Kapitel 29

703 27 0
                                    

Kaya

Es fühlt sich an als würde die Welt still stehen. Dieser Idiot vor mir verarscht mich doch? "Russland?!" frage ich ihn voller Unglauben. Der Mann verdreht die Augen. "Warum sollte ich dich anlügen? Du bist wirklich in Russland und jetzt komm, kleines Mädchen." Seine Geduld scheint am Ende zu sein, denn er zieht mich nun aus dem Wohnzimmer um mich zu einem kleinen Bad zubringen.

"Du hast 25 Minuten um die Toilette zu benutzen und dich zu Duschen, danach will dich mein Boss sprechen. Mach hier ja keine faxen sonst komme ich rein. Verstanden?" Mit großem Wiederwille lasse ich mich zu einem "Ja" herab. Ihm scheint es zu reichen, da er mir kurz zunickt um dann das Badezimmer zu verlassen.

Ich bin also in Russland. Verdammt. Bevor ich hyperventiliere atme ich tief ein. Wieso musste ausgerechnet immer mir das passieren? Erst werde ich von Akira entführt und zur Hochzeit gezwungen, danach erhalte ich ein wenig meine Freiheit zurück, nur um dann in dem nächste Schlamassel zu stecken? In meiner jetzigen Situation wäre es auch gut zu wissen, ob die Yakuza sich mit den Russen in irgendeinem Krieg befinden oder vielleicht Verbündete sind, immerhin sei ich nur hier, weil der mysteriöse Typ von vorher irgendeiner Triade einen gefallen Schulde. Kurzentschlossen schiebe ich all diese Gedanken beiseite und widme mich den wichtigen Dingen. 

Zuerst nutze ich die Toilette um danach gierig Wasser aus dem Wasserhahn zu trinken. Als mein Durst gestillt ist, fällt mir auf, das der Raum außer einer Dusche, der Toilette und dem Waschbecken nur noch Handtücher, etwas Kleidung und etwas Seife besaß. Es gab kein Spiegel und auch kein Fenster. Mist. "Du hast noch 15 Minuten" Ertönt die Stimme des Mannes. Rasch entledige ich mich meiner dreckigen Kleidung und springe unter die Dusche. Ich wasche meinen dreckigen Körper, so gut es eben geht, mit der Seife ab bevor ich mich beeile, die Duschkabine zu verlassen. Gerade so schaffe ich es, mich trocken zu reiben und die Kleidung anzuziehen, als auch schon die Tür geöffnet wird.

"Deine Zeit ist um, mein Boss wartet auf dich, kleines Mädchen." Wie bereits auf dem Weg hier her, schnappt er sich meinen Oberarm und führt mich so durch das Haus. Wir gehen eine weitere Treppe hinauf und bleiben dann an einer Tür auf der rechten Seite stehen. Mit seiner freien Hand klopft der Muskelprotz an. Eine Antwort erfolgt prompt, leider auf Russisch, so das ich nichts verstehen kann. Wir treten ein und ich sehe mich dem mysteriösen Mann gegenüber, der mich als erstes Besucht hatte. "Da bist du ja kleines Mädchen. Setz dich," Er weißt auf einen Stuhl vor seinem Schreibtisch. "Du kannst gehen, Boris." Der Mann neben mir lässt mich endlich los und ich reibe mir kurz über die Stelle, an der er mich festgehalten hat, bevor ich mich setze. Es würde derzeit nicht viel bringen, wenn ich einen Streit mit einem fremden Mann in einem fremden Land darüber führen würde, ob ich mich setzte oder nicht. Jede meiner Bewegungen wird von ihm genau beobachtet. Keine Sekunde lässt er mich aus den Augen. Da ich nicht davon ausgehe, dass er die Stille brechen wird, mache ich es.

"Sagen Sie mir nun endlich wer Sie sind und warum um alles in der Welt ich mich in Russland befinde? Wie komme ich hier her?" Seine Augenbraue wandert nach oben. "So ein furchtloses kleines Mädchen... Wieder stellst du mir Fragen über Fragen und beantwortest nicht die meine." Ich verschränke meine Arme vor der Brust. Ich war kein kleines Mädchen, nein, ich bin die Königin der Yakuza und Akiras Frau. Ich werde ihm sicher nicht meine Angst zeigen. Kurz blitzt Anerkennung in seinen Augen auf. "Mein Name, kleines Mädchen, ist Dimitri Ivanow, ich bin der Pakhan der Bratva.  Du solltest also ein bisschen Respekt zeigen." Ich schlucke, also war er so etwas wie der Oyabun der Yakuza. "Wie genau du nach Russland gebracht wurdest kann ich dir nicht sagen, da ich es nicht weiß. Ich weiß nur, das Zhang Li Xing, mit dir vor drei Tagen aufgetaucht ist und seinen gefallen eingefordert hat. Ich solle auf dich aufpassen bis er wieder zurück ist. Nun ist Zhang Tod, die Triade fast vollständig ausgelöscht und ich habe dich am Hals." Scheiße, ich war solange ohne Bewusstsein gewesen? Was um Himmels willen haben die mir gegeben? Dimitri scheint mein Schock egal zu sein, den er spricht weiter. "Also kleines Mädchen, wirst du mir nun endlich sagen, wer genau du bist, wo du herkommst und in was um alles in der Welt mich dieser Idiot hineingezogen hat?" Die ganze Zeit über ist der Pakhan ruhig geblieben, wie Eis. Keine Gefühlsregung ist in seinem Gesicht zu sehen. Das ist etwas, das mir mehr Angst macht, als Akiras Wutausbrüche. Damit wusste ich nämlich langsam umzugehen. Zuallererst schweige ich. Beobachte ihn, wie er mich beobachtet. Allerdings scheint ihm das zu lange zu dauern, den er bricht mein Schweigen mit einem einzelnen Satz. "Oder soll ich Boris zurückholen damit er dir zeigt, was wir hier in Russland mit unseren Feinden tun?" Die Schreie, die ich im Kerker gehört habe drängen sich in mein Gedächtnis. "Nein, bloss nicht!" rufe ich aus. Ich hatte nun wirklich soviel durch, da musste ich nicht auch noch Folter erleben. 

Mit einem letzten tiefen Atemzug entscheide ich mich dazu, alle Karten auf den Tisch zu legen und die Wahrheit zu sagen. Entweder es ist die Richtige Entscheidung oder aber ich kann mein eigenes Grab schaufeln. No Risk no Fun, oder?

"Nun dein Zhang, oder wie auch immer er hieß, hat dir die Frau von Akira Takagi, Underboss der Yakuza gebracht. Du solltest dir vermutlich einen guten Plan überlegen, um aus dieser Nummer wieder raus zu kommen, den ich bin mir sicher das mein Mann der Grund dafür ist, das Zhang tot und die Triade fast ausgelöscht ist."  Dimitri betrachtet mich. "Du bist also Kaya." Als er meinen Namen ausspricht reiße ich die Augen auf. "Woher..?" Dimitri zeigt mir ein kaltes Lächeln. "Tatsächlich kenne ich Akira, wir haben uns ein paar mal für Geschäfte getroffen. Das er sich eine Frau namens Kaya Wolf genommen hat, hat die Runde gemacht. Wäre es mir damals bereits gelungen, ein Foto von dir in die Hände zu bekommen säßen wir vermutlich jetzt nicht in dieser Situation." Ich nicke, klingt für mich einleuchtend. Das er mit Akira bereits Geschäfte gemacht hat klingt zudem für mich positiv. Wer Geschäfte miteinander macht steht nicht miteinander im Krieg, denke ich zumindest.

Dimitri steht auf und geht zur Türe, beim öffnen brüllt er ganz laut " Boris!" Keine Sekunde später hört man bereits, wie sich Schritte nähern. "Bring Misses Takagi bitte in eines meiner Gästezimmer und Sorge dafür, das Sie alles bekommt was Sie benötigt." "Natürlich Boss." Boris blickt mir auffordern entgegen während Dimitri das Wort an mich richtet. "Abmarsch Kaya, ich habe mich nun um einige Anliegen zu kümmern." "Ich möchte zuerst mir Akira telefonieren." Verlange ich und bleibe sitzen. Dimitri rollt mit den Augen. "Das werde ich tun, den ich muss sichergehen das du keinen Krieg auslöst. Deshalb bewegst du dich jetzt aus meinem Büro heraus in ein Gästezimmer oder aber ich schmeiße dich persönlich wieder hinab in eine meiner Zellen!" Nun wird er zum Ende hin doch etwas lauter. Da sich allmählich Erschöpfung in mir breit macht erhebe ich mich und gebe nach. In diese Zelle wollte ich auf gar keinen Fall zurück. Mir reichte die Zeit, die ich dort gefesselt bereits verbringen musste.

Boris führt mich, dieses mal um einiges sanfter als zuvor, den Gang entlang. Vor einer Tür auf der linken Seite bleibt er stehen. Kurz darauf öffnet er mir die Türe und ich betrete den Raum. Vor mir taucht ein in Blau Tönen gehaltenes kleines Gästezimmer auf.

"Das Zimmer hat ein eigenes kleines Bad und besitzt einen Kühlschrank mit Getränken. Ich sorge dafür, das man Ihnen in der nächsten halben Stunde etwas zu essen bringt, Misses Takagi." Auf einmal bin ich nicht mehr das kleine Mädchen. Dimitris, vermutlich, bester Mann nickt mir zu und lässt mich allein zurück. Ich höre, wie es klickt, und ich weiß, dass ich, wiedereinmal, eingeschlossen bin. Es ist das erste Mal, dass ich kaum erwarten kann Akira wieder zu sehen.

King of Japan - In love with the YakuzaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt