Kapitel 12: Das Smaragd-Armband

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"Bring mich zum Grimrock"

***

Wenn Phil mich auch nur im Ansatz verstand, wie er behauptete, dann musste er mir diesen Gefallen tun. Deshalb irritierte mich sein schweres Seufzen.

"Phil, bitte!", flehte ich und starrte ihn durchdringend an. Doch er wich meinem Blick aus. Stattdessen blickte er nachdenklich in die Leere der Nacht.

"Bitte, ich muss da hin", war mein nächster Versuch, ihn zu überzeugen.

"Das verstehe ich!", sagte er in einem merkwürdig ruhigen Ton.

"Na dann, auf geht's! Lass uns fahren.", schnell war meine Euphorie geweckt.

"Nein", mit diesem harten Wort wurde ich auf den harten Boden der Realität zurückgeholt.

"Warum?!", wieder hatte ich Tränen in den Augen.

"Es ist mitten in der Nacht. Du bist alkoholisiert.", während Phil sprach, warf er einen Blick auf meine Füße. "Und du hast nicht mal mehr Schuhe an."

"Das ist mir egal"

"Mir, aber nicht!"

"Phil", sagte ich vorwurfsvoll, "Ich dachte, du würdest mich verstehen."

"Das, tue ich auch!"

"Warum willst du mir dann nicht helfen?!"

Phil schnaubte. "Es ist viel zu gefährlich!"

"Weil es dunkel ist?", meine Euphorie war wieder da." Dann lass uns morgen fahren!"

"[MC]...", Phil atmete betrübt aus.

"Bitte!"

"Auch bei Tageslicht ist es zu gefährlich..."

"Das Risiko muss ich einfach ein gehen." Mein Gegenüber blieb jedoch stumm.

"Phil", flehte ich.

Ich hörte sein schweres Seufzen: "Die Minen sind stark einsturzgefährdet."

"Es recht, wenn du mich da absetzt. Ich gehe schon allein rein."

"Darum geht es nicht!" Phils Stimmlage hatte sich in einen ernsteren Ton gewandelt.

Ich schnaubte wütend. Doch an Phils Meinung änderte sich nichts: "Dir könnte etwas passieren! Und so sehr ich deine Beweggründe nachvollziehen kann, kann ich dir diesen Gefallen nicht tun. Es tut mir leid."

"Was mit mir wird, kann dir doch egal sein!", schrie ich ihm meine Verzweiflung entgegen.

"Nein, ist es eben nicht.", sprach er ruhig. "Sieh das ganze Mal aus meiner Sicht. Ich habe schon einen, eigentlich zwei, Menschen verloren, die mir wichtig waren. Da soll ich dann einfach zusehen, wie du in dein Verderben rennst?"

Er machte eine kurze Sprechpause. Jedoch hatte ich keine Chance, etwas entgegenzubringen. "Und dann wofür? Um dir ein Trauma zu verpassen und du im schlimmsten Fall diejenige bist, die die Leiche deines Freundes findet?"

"Vielleicht...", war das einzige Wort, das ich noch unter meinen Tränen hervorbringen konnte.

Phil lächelte sanft. "Ohne Nahrung wird er dort unten sicherlich keine zwei Monate überlebt haben können."

Seine Worte schnürten mir die Luft ab.

"Es tut mir leid. Ich verstehe, dass du ihn suchen möchtest. Dennoch am Grimrock, und vor allen in den Minen, ist es zu gefährlich. Und dass nur für eine Antwort, die du eigentlich gar nicht haben willst."

Meine Tränen flossen unaufhörlich. Sanft tätschelt Phil mir über den Rücken.

"Es ist ja nicht so, dass ich dir nicht helfen möchte. Aber ich kann es nicht unterstützen, dass du dich sinnlos in Gefahr bringst. Dein Freund würde mir da sicherlich zustimmen."

Duskwood - For all the Ghosts that are never goneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt