Zweiter Versuch ... zweites Desaster?

3 1 2
                                    

Ich arbeitete im Laden weiter, wie ich es gewollt hatte und Hugos Wange lief in den unterschiedlichsten Farben an, bis sie endlich wieder so normal wurde wie die andere. Einige Tage lang ließ er sich kaum in seinem eigenen Geschäft blicken, doch ich kam auch alleine zurecht. Mati hatte mir erzählt, dass Hugo viel in der Werkstatt zu tun gehabt hatte und unser Auto bald wieder in Ordnung sein würde. Mich interessierte das nicht wirklich, schließlich hatte ich hier eine Menge zu tun. Beinahe alle Frauen in der Stadt hatten von mir die Nägel lackiert und die Haare geschnitten bekommen, auch wenn das ziemlich lange gedauert hatte. Aber netten Leuten half ich gerne und in Ciudad de los Caballos gab es einfach viel zu viele nette Leute. Nach zwei oder drei Wochen kannte ich schon jeden hier und der kleine Laden war von Gästen nur so überfüllt. Die meisten bestellten zwar nichts, sondern wollten nur mit mir reden, aber das tat ich gerne. Alles war besser als alleine zu sein und sich zu langweilen. Es war nur ein bisschen traurig, dass sich Hugo bis jetzt von mir ferngehalten hatte. Mittlerweile war ich sogar ziemlich sicher, dass ich ihn doch ein wenig liebte, wo ich ihn doch vermisste. Aber entschuldigen würde ich mich trotzdem nicht. 

Als ich gerade mitten im Gespräch mit dieser netten alten Dame war, deren Namen ich mir nicht merken konnte, kam Hugo herein. Er lehnte sich gegen die Wand, doch ich musste erst einmal dieser netten Frau die Nägel zu Ende lackieren, bevor ich mit ihm sprechen konnte. Das Wellenmuster stand ihr unheimlich gut, obwohl der Lack so oft Risse bekam. 

"Lassen Sie es schön trocknen, ich schließe dann nachher ab, ich mache nur kurz eine Pause", meinte ich zu ihr und stand auf. Vielleicht war es wirklich an der Zeit, sich mit Hugo zu vertragen. 

Ich lief auf ihn zu. "Machen wir wieder einen Spaziergang?" Eigentlich war er immer noch ganz süß, obwohl er mir so lange aus dem Weg gegangen war. 

"Wenn du möchtest, gerne!" 

Hugo lächelte mir zu und wir liefen denselben Weg wie an dem Abend, als wir uns verstritten hatten. Kurz darauf blieben wir am Zauner stehen. 

"Weißt du, ich wollte mich entschuldigen, dass ich ein bisschen etwas falsch verstanden habe. Es war nicht so gemeint, wie es wohl gewirkt hat." Er sah mich aus seinen hübschen großen Augen an und ich blickte genauso lieb zurück, auch wenn ich absolut nichts verstanden hatte. Es war irgendetwas mit einer Entschuldigung gewesen, das reichte schon. 

"Magst du die Stadt eigentlich immer noch?", fragte er dann. 

"Ich liebe Ciudad de los Caballos. Immerhin, ich habe hier meine zwei besten Freunde." Ich lächelte bei dem Gedanken. 

"Du meinst Beth und Mati?" 

"Mati ist mein Bruder, mit dem kann ich doch nicht befreundet sein!" Sonderlich klug war er wohl nicht, aber das machte nichts, solange er hübsch war. 

"Meinst du vielleicht mich?" 

"Nein! Wieso denn? Ich meine Cabi! Sie ist so süß und es gibt bestimmt keine bessere allerbeste Freundin als sie, obwohl Beth auch sehr nett ist und wir sehr viel gemeinsam haben." Ein Glück, dass ich schon wusste, wie man leicht dämlichen Leuten alles erklären musste. 

"Magst du Cabi etwa mehr als mich?" Irgendwie sah er traurig aus und ließ den Kopf hängen. 

"Ich weiß nicht. Ich könnte dich gar nicht mit roten Schleifen im Haar vorstellen, deshalb ist das sehr schwer zu vergleichen." Ich dachte angestrengt nach, kam aber zu keiner anderen Antwort. 

"Ich verstehe. Bleibt ihr eigentlich auch hier, wenn das Auto repariert ist?" Würde er mich etwa vermissen? 

"Natürlich bleiben wir hier! Mati würde zwar viel lieber auf eine Insel reisen und dort in einer schönen großen Villa leben, aber auf dem Meer gibt es doch gar keine Pferde und deswegen könnte ich Cabi nicht mitnehmen, was ziemlich traurig wäre, da sie doch so süß ist und sie so alleine wäre." Irgendwie hatte ich nach dem Satz wieder vergessen, was die eigentliche Frage gewesen war. 

"Meinst du, dass du für immer hier bleibst?" Er war wirklich nicht sonderlich klug. Da redete ich stundenlang und er verstand doch kein Wort! 

"Natürlich! Es ist schließlich eine schöne Stadt mit netten Leuten und außerdem ist das Auto sowieso noch nicht repariert, also können wir gar nicht weg, auch wenn Mati es will, aber ich will sowieso nicht weg, deshalb ist es nicht weiter schlimm." Ich warf meine halblangen braunen Haare zur Seite und lächelte wieder. 

"Weißt du, ich finde das toll. Wenn das so ist, repariere ich das Auto bis morgen." Hieß das eigentlich, dass er das Auto extra nicht repariert hatte? Aber nein, bestimmt war das nur ein Zufall. So gemein würde er doch nicht sein, schließlich konnte ich dadurch wochenlang nicht zum Shoppen gehen. 

"Prima! Dann können wir morgen zu dritt eine schöne Spazierfahrt machen!" Das würde bestimmt lustig werden! 

"Zu dritt? Vielleicht doch lieber zu zweit?" 

"Wieso? Magst du Mati nicht?" Ich hatte gedacht, sie würden sich ziemlich gut vertragen, aber offenbar hatte mein Bruder sich schon wieder mit jemandem verkracht. Wieso kam er nie mit den Leuten aus? Niemals wollte sich jemand freiwillig mit ihm unterhalten, so nervig war er! 

"Nein! Aber ich würde gerne mehr Zeit nur mit dir verbringen!" Wieder beugte er sich vor. 

Einen Moment lang überlegte ich, ob ich eigentlich doch mit einem anderen verlobt und in ihn verliebt war. Doch sonderlich vermissen tat ich ihn nicht und Hugo war eigentlich auch viel hübscher. Außerdem hatte mir das letzte Blütenblatt gesagt, dass ich ihn liebte. Und wenn damit nicht mein ehemaliger Verlobter gemeint war, dann bestimmt Hugo, oder? Also beugte ich mich auch vor und gab ihm einen Schmatzer auf die Lippen. Für einen längeren Kuss hatten wir bei der Hochzeit noch genug Zeit übrig, immerhin musste ich gleich den Laden abschließen. 

"Ich liebe dich, Jade. Liebst du mich?", fragte er, wobei ich nur seine Stimme hörte. Diese schönen großen Augen ... 

"Ja, ich will", antwortete ich automatisch. 

"Wie?" Er sah irgendwie verwirrt aus. 

"Ja, ich will dich heiraten." 


Ein Kleid so rot wie die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt