Wo sind wir nur gelandet?

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Ciudad de Caballos war genau das, was es hieß: eine Stadt der Pferde. Längst bevor ein Haus zu sehen war, gab es etliche Koppeln voll von Pferden und anderen Geschöpfen. So einen Urlaub wollte ich mit Sicherheit nicht haben! Denn auch im Stadtzentrum war keine einzige Boutique oder sonst etwas Interessantes zu sehen. Nur ein Hotel, ein Restaurant und andere langweilige Gebäude ohne jeglichen Stil. 

"Was machen wir jetzt, Mati? Sollten wir versuchen auf eins der Pferde zu klettern und damit nachhause zu reiten?", fragte ich ihn flüsternd. Etwas Besseres fiel selbst einem Genie wie mir nicht ein. 

"Kannst du reiten?" Er sah mich seltsam an. 

Offensichtlich kannte er mich nicht annähernd so gut wie ich ihn. "Natürlich! Damals hatte ich doch dieses süße Schaukelpferd in meinem Zimmer; ich bin damit stundenlang geritten. Und ich bin nicht ein einziges Mal heruntergefallen." Manchmal war er wirklich dämlich. 

Er warf mir einen noch seltsameren Blick als vorher zu. "Ich weiß nicht, ob ein Schaukelpferd und ein echtes Pferd sich so ähnlich sind ..." 

"Sie haben vier Beine, einen Bauch, einen Hals und einen Kopf, also müssen sie sich wohl ähnlich sein", erklärte ich ihm extra langsam, damit er es auch verstand. 

"Und wie nimmst du das Auto und die Koffer mit?", fragte er mich. 

"Das trägst du!" Als ob ich mich noch darum kümmern würde. 

"Wir warten lieber darauf, dass mir jemand Werkzeug gibt, damit ich das Auto wieder zum Laufen bringen kann. Es wird bestimmt bequemer für uns beide." 

Ich zuckte mit den Schultern und drehte mich wieder von ihm weg. Wenn ich mir keine Arbeit machen musste, war auch alles in Ordnung. Vielleicht war hier in der Nähe doch ein Flughafen, mit dem wir auf eine schöne tropische Insel fliegen konnten. Ja, das war die Lösung. Mati würde das Auto reparieren und mich zum Flughafen bringen und dann würde ich den schönsten Urlaub meines Lebens haben. 

In der Zeit kam der Unbekannte zurück, der uns in der Stadtmitte hatte stehen lassen, während er das Auto irgendwo abgestellt hatte. "Und was habt ihr hier vor?", fragte er mich freundlich. 

"Urlaub!", antwortete ich, während Mati "Nichts!" entgegnete. Typisch mein Bruder, immer wollte er genau das Gegenteil haben. 

Wieder lachte der Fremde und ich verstand nicht weshalb. Fand er es lustig oder lachte er uns vielleicht sogar aus? 

Ich stemmte die Hände in die Hüften und blickte stur ins Leere. Wenn Mati meine Pläne nicht gefielen, sollte er das hier gefälligst auch regeln! Ich würde ihm mit Sicherheit keine Arbeit abnehmen. 

"Wir dachten uns, wir fahren mal hier vorbei, wenn das gar nicht so weit weg ist. Ein kleiner Besuch in einer so schönen Stadt schadet schließlich nicht. Und vielleicht könnten wir auch ein wenig hier bleiben, bevor wir nach Buenos Aires zurückkehren. Ein wenig Entspannung vom Großstadtalltag tut immerhin gut, wie man sagt." Offensichtlich schleimte er sich ein. 

"Also wenn ihr bleiben möchtet, werde ich schon mal mit meinem Kumpel sprechen, dass er euch ein Zimmer im Hotel vermietet. Ich leite hier das Restaurant und habe auch eine kleine Autowerkstatt in der Nähe. Wenn ihr also ein wenig im Restaurant helfen würdet, wenn gerade nicht viele Gäste da sind, könnte ich euer Auto hierher bringen und reparieren - einverstanden?" 

Ich drehte mich zu Mati um, der mit glänzenden Augen nickte. Wie immer war ihm alles wichtiger als das, was seine Schwester wollte. Etwas anderes hätte ich bei diesem Egoisten aber auch nicht erwartet. 

"Gibt es hier wenigstens ein Nagelstudio? Oder einen Friseursalon?", fragte ich mit letzter Hoffnung nach. Irgendwie musste ich mir schließlich die Zeit vertreiben. 

"Hier braucht es keiner." Mir kamen beinahe Tränen in meine Augen. Wo waren wir hier bloß gelandet? "Aber keine Sorge, ich finde, Sie sehen auch so perfekt aus." 

Ich strahlte wieder. Endlich wieder jemand außer meinem Bruder, der mich hübsch fand! Irgendwie war der Kerl auch süß. Längst nicht so toll wie mein Verlobter, aber trotzdem ziemlich süß. Vielleicht konnte es hier doch ganz lustig werden, jedenfalls, wenn wir hier nicht ewig bleiben müssten. 


Ein Kleid so rot wie die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt