Shopping ist oft gar nicht so einfach

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"Mati! Ich kann mich nicht entscheiden!", rief ich ihm zu. Wieso war er nie da, wenn ich ihn brauchte? 

"Ich finde es toll!", meinte er. 

"Ich habe doch gar keines von den Kleidern gerade an!", beschwerte ich mich. Wieso machte er sich für seine einzige Schwester nicht einmal die Mühe, ein paar Stunden lang mir beim Anprobieren zuzuschauen? Außerdem wusste ich wirklich nicht, welches Kleid mir besser stand. Wenigstens hatte ich schon die meisten im Laden aussortiert, weil sie einfach nur stillos waren. 

"Wie wäre es mit dem ersten?" Er öffnete seine Augen immer noch nicht, obwohl ich genau wusste, dass er nicht im Stehen schlafen konnte. 

"Das erste war zu groß!" Ich war kurz davor zu weinen. Wieso interessierte ihn nie etwas, was mich abging? 

Traurig drehte ich mich zur Verkäuferin um. "Noch einmal das mit der langen Schleppe." 

Ohne Antwort drückte sie es mir in die Hand und blickte mich böse an. Was für eine schreckliche Frau! 

Ich verschwand wieder in der Umkleidekabine und probierte es an. Ich betrachtete mich im Spiegel. Eigentlich sah es gar nicht so schlecht aus, aber so etwas Perfektes wie mein rotes Kleid würde ich nie wieder finden. Und dabei war meine Hochzeit schon so bald! Wie sollte ich mich nur jemals zwischen ein dutzend Kleidern entscheiden können? 

Mit hängendem Kopf kam ich aus der Kabine heraus. "Maaati!" 

"Ja, Schwesterchen?" Ich hob den Kopf und bemerkte, dass er die Augen wieder geöffnet hatte. 

"Ich finde kein passendes Kleid!", brachte ich hervor, bevor mir Tränen aus den Augen quollen. Jetzt ging auch noch mein Make-Up kaputt und wenn irgendetwas auf das grüne Minikleid tropfte, dann war es bestimmt auch ruiniert! Alles lief heute schief! 

"Ruhig, Schwesterchen. Wir finden schon ein hübsches Kleid für dich, keine Sorge. Nur nicht weinen! Dann muss ich wieder mitweinen und dann kann ich nicht Auto fahren und du kommst zu deinem Date mit Hugo zu spät!", schluchzte er. 

"Jade? Bist du es, Herzchen?", vernahm ich von irgendwo eine Stimme. Es war nicht Mati, der da sprach. Er war genauso verwirrt wie ich. 

"War das ...?", fragte Mati, ohne dass er den Namen aussprach. Er hatte sofort zu schluchzen aufgehört und starrte aus dem Geschäft heraus. 

Ich konnte es nicht fassen. Konnte es wirklich er sein? Hatte er uns gefunden? Würde mich nun doch mein Vater zum Altar führen können? Ich rannte zur Tür. 

"Papi!", quietschte ich laut. Es war tatsächlich mein Vater! Er war pünktlich zu meiner Hochzeit gekommen! 

Er rannte auf mich zu in in den Laden hinein. "Herzchen, ich muss mich verstecken, dann kann ich dir alles erklären." Noch bevor ich antworten konnte, verschwand er in einer Umkleidekabine und zwei absolut hässliche Kerle tauchten auf dem Gang des Shopping Centers auf. 

"Haben Sie einen alten Kerl gesehen? Er hat gerade ein Geschäft ausgeraubt!" Sie blieben kurz vor dem Laden stehen. Papa hatte einen Laden ausgeraubt? Wieso hatte er uns das nicht früher gesagt, ich hätte wahnsinnig gerne ein paar neue Kleider bekommen! 

"Also meine kleine Schwester und ich haben niemanden gesehen, dafür lege ich meine Hand ins Feuer!", antwortete Mati, der seine rechte Hand vor sein Herz hielt. Wieso log er? Weil die Kerle so schrecklich aus der Mode gefallene Kleidung hatten? Oder kannte er sie sogar? 

Diese Typen rannten weiter und Mati drehte sich erleichtert ausatmend zu mir um. "Das ist noch einmal gutgegangen! Papa, du hast uns einiges zu erklären!" Wieso schien er nur so wütend auf unseren Vater? Ohne das Bankräubertalent, das er von Papi geerbt haben musste, hätten wir jetzt nicht so unfassbar viel Geld! 

"Matías! Mein lieber Sohn, es freut mich auch sehr, dich zu sehen! Du bist wirklich mein Lieblingssohn!" Papi lächelte lieb zu ihm herüber. 

"Du hast nur einen Sohn, also tu nicht so, als würdest du mich besonders mögen. In welches Schlamassel willst du uns jetzt wieder bringen? Wir können uns nicht um dich kümmern, also verschwinde, so schnell wie du gekommen bist!" Mati war wirklich herzlos! Da kam er nach so vielen Monaten endlich einmal vorbei und mein Bruder wollte ihn schon wieder wegschicken. 

"Du wirst doch deinen armen, alten Vater nicht einfach auf die Straße setzen? Was ist bloß aus dieser Familie geworden?" Tränen liefen ihm aus den Augen und er schluchzte. Ich konnte nicht anders, als auch wieder mit dem Weinen anzufangen. 

"Nein, alles nur nicht das. Beruhige dich, Jade. Zieh erst einmal das Kleid aus, in der Zeit rede ich mit Papa. Wir werden schon eine Lösung finden." Irgendwie wirkte er verzweifelt. 

Ein Kleid so rot wie die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt