Schon als ich meine Augen öffne und das blendende Neolicht meinen Morgen versaut, bin ich angespannt und genervt. Heute sind wir wieder im aktiven Dienst, die Maschinen sind klar zum Gefecht und unsere Mini-Ferien sind vorbei. Zurück an die Front schätze ich mal.
„Willkommen zurück, aktiver Flugdienst." murmelt Blaster müde, „Verdammte Scheiße." Er wirft sein Kissen in eine der Ecken und vergräbt sein Gesicht in der Matratze.
Während ich mich kurz danach langsam in Bewegung setze und Blaster damit beschäftigt ist, seine stylische Frisur zu richten, steht Jumper in seiner Fliegermontur fertig an der Tür und mustert uns tadelnd. Sein Blick fällt auf seine Uhr und er seufzt lautstark.
„Eieieiei Jungs, das haben wir aber schon mal schneller geschafft." Er grinst uns frech an. So wie Jumper nun mal halt so ist. Frech, abenteuerlustig und manchmal ein ziemlicher Hinterwäldler.
Nur sportliche 10 verstreichende Minuten später stehen wir fertig im Gang.
„Ich hasse mein Leben."
„Halt die Fresse Hänfling." Crimson dübelt Blaster im Vorbeigehen eine über, „Kommt mit Jungs."
Immer noch müde und wenig motiviert schlurfen wir hinter dem Schrank her. Nach einem kargen und von demotivierter Stimmung geprägtem Frühstück stehen wir im Gemeinschaftsraum der Staffel stramm. Blackhole tigert wie ein Drill Sargent aus den Filmen unsere Reihe auf und ab. Das Nichts in den verspiegelten, schwarzen Augen des Helms mustert uns einen nach dem anderen. Hier wird nen Kragen gerichtet, da wird ein Gurt enger gezurrt. Bei Blackhole muss man perfekt nach Vorschrift stehen.
Sonst macht man sich unbeliebt. Naja, er hasst uns so gesehen sowieso, aber egal.„Also Geister." Er klatscht in seine Hände, was ein lautes Surren seiner künstlichen Gliedmaßen verursacht, und bleibt stehen, „Schluss mit Freizeit. Wir sind wieder in voller Kampfbereitschaft. Gibt es Fragen?" fragt er mehr rhetorisch als echt in die Runde.
Keiner sagt was.
„Fein. Dann ab an die Arbeit." Im Gänsemarsch laufen wir zu den Flugzeugen in einer der Hangarreihen. Ein grundlegender Check steht an, also dürfen wir schön alles von oben bis unten durchgehen. Das ist eine der Aufgaben auf die keiner Bock hat, aber irgendjemand muss es machen. Und die Warte brauchen wir woanders. Also bleiben da nur wir Piloten übrig.
Das Heulen von Triebwerken hallt durch die Tunnel. Flugzeuge rollen vorbei, parken ein, parken aus, der so markante Geruch des Kerosins erfüllt die Luft. Und zwischendrin stehe ich. Ich mache mich lustlos ans Werk, krieche in die Triebwerkssektion, durchleuchte die Elektronik und die Triebwerksschächte und teste die Systeme im Cockpit. Langsam fliegt mein Blick über das modifizierte Fahrwerk, den Fanghaken für den Katapultstart, der daran befestigt worden ist. Man siehe und staune, alles funktioniert.
Ist ja nicht so, als ob das nicht erwartbar gewesen wäre, aber egal. Es muss gemacht werden.„Schon fertig?"
Ich tauche unter dem Eurofighter auf. Jumper steht mit verschränkten Armen vor mir und schaut auf mich runter. Neben ihm steht auch Hera mit einer Checkliste unter dem Arm.
„Offensichtlich." Ich tätschle das gute Teil, greife die Checkliste und hake die restlichen Sachen ab.
„Los, komm mit, der Cyborg hat uns freigegeben sobald wir fertig sind." Jumper hilft mir beim aufstehen. Ohne zu zögern laufe ich hinter den beiden her. Die Chance wegzukommen lasse ich mir nicht nehmen. Unterwegs erzähle ich den anderen, was der Geschwaderführer mir gestern gesagt hat.
„Klingt nach nem Suizidkommando wenn du mich fragst." murmelt Jumper sichtlich unbegeistert.
„Warum schmeißen die nicht einfach all unsere Atombomben auf diese Mistviecher?" fragt Hera und da muss ich ihr Recht geben. Warum pulverisieren wir sie nicht einfach? Wegen der Strahlung? Mh, vielleicht.
„Strahlung?" spreche ich meinen Gedanken aus.
„Die auf einen Bereich begrenzt ist. Wenn man also alle auf einen Punkt lockt, da den Laden hochgehen lässt, dann wäre nur der Bereich da drum herum verseucht." Hera kratzt sich am Kinn.
„Geh und frag den Chef, keine Ahnung." Ich winke ab.
„Reicht mit den Diskussionen." mischt sich Jumper ein, „Zeit für Entspannung." Mit den Worten öffnet er die Tür zum „FreiZi" wie wir es nennen, das Freizeit-Zimmer. Ein relativ kleiner, schlicht möblierter Raum zwischen den Zimmern meiner Staffel, in dem wir chillen können. Ein Billardtisch, Bücher, ein defekter Ventilator in der Ecke und ein großes Sofa am Rand. Dazu noch ein paar sexy Bilder von Kampfjets an der Wand. Es ist nicht das beste, aber es reicht.
Stundenlang sitzen wir da im Raum, spielen Billard, reden und lachen. Für diese wenigen Momente vergesse ich fast, was da draußen vor sich geht, außerhalb dieser Wände. Jedenfalls, bis am Nachmittag plötzlich das Alarmlicht an der Wand wild anfängt zu blinken und ein unglaublich nerviger Ton anfängt zu piepen. Ein Einsatz.
Sofort werfe ich den Billardstock in die Ecke und renne hinter meinen beiden Freunden her in Richtung Flugzeug. Im Ankleideraum für die Westen und Helme treffen wir auch auf die anderen. Zusammen rennen wir immer noch im Vollsprint weiter zum Flugzeug.
Der Wart nickt mir nur zu, dann fliege ich schon die Leiter hinauf und lasse mich in den Sitz fallen. Ich starte die Auxilary Power Unit, und der Jet erwacht aus seinem Tiefschlaf zum Leben. Mit einem immer lauter werdenden Jaulen fahren die Triebwerke hoch. Zum Schluss noch das Flight Control System, dann senken sich die Canards und die Cockpithaube ab.
„Golf-Lima 0-2 is up!" melde ich, während ich gleichzeitig noch die Einsatzdaten in den Bordcomputer eingebe.
„Lima-Mike 0-2, you are ordered escort duty. Report ready to copy scramble order!" dröhnt es mir aus dem Headset entgegen. Eine Eskorte also. Wieder ein VIP? Keine Ahnung. Ich zeige dem Wart den Daumen hoch, dann gebe ich Gas, als das rote Licht über dem Ausgang in den Tunnel zu Grün umschwenkt. Die roten Blinklichter der Anti-Kollisionsleuchten tauchen den Hangar in rhythmischen Abständen in ein tiefes rot.
Ich salutiere noch der Bodencrew, dann rollt mein Eurofighter hinter Blackhole in den Tunnel Richtung Startbahn.
„Alles klar, Geister." meldet sich der Staffelführer himself Blackhole, „Wir sollen amerikanische Bomber unterstützen. Feindlage unbekannt, Wetterlage ist in Ordnung. Ihr kennt den Ablauf, los geht's!" Nacheinander rollen wir erst auf den Aufzug und dann auf das Katapult. Mit einem lauten Krachen verankert sich das Katapult an meinem vorderen Fahrwerk. Ein Ruck geht durch das Flugzeug.
„Golf-Lima 0-2, clear for Take-Off."
Ich bestätige und folge den Handzeichen des Shooters. Neben mir schießt Blackhole durch den Tunnel davon und hinterlässt eine riesige weiße Rauchwolke. Keine drei Sekunden später bekomme auch ich das Signal. Mit einem gewaltigen Ruck, der mit so ziemlich nichts vergleichbar ist, jage ich in atemberaubenden Tempo die Startbahn entlang, das Tor öffnet sich und sofort bin ich in der Luft.
„Abdrehen, Kurs 166, hinter mir formieren, Geister."
Ich gehorche und bringe den Jet in eine steile Kurve und reihe mich hinter Blackhole ein. Es geht wieder los. Die nächste Schlacht. Und hoffentlich nicht die letzte.
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Six Strong
ActionEin Pilot. Er ist Kampfpilot. Er ist Titan. Eines Tages werden er und die anderen Piloten seiner Staffel zu einem Einsatz gerufen, der ihre Leben, und die aller Menschen für immer verändern wird. Denn ein mysteriöser Radarkontakt ist aufgetaucht. ...