2.

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Daniel:

Als ich mich auf meinem Platz niederließ, merkte ich, wie Maurice mir einen verstohlenen Blick zuwarf und ich fragte mich, was er wohl dachte.
Wo bleibt denn wieder unser Lehrer?
Gelangweilt schaute ich zu Maurice rüber.
"Wie läuft's denn so mit Tania?", fragte ich mit einem verschmitzten Seitenblick.
Ich sah, wie er etwas rot wurde und lachte.

Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf.
"Joa, ganz gut", meinte er nur knapp und vermied den Blickkontakt.
Weiter konnte ich sowieso nicht nachhaken denn unser Chemielehrer trat ein.

Die Klasse verstummte und schnellen Schrittes ging er auf das Pult zu.
Langsam fing er an, Formeln an die Tafeln zu schreiben.
Formeln, die wir in den letzten Wochen durchgenommen haben.
Und keiner konnte sie.

"Ich gehe davon aus...", setzte Herr Götzinger an, "...,dass ihr alle diese Formeln draufhabt. Ihr seid ja schlau."

Klar..., dachte ich mir.
"Schlau"
Wenn man sich unsere Klasse so ansah, würde man eigentlich direkt das Gegenteil denken.
Ich schließe mich da nicht aus.
Der hellste bin ich nicht...
Aber mal ehrlich, wer möchte schon ein Streber sein?

Herr Götzinger drehte sich um und sah uns mit einem prüfenden Blick an.
"Also, wer kann mir sagen, was die Formel für die Reaktion von Helium und Sauerstoff ist?"

Ein paar wagten den Versuch, die Hand zu heben, doch niemand schien sich wirklich sicher zu sein. Ich schaute mich unsicher um und merkte, wie sich ein Knoten in meinem Magen zusammen zog.

Wehe, der nimmt mich jetzt dran!

Herr Götzingers Blick zu urteilen schien er etwas enttäuscht von der Anzahl der sich Meldungen, ließ sich davon aber nicht beirren und zeigte auf ein Mädchen in der ersten Reihe.
Ich atmete auf.

"Marta, dann erklär uns bitte, wie du das aufschreiben würdest!", meinte er zu dem Mädchen und ließ es nach vorne kommen.

Er verdeckte die rechte Tafel Seite und gab Marta ein Stück Kreide.
Marta begann, die Formel für die Reaktion von Helium und Sauerstoff zu erklären, während Herr Götzinger sie aufmerksam beobachtete. Ich lauschte ihren Worten, versuchte, sie mir einzuprägen, aber es war, als würden sie an mir vorbeiziehen, ohne wirklich hängen zu bleiben.

Als sie geendet hatte, nickte Herr Götzinger zufrieden. "Sehr gut, Marta. Vielen Dank für deine Erklärung."

Er wandte sich dann wieder der Klasse zu und fuhr fort: "Es ist wichtig, dass ihr diese Formeln versteht und euch ihre Bedeutung merkt. Chemie ist kein einfaches Fach, aber mit genügend Übung und Verständnis könnt ihr es meistern."

Ich seufzte innerlich.
Meistern?
Das schien in weiter Ferne zu liegen, wenn man bedachte, wie wenig ich von den Formeln verstand.

Während Herr Götzinger weiter sprach, versuchte ich, meine Gedanken zu ordnen und mich auf den Unterricht zu konzentrieren. Aber es war schwer, den Blick von den Formeln abzuwenden, die mir wie Hieroglyphen erschienen.

Vielleicht sollte ich mehr Zeit damit verbringen, zu üben und das Material zu wiederholen. Vielleicht würde das helfen, die Rätsel der Chemie zu entschlüsseln und endlich ein bisschen schlauer zu werden.

Aber ich habe einfach besseres zu tun, als mir so einen Schwachsinn anzueignen.
Wer braucht sowas, mal ganz ehrlich?
Bin ich später Elektriker, wird der beim Vorstellungsgespräch doch nicht von mir erwarten, dass ich die Zusammensetzung von Helium und Sauerstoff aufsagen und eine Gedichtsanalyse schreiben kann?

Falls doch, dann werde ich auf eine einsame Insel ziehen.

You Know Me | boyxboy✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt