14 - Paris ° Tag 1

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Daniel:

Lange, Schwarze Haare in meinem Mund weckten mich auf.
Und das vor dem Wecker.
Ich schob seinen Kopf vorsichtig zur Seite.
Der gestrige Tag war sehr anstrengend, aber mein Kopf fühlte sich an, als hätte er eine Tiefenreinigung durchgeführt.
Ich war hellwach, und bereit den Tag in vollen Zügen zu genießen.

"Na, Daniel!", kam eine Stimme aus dem Hintergrund, als ich aufstand.
Es war Simon, er saß am Fenstersims.
Simon war ein Junge, der, wenn man seine Stimme hörte, sich nicht nach einem Menschen anhörte. Sie war tief, aber man gewöhnte sich dran.

"Wie war die Nacht?", gähnte er. "Mit Maurice", fügte er noch hastig hinzu.

Ich versuchte, die kleine Anmerkung zu ignorieren und meinte nur: "Das Bett war etwas unbequem, aber gestern war ich so müde, dass ich einfach direkt eingepennt bin."

Während ich redete, stand ich auch und ging zu meinem Koffer rüber, um die Klamotten auszuräumen.

"Hast du deine Sachen schon eingeräumt? Scheinst ja schon länger wach zu sein", fragte ich ihn und öffnete einen von vier großen Schranktüren.

"Ach, so lange bin ich gar nicht wach", lachte Simon. Sein Lachen klang auch sehr seltsam. So, als würde man den Weihnachtsmann kitzeln, und schauen was passiert.
"Sollte ich aber auch machen", meinte er und ging ebenfalls zu seinem Koffer.

Ich kramte meinen Kulturbeutel raus, packte mein Handy und meine Klamotten und verschwand ins Bad.
Ich habe noch eine halbe Stunde, bis der Wecker geklingelt hätte. Also stieg ich entspannt unter die Dusche und wusch mich gründlich.
Als ich ausstieg, merkte ich, dass ich mein Handtuch vergessen habe.
Och ne...
Langsam schloss ich die Tür auf und blickte durch einen Spalt.

"Simooon", rief ich durchs Zimmer. "Könntest du mir mal mein Handtuch geben? Ich hab's auf dem Koffer liegen gelassen."

Stille.

"Simon?!", versuchte ich es nochmal.

Wieder Stille.

Ich erweiterte den Türspalt und blickte durch den kompletten Raum.
Simon war weg.
Hä?!
Das ist ja fast wie so ein schlechter Film, wo sich die Hauptfigur dann halbnackt durch das Zimmer schleichen muss und denkt, dass alles gut verlaufen ist, aber am Ende doch von irgendjemandem gesehen wird.

Was tat ich jetzt?
Nein, das tat ich jetzt nicht.
Am Ende würde Tania oder so sagen :
"Ihr Jungs seid ja so kompliziert!", und mir dann einen offensichtlich einfacheren Weg zeigen.

Also zog ich mich einfach an und holte mir das Handtuch, um wenigstens noch meine Haare abzutrocknen.

Da kam Simon auch wieder durch Tür hinein und meinte nur: "Musste zu den Mädchen."
Was?
Ich hinterfragte das nicht.
Er war ein halt ein wenig seltsam, man muss es nicht verstehen.

Oh, wir sind ja spät dran.
Um 9 Uhr ist Frühstück und wie haben noch 20 Minuten.
Wir weckten die anderen auf, die sich dann auch schnell umzogen und machten uns dann zusammen auf dem Weg zur Küche.

"Ey Daniel, ist das Shirt steht dir voll! Ist doch auch sicher voll teuer gewesen.", hörte ich hinter mir. Fynn begutachtete mich.
"Ja, Daniel ist voll der Hot Boy", grinste Jake.

Wir hatten schon seltsame Kinder in der Klasse.
Ja, Kinder.
Man kann sagen, dass die meisten Jungs hier pubertiebende, sexuell unerfahrene und strohdumme Perverslinge waren.
Ich wollte aber kein Außenseiter sein. Sicher war ich nicht so, aber was konnte es denn schaden, mitzuspielen?

"Haha, ne, ihr übertreibt", lachte ich

"Ach, da wird ja jemand Bescheiden", grinste Jake und gab mir einen Klaps auf den Hintern.

"Oha, was erlaubst du dir, ihn zu hauen?", lachte Fynn und gab ihm als "Strafe" auch einen Klaps.
Ich war das leider schon gewohnt.

Mensch, wenn ich das einfach nicht toll finden würde.
Ich war nicht schwul!
Ich kann nicht verleugnen, dass ziemlich viele Leute auf mich abfahren, aber bei Jungs war das schon was anderes.
Und diese Jungs wollten einfach befriedigt werden, was einfach nur nervig sein konnte.

"Ihr seid ja lustig", meinte Maurice mit einem genervten Unterton. Ich danke ihm für diese Aussage.

Wir trafen dann schließlich im Esszimmer an, wo sich bereits einige Lehrer und Schüler bedienten.

"Wollen wir uns dann an den Tisch dort hinten setzen?", fragte ich in die Runde.
"Ich denke, wir bedienen uns und setzen uns dann da hin. Sind genug Plätze, und bevor sich dort jemand anderes hinsetzt..."

Wir waren alle einverstanden und gingen ans Buffet.
Es gab wirklich alles!
Viele warmen und Kalten Getränke, Müsli und Brötchen, Wurst und Käse, Aufstrich und natürlich die beliebten Croissants und das Baguette.

Ich haute richtig ein, weil ich nach gestern unterernährt war. Wenn man durchschläft, vergisst man, was zu essen.

Maurice nahm neben mir Platz und musterte mich mit einem Grinsen.

"Du haust ja richtig rein.
Ach, du musst ja auf deine Kalorien und Proteine kommen!", meinte er gewitzt.

Mike nahm vor uns Platz und sah mich an.
"Und, wie war eure Nacht?"
Und bevor ich antworten wollte, brabbelte er schon weiter:

"Habt ihr schon den 'Neuen' gesehen? Der macht sich gerade an Tania ran oder so. Und soll in unser Zimmer. Ich weiß nicht woher der kommt, aber scheint ein richtiger Held bei den Mädels geworden zu sein."

Als ich dann dann zu Maurice blickte, sah ich die Wut in ihm aufsteigen.

"Und sie meinte, ich sollte ihn mal kennenlernen", murmelte er. "Und er klaut sie mir..."

Ich legte meine Hand auf seine Schulter.

"Das klären wir noch!", ermutigte ich ihn.
"Jaja", brummte er. "Ich kläre das."

In den nächsten Minuten trudelte dann auch der Rest ein und wir unterhielten uns.

Ein Lehrer, den ich nicht kannte, stand vorne auf, mit einem Mikrofon in der Hand. Die Box mit dem Lautsprecher schien nicht zu funktionieren, deshalb hörte man nichts. Ein paar Leute versuchten dann die Box anzuschalten, doch wahrscheinlich war sie kaputt.
Bis dann eine neue Box angeschafft wurde, hat er bereits unsere Aufmerksamkeit verloren und musste sich nochmal, diesmal durchs Mikrofon, räuspern.

Er redete etwas auf Französisch, etwas was eher wie Chinesisch klang. Der Typ hatte einen derart starken Akzent, dass man denken könnte, man wäre im Falschen Land.

"Maurice, was labert der da?", flüsterte ich.

"Ich glaube wir teilen uns heute in Kleingruppen auf und...-"

Er machte eine kurze Pause und lauschte weiter.

"...wir dürfen uns heute frei bewegen, um Paris kennenzulernen."

"Klingt spannend", sagte ich, meinte ich aber nicht so.

Aber mal sehen, was der Tag so bringt.

You Know Me | boyxboy✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt