Adriana schob die Tür, die noch einen Spalt breit offen war, vollständig zu und schloss die mit dem Knopfschlüssel ab.
„Wo hast denn du jetzt den Schlüssel her?", frage Jonathan seine Gemalin, „Es gibt doch nur einen."
„Ja, ich weiß, darum hab ich mich doch damals gekümmert", meinte die andere Mutter.
Wissend, dass Coraline trotz abschlossener Türe noch zuhörte, fragte er „Warum eigentlich?"
Adriana warf ihm einen verwirrten Blick zu. „Ist das nicht offensichtlich? Wenn irgendwas doch sein sollte, kann ich immer noch von dieser Seite absperren, dann ist es doch kein Problem. Außerdem habe ich keine Lust, dass diese blauhaarige Göre hier noch rüberkommt."
Coraline machte große Augen während sie weiterhin Adriana lauschte.
„So oder so, ich werde sie noch dazu bringen, sich mit meiner Coraline anzufreunden, dann bekommt sie noch ein Paar Puppen und dann sind wir glaube ich schon so weit", stelle die andere Mel stolz fest.
Jonathan schluckte laut bevor er seine nächste Frage als Hinweis für Coraline stellte.
„Wie hat Pauline eigentlich ihre Knopfpuppe bekommen?"
„Erklär' ich dir gleich, aber erstmal mach da zu.", sagte Adriana. Sie schnippte mit den Fingern und der Schlauch, in dem Coraline immer noch kauerte, zog sich zusammen und Coraline kam, mit dem Rücken zur anderen Tür, der echten Tür immer näher. Die Bewegung war so schnell, dass Coraline am liebsten geschrien hätte. Trotzdem wusste sie, dass sie es nicht durfte, Adriana würde es sicher hören.
In der echten Welt angekommen wurde Coraline aus dem Durchgang ausgeworfen, und die Tür schloss sich hinter ihr von selbst.
Coraline drehte sich hastig um, öffnete die Tür wieder und war ratlos. Eine Ziegelmauer.
Sie wusste, dass Adriana nicht so schnell nochmals öffnen würde. Sie sah verzweifelt zum Fenster heraus und sah die schwarze Katze, die ins Haus spähte.
Hastig öffnete sie das Fenster und das Kätzchen tappte ins Haus.
„Ich weiß, was mit dir passiert ist, Timothy", sprach Coraline und warf der Katze einen bemitleidenden Blick zu.
Timothy riss seine Katzenaugen weit auf.
„Du musst mir helfen, deine Mutter noch einmal aufzuhalten. Sie hat meine Freundin erwischt und sie ist noch gläubiger als ich es war", meinte Coraline.
Timothy nickte sanft und schloss dabei die Augen.
„Was machen wir jetzt hier?", fragte Coraline, öffnte die kleine Tür und brachte auf, dass es für Adriana keinen Grund mehr gäbe, das Portal noch einmal zu öffnen.
Die schwarze Katze machte für einen Augenblick große Augen, schien aber sogleich eine Idee zu haben.
Er nahm Coraline's Hosenbein leicht zwischen die Zähne und zog zweimal daran, Coraline solle ihm folgen.
Timothy rannte aus dem Haus, einen Berg nach oben, bog links ab. Coraline folgte jedem seiner Schritte.
Das Kätzchen blieb endlich stehen. Coraline erholte sich für einen Moment und wunderte sich. Wo hatte Timothy sie hingeführt?
Es war nur etwas matschig auf dem Boden, ansonsten viel nichts besonderes auf.
Timothy fing auf einmal an, im Matsch zu graben und zu wühlen. Er schien auf etwas hartes gestoßen zu sein und als er zwei mal auf der Stelle sprang, erkannte Coraline, wohin Timothy sie geführt hatte. Es war der alte Brunnen und Coraline ahnte, worum es sich bei dem Plan der schwarzen Katze tatsächlich handelte.
Der Sohn Adrianas verfolgte offensichtlich den Plan, den Originalweg in die andere Welt zu verwenden indem man in den Brunnen springt.
„Das kannst du nicht von mir erwarten!", rief Coraline sehr verängstigt.
Timothy nickte leicht.
„Aber... Dein Vater ist dabei gestorben!", brachte Coraline auf.
Wieder nickte das Kätzchen leicht.
Auch, wenn Coraline Angst um ihr Leben hatte, wusste sie, dass das Kätzchen recht hatte und es keinen anderen Weg gäbe. Sie erinnerte sich daran, was Whyborn sagte, als sie in den Pink Palace eingezogen war:
Der Brunnen sei so tief, wenn man in ihn hereinfallen sollte und man nach oben blickt, am helllichten Tag einen Himmel voll Sterne erblicken kann.
Coraline raffte ihren ganzen Mut zusammen, nahm einen großen Ast, der im Matsch lag und öffnete den Brunnen. Sie sah nochmals Timothy in die großen, blauen Augen. Er nickte leicht.