Schaukelpferdchen sind toll! Echte Pferdchen sind besser!

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Nach unserem kleinen Streit gestern hatte mich Hugo so entsetzt angestarrt wie die Verkäuferin, als ich in dem roten Kleid geflohen war. Und dabei gab es keinen Ort in meinem Leben, an dem ich nicht schon dutzende Sachen zerschlagen hatte. Je früher er sich daran gewöhnte, desto besser war es. So sehr ich ihn auch mochte, ich würde mich nicht davon abbringen lassen, meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Dafür würde Mati ihm sicher auch das Dreifache zahlen, sobald das Auto wieder in Ordnung war und er in Ruhe an die Tasche kam, die im Geheimfach unter dem Dach lag, wie er mir erzählt hatte. Beinahe hätte ich Hugo auch den Teil mit dem Geheimfach erzählt, hätte Mati mich nicht unterbrochen. Aber dafür sollte ich heute nicht zur Arbeit kommen - weshalb verstand ich nicht wirklich. Er redete sich damit heraus, dass ich in vier Tagen die Modenschau hätte, aber irgendwie schien er sauer zu sein, obwohl er es nicht sagte. Da ich jedoch von dem ganzen Grübeln bloß Falten bekam, dachte ich nicht weiter darüber nach, sondern ließ mich von Beth zu einem kleinen Ausritt einladen. 

"Bist du mit dem Striegeln fertig?", fragte mich meine neue Freundin und ich nickte. Auch wenn Mati mir hatte einreden wollen, dass Pferde groß und gefährlich waren, fand ich sie zuckersüß! Vor allem Cabi, die ihren großen Kopf so lieb an mich schmiegte. Ich hatte ihr das gesamte Fell ausgebürstet - wir hatten dieselbe Haarfarbe - und nun war sie beinahe so hübsch wie ich! Ich würde sie mit Sicherheit jeden Tag besuchen kommen, nur um sie ordentlich abzubürsten! Wie jemand so liebe Wesen nicht mögen konnte, fiel mir gar nicht ein. 

"Cabi sieht zauberhaft aus! Soll ich ihn nun die Hufe lackieren?" Also das würde ihr bestimmt gut stehen und roter Nagellack würde prima zu den roten Schleifen in ihrem Haar passen. Ich musste sie dann unbedingt Mati zeigen, der würde überrascht sein, wie ähnlich so ein Pferdchen mir doch sein konnte. 

"Auf keinen Fall! Es wird wohl besser an der Zeit, sie aufzuzäumen und zu satteln. Es sind nun beinahe zwei Stunden vorbei, in denen du sie zurechtmachst." Nur zwei Stunden? Ich verstand nicht ganz, wieso sie dann so müde aussah. 

Doch ich folgte ihrem Rat und eigentlich sah Cabi mit dem Zaumzeug und dem Sattel noch viel viel schöner aus - obwohl mir so etwas bestimmt nicht stehen würde. 

Beim Aufsitzen lief auch nichts schief, obwohl ich mich fragte, ob meine Füße wirklich beinahe über den Boden schrammen sollten beim Reiten. Aber auch wenn Cabi ein wenig klein war, gab es bestimmt kein süßeres Pferdchen in der Umgebung. 

Es war etwas spät und schon fast ein wenig dunkel, als ich es endlich begriffen hatte. Beth auf ihrem Pferdchen war aber längst nicht so geduldig wie Cabi, die am Anfang einfach nur im Kreis um sich selbst gelaufen war. Einmal biss sie mich sogar - nicht Cabi, Beth auch nicht, sondern dieses riesengroße Pferdchen meiner neuen besten Freundin. Mit diesem seltsamen weißen Fell mit dunkelgrauen Flecken darauf war es nicht wirklich hübsch und zu mögen schien es mich auch nicht. Aber nachdem ich zurückgebissen hatte, schien dieses Biest Abstand zu mir zu halten. Pferde liebte ich trotzdem - nur eben nicht dieses. 

Es war schon ziemlich spät, als wir in der Innenstadt ankamen. Cabi konnte mit den kurz Beinchen immerhin nicht ganz so schnell laufen wie ich und außerdem wäre sie vielleicht gestolpert, wenn ich sie gehetzt hätte. Aber langsam zu sein machte auch nichts, schließlich hatte ich keinen Friseurtermin oder so. 

"Mati! Maaatiii!", rief ich in voller Lautstärke zu unserem Hotelfenster hinaus und winkte. Er würde es bestimmt nicht fassen können, dass ich tatsächlich reiten gelernt hatte! 

"Jade?" Er klang entsetzt, als er zu mir heruntersah. Keine halbe Minute später stand er schon direkt vor mir. "Schwesterherz, bist du es wirklich?" 

"Ja!", quietschte ich vor Freude und hüpfte in den Steigbügeln auf und ab. Ich konnte tatsächlich einmal etwas Sinnvolles, das er nicht konnte! 

Cabi schien mein Hüpfen und das aufgeregte Wedeln mit den Zügeln wohl nicht zu gefallen, denn plötzlich saß ich hinter dem Pferdchen im Staub. 

Erst tat mir mein Hinterteil weh und ich war ein wenig besorgt, dass das Kleid kaputt war. Aber nachdem Mati mir aufgeholfen hatte und ich mit einem Spiegel überprüft hatte, dass nichts kaputt oder dreckig war, begann ich wieder zu hüpfen. Ich hatte etwas Sinnvolles gelernt! Von wegen ich würde niemals so etwas können. 

"Geht dir gut, Schwesterchen?" Er sah mich an, als hätte ich wieder einen ganz klugen Satz gesagt, den ich selbst nicht verstand. 

"Super gut! Ich liebe das Reiten! Schaukelpferdchen sind super toll! Aber echte Pferdchen sind viel viel besser!" 


Ein Kleid so rot wie die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt