfen würde." Ihre Grau-Grünen Augen treffen auf meine. Ein angenehmer Schauer wandert über meinen Rücken. Ihre Augen sind so ausdrucksstark, voller Emotionen. Genau deswegen hat sie mich von Anfang an fasziniert. Dieses gewisse etwas, das lodernde Feuer in ihnen.

„Und was machst du mit den Kindern? Die können wir nicht einfach mit zurück nehmen.", spreche ich den pinken Elefant im Raum an. Ihre zierliche Hand verkrampf um den Stift. Die dunkelhaarige sieht zurück auf die Karte. „Ich weiß.." Es ist fast nicht hörbar. „Deswegen geht's nach Las Vegas. Hoffen wir das meine Idee funktioniert." - „Wird schon schief gehen. Mit uns beiden verrückten, gibt's bestimmt ne Lösung."

Ungläubig schnauft Summer und Schütte belustigt ihren Kopf. Ihr dunkles kürzeres Haar fällt in ihr Gesicht. „Ich bin wohl der Realist von uns beiden." - „Wahrscheinlich. Aber wenn alle Stricke reißen, werd ich mich drum kümmern." Mein Versuch sie zu beruhigen löst das Gegenteil aus. „Du wirst sie doch nicht etwa verkaufen oder beseitigen... oder?", Summers Stimme wird leicht zittrig. Der Schmerz in meiner Brust kommt zurück. Denkt sie wirklich so schlecht von mir? Kann man es ihr verübeln? Nein.

Ich stehe auf, fische mir eine Zigarette aus meiner Schachtel und gehe zum Balkon, wenn man es so bezeichnen kann, und zünde sie mir an. Nach einer Weile höre ich einen Stuhl der zurück geschoben wird mit darauffolgenden Schritten. „J-Jungkook? D-du hast nicht geantwortet..." Ich schenke ihr einen scharfen; stechenden Blick über meine Schulter. So eingeschüchtert dastehend hat man die ältere selten gesehen. Ich schmeiße den halb gerauchten Glimmstängel weg, drehe mich um und bleibe sehr nah vor der kleineren Gestalt stehen. Ihre Knie schlottern förmlich.

„Es ist einfach, den Typen mit dem schlechten Ruf, den ‚Herzlosen Stempel' aufzudrücken. Nicht wahr?" Meine Stimme ist deutlich gereizter als sonst. Fast schon beschämt sieht sie zur Seite. Verächtlich schnaubend gehe ich an ihr vorbei zum Bett. „Grade du müsstest wissen das ich einiges bin. Ein schlechter Typ mit beschissenem ruf, ein verrückter Gangster mit losem Mundwerk, sogar Mörder.", ich setze mich und schlage die Decke auf. „Aber gegenüber Frauen und besonders Kindern(!), bin ich anders. Grade ihnen könnte ich niemals was machen!" Ich bin enttäuscht. Grade von Summer, habe ich erwartet, dass sie mich mittlerweile anders sieht. So sehr kann man sich wohl täuschen.

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Yakuza  -J.JK- Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt