Nur noch zwölf Stunden

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Die Verlobung war schon seit drei Wochen vorüber und die Hochzeit stand heute an. Nur noch zwölf Stunden, dann war es soweit. Genau zur Mittagszeit würden wir heiraten, obwohl ich eigentlich schon viel früher dazu bereit gewesen war. So oder so konnte ich seit Tagen nicht richtig schlafen und vor der Uhr zu stehen waren mir langsam zu viel geworden. Also verbrachte ich die ganze Nacht bei Cabi, die mir längst nicht mehr zuhörte, was mich aber nicht störte. Mati hörte mir schließlich auch nie zu und ihm konnte ich keine Zöpfchen flechten. 

Ich war gespannt, wo Papa für mich um diese Uhrzeit noch ein Hochzeitskleid finden würde. Er hatte mir versprochen, dass ich das schönste Kleid aller Zeiten bekommen würde, aber ich zweifelte daran. Wie sollte er jemals etwas finden, das nur annähernd so schön war wie mein perfektes rotes Kleid? Ich wusste es nicht. Doch irgendetwas würde ihm schon einfallen, da war ich mir sicher. 

"Weißt du Cabi, gleich heirate ich und du darfst das Blumenmädchen spielen. Ich hätte dich gerne als Treuzeugin, aber du kannst ja nicht reden und schreiben, auch wenn es schade ist. Doch du hast trotzdem eine sehr sehr wichtige Aufgabe, schließlich muss alles perfekt sein", erzählte ich zum hundertsten Male meinem süßen Pferdchen, das schon eingeschlafen war. Aber es brachte nichts, sie schien sich nicht dafür zu interessieren. 

Ich stand auf und lief hinaus. Wann kann Papa nur endlich zurück? Da hatte ich Hugo den Wagen so lange nicht auftanken lassen, damit Mati nicht einfach wegfuhr, und dann beeilte mein Vater sich nicht einmal. Eigentlich hätte ich ihn laufen lassen sollen, doch vielleicht wäre er dann nicht pünktlich gekommen. Aber wie sollte ich es jemals schaffen, mich noch zu schminken und die Haare zu frisieren, wenn ich nicht bald erfuhr, was für ein Kleid ich tragen würde? Nicht, dass Papa einen schlechten Geschmack hatte, aber nicht einmal die Nagellackfarbe konnte ich mir aussuchen, bevor ich mein Hochzeitskleid nicht gesehen hatte. 

Als ich endlich einen Motor in der Ferne hörte, da rannte ich schon los. Ich musste mich furchtbar beeilen, wenn alles klappen sollte! Zum Glück war es wirklich mein Vater, der da die Straße hinunterfuhr und dann kurz vor dem Zaun das Auto parkte. Ich konnte es gar nicht abwarten, endlich mein Kleid zu sehen zu bekommen! "Wo ist es?" 

"Warte noch ein Weilchen, mein Herzchen, dann bekommst du es zu sehen. Du willst doch nicht, dass Hugo dich vor der Hochzeit darin sieht, das bringt Unglück! Nein, erst einmal fahren wir zum Hotel zurück und dann zeige ich dir das schöne Kleid, das du jemals gesehen hast! Du wirst überrascht sein, das verspreche ich dir!" Er sah mich so lieb an, dass ich kaum böse auf ihn sein konnte. 

Ein Kleid so rot wie die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt