„Ich warte noch bis deine Bahn kommt. Musst hier schließlich nicht alleine herumstehen", bemerkte Merle, schob die Hände in ihre Jackentaschen und betrachtete die Hinweistafel am Gleis 7b, an welchem sie sich einen zumindest einigermaßen windgeschützten Platz zum Warten ausgesucht hatten. Amy lächelte: „Danke nochmal, dass du mich begleitet hast. Ich hätte vermutlich niemals etwas Passendes für diese Hochzeit gefunden. Was so etwas angeht habe ich wohl einfach keinen Geschmack". „Ich fand es witzig", erwiderte Merle lachend, was Amy leise schnauben ließ: „Schön, dass ich dich amüsieren konnte Merle..."
„Smash or Pass...", ertönte überraschend eine männliche, eher jugendlich, wirkende Stimme dicht hinter ihnen, welches ein amüsiertes, beinahe hämisches Lachen weiterer Stimmen nach sich zog. Perplex hob Merle eine Augenbraue, sah unauffällig über ihre Schulter und schüttelte genervt den Kopf, als sie die Gruppe halbstarker Jungs mit Bierflaschen und Zigaretten in der Hand hinter ihnen erblickte, ihre Augen fest auf sie und ihre Freundin gerichtet. „Die Rechte würde ich gerne ‚Smashen'...die Linke.... ‚Pass'...eindeutig", lachte einer der Jungs und deutete offensichtlich auf Amy, welche nun ebenfalls über ihre Schulter blickte und missmutig schnaubte: „Echt jetzt?...noch keine Haare am Sack aber solche Töne spucken...", murrte sie grade so laut, dass Merle ihre Worte verstehen konnte. Merle atmete tief durch, richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihre Freundin, bemüht die hinter ihnen stehende Gruppe einfach auszublenden. „Bock mich ma zu reiten, Puppe?", protzte einer der Jungs angestachelt durch das proletenhafte Verhalten seiner Freunde und trat einen Schritt vor „...Hey du! Geh mal lieber einen Schritt zurück, ich weiß nicht, wie groß er noch wird", setze ein weiterer der Jungs nach und trat ebenfalls einen Schritt vor, auf seinen Lippen ein widerwärtiges, anzügliches Grinsen. Was zur Hölle stimmte mit diesen Jungs nicht?! Fassungslos wandte Merle sich dem fünfzehn, vielleicht sechszehnjährigen dunkelblonden Jungen in grauer locker sitzender Jogginghose, Markenskneaker und schwarzer Jacke zu, presste ihre Zähne fest aufeinander. Doch noch bevor sie etwas erwidern konnte, unterbrach eine raue unfassbar ruhige Stimme das gehässige Lachen der Halbstarken: „Ich schlage vor, Sie gehen einfach weiter die Herren". Urplötzlich hielten die Heranwachsenden inne, sahen ertappt auf, bevor sie hastig die Flaschen und Glimmstängel zu verstecken versuchten, was nun auch Merle, wie auch Amy, irritiert zur Seite blicken ließ. Merle runzelte nachdenklich die Stirn, musterte den uniformierten Mann nur wenige Meter entfernt aufmerksam, bis sie ihn in dem schwachen Licht des Bahnsteigs erkannte. Es war Lucas Kollege – Jasper. „Entspann dich Bruder, wir haben uns nur nett unterhalten...", erwiderte einer der Jungs, was Jasper perplex eine Augenbraue heben ließ, „Das habe ich überhört, Freundchen", mahnte er, sein Blick finster, bevor er mit nachdrücklicher Stimme fortfuhr und auf die Zigaretten deutete: „...Weitergehen, sonst sehe ich mich gezwungen eine eingehende Personenkontrolle durchzuführen, welche für euch, das kann ich euch versichern, nicht sonderlich gut ausgehen würde...also... verschwindet!!". Merle hielt unbewusst inne, schluckte angesichts der Strenge, welche in der Stimme des Polizisten lag, spürte, wie sich wie aus dem Nichts eine zarte Gänsehaut über ihren Körper schlich, sie regelrecht erschaudern ließ. Eine Tatsache, welche zweifelsfrei nichts mit den an diesem Abend herrschenden kühlen Temperatur zu tun hatte. Merle atmete tief durch, biss sich zögerlich auf die Unterlippe. Es war seine Haltung, sein Auftreten, seine Ausstrahlung – diese seltsam autoritäre Präsenz, welche ihn regelrecht zu umgeben schien. Mühevoll rief sich Merle zur Ordnung, schüttelte irritiert den Kopf – Was hatten diese verfluchten Uniformen nur an sich?!
„Danke", riss Amys Stimme Merle abrupt aus ihren Gedanken, ließ sie ertappt aufsehen, ihr Puls rasend, ihr Herzschlag vollends außer Kontrolle. Sie hatte ihn, hatte Jasper, Lucas Kollegen, unentwegt angestarrt, was ihr eine schier unerträgliche Hitze durch den Körper trieb, ihre Wangen geradezu glühen ließ. Oh Gott, wie peinlich!
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Black Mail
RomanceEine romantische Vorstellung - Angesprochen in einem kleinen gemütlichen Café, von einem attraktiven, charmanten Mann, welcher höflich nach deiner Nummer fragt. Nun, nicht so bei Merle. Bei ihr sieht das Szenario ein wenig anders aus. Merle arbeit...