„Das heißt", erklärte Coraline, „wir haben von dem Meisten hier keine Ahnung."
Jonathan antwortete „Wir wissen, dass Adriana diese Welt entdeckt, nicht erschaffen hat."
„Ja, aber sonst? Ich würde nämlich gerne wissen, wo wir denn überhaupt sind", meinte Pauline.„In der anderen Welt, du Blitzmerkerin!", machte sich Coraline lustig.
„Schon klar.", sagte Pauline in einem genervten Ton, „Aber wo genau? Diese Größe hier. Das Haus. Der Außenbereich. Das geht sich nicht aus, dass das alles hinter diese Tür passt. So, du brauchst doch einen Bereich, der groß genug für alles ist. Alles was ich weiß, ist dass ich durch 'ne kleine Tür gekommen bin und du so Frau-Holle-mäßig in den Brunnen gesprungen bist, in dem ich meine Puppe gefunden hab!"
Coraline stand mit offenem Mund da. Natürlich, sie befanden sich in der anderen Welt, aber wo befand sich die andere Welt? Jonathan erzählte davon, dass sich hinter der kleinen Tür ein Portal befinde, doch wo würden dessen Einschränkungen liegen, Planet Erde? Oder nicht?
1000 Gedanken schossen Coraline durch den Kopf. Ein so kleines Portal mit einer so großen Macht.
„Heiliges!", rief Coraline. „Jonathan, hast du 'ne Ahnung, wo wir sind?"
„Nun", antwortete er, „ich habe überhaupt keine Ahnung. Ich glaube, dass nichtmal Adriana das so genau weiß. Man müsste die Frage klären, wer den Brunnen gegraben hat, oder wo der Brunnen überhaupt herkam. Ich meine, irgendwie hängt doch alles von dem Brunnen ab. Gäbe es den Brunnen nicht, wären wir alle jetzt nicht hier."
Coraline und Pauline dachten nach. Der Brunnen war mindestens zwei Jahrhunderte alt, jemanden zu fragen, der an dem Bau maßgeblich beteiligt war, wäre unmöglich.
„Es- Es gibt doch Bücher!", strahlte Coraline.
Der andere Vater aber schüttelte den Kopf. „Vergiss es, das hab ich schon vor 70 Jahren versucht, man findet gar nichts."
„Naja, so richtig zurückgekommen ist ja nur Coraline jemals, und das durch die Tür. Wenn jemand tatsächlich in den Brunnen gefallen wäre, hätte er niemandem erzählen können, was auf der anderen Seite ist", meinte Pauline.
Jonathan hob die rechte Augenbraue und fasste sich an sein Kinn.
Coraline entgegnete „Solange wir hier rauskommen und die Tür und den Brunnen geschlossen halten, kann es uns doch eigentlich egal sein. Aber Jonathan, wo trägt Adriana den Schlüssel bei sich?"
Jonathan ließ seine Hand von seinem Kinn fallen. „Sie trägt eine Halskette. Mit farbigen Perlen. Und ganz in der Mitte hängt der Schlüssel an ihrer Brust. Sie sagt, sie findet ihn sehr schön dort", antwortete Jonathan.
Coraline biss sich auf die rechte Seite ihrer Unterlippe. Ihr war klar, dass das Entkommen absolut unmöglich war, aber sie wollte niemanden, weder den anderen Vater, der nur die Kinder schützten wollte, noch Pauline, ihre beste Freundin, beunruhigen.
Der andere Vater ballte seine rechte Hand zu einer Faust, hob den abgeknickten Zeigefinger und biss sich auf sein Gelenk. Dabei waren seine Gedanken völlig selbstlos. Sein Ziel bestand darin, dass Coraline und Pauline lebten. Den Schlüssel, um dies zu bewerkstelligen, würde er niemals entwenden können.
Pauline dachte am wenigsten nach. Soviel sie es auch versuchte, sie hatte kein tiefes Verständnis gegenüber der anderen Welt wie die beiden anderen, die im Raum standen.
„Erklär' mir nochmal, wie du alles geschafft hast"
Pauline suchte in den Hintergründen nach Hinweisen.
Coraline hatte einen bedrückenden und zugleich empörten Ausdruck im Gesicht. „Das nützt doch alles nichts, wir brauchen diesen Schlüssel!"
„Aber das ist hirnrissig!", versuchte Jonathan zu erklären. Sein Tonfall war panisch.
Pauline seufzte. „Das ist doch alles nur ein abgekartetes Spiel hier!"
Coraline's Augen blitzten auf. Ihr fiel langsam die Mundklappe immer tiefer.
„Ich hätte da 'ne Idee!"