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Im Krankenhaus zu sein ist scheiße, in einem Feldlazarett zu sein ist die Hölle. In einem Raum mit über nem Dutzend stöhnenden und schreienden Verwundeten in einem kalten Bunker zu liegen, die einem Nerv und Verstand kosten, ist mehr als das.

Ich schaue in die Gesichter von Leuten, die nie mehr laufen werden, deformiert wurden oder so schwere Verbrennungen haben, dass das Gesicht unkenntlich gemacht wurde. Scheiße, wo bin ich hier nur reingeraten? Dabei gehts mir doch prima, warum also muss ich mir diese Hölle geben? Die Schreie zerfressen meinen Geist, und das hasse ich.

Lieber würde ich mich jetzt im Luftkampf mit zehn Banshees messen als hier diese Schmerzensschreie und das schmerzerfüllte Stöhnen auch nur eine halbe Stunde länger ertragen zu müssen.

„Sie sind wach." Eine junge, braunhaarige Ärztin in Flecktarn mit weißem Arztkittel drüber, eine sehr ungewohnte Mischung, steht neben mir und starrt fast gelangweilt auf einen Papierstapel in ihren Händen.

„Was Sie nicht sagen." murmle ich und halte mir die Ohren zu.

Sie schaut auf, sieht meine Geste, sagt irgendwas unfreundlich anmutendes und nimmt mir dann die Hände von den Ohren. Fuck, warum kann diese Tante mich nicht einfach hier weglassen.

„Das lassen wir besser, Pilot."

„Was soll ich hier?" frage ich ein wenig genervt.

„Wir haben sie untersucht." Die Frau wirkt immer noch völlig ausdruckslos. Irgendwo röchelt jemand grässlich. Sie macht irgendwelche Gesten zu anderen Ärzten, die hier herumschwirren, dann dreht sie sich wieder mir zu.

„Und?" frage ich ungeduldig und versuche dem Drang zu widerstehen, in die Richtung dieser Geräusche zu schauen. Was mich dort erwartet kann ich mir nur ausmalen, aber das reicht mir auch schon vollkommen.

„Sie haben keinerlei Splitter mehr im Körper. Die Wunde heilt gut, wenn Sie sich bewegen können und es sonst nichts gibt werden Sie in ca. einer Woche Ihren Bereitschaftsstatus zurückbekommen."

„Hätte ich Ihnen gestern auch schon sagen können." erwidere ich immer noch schlecht gelaunt. Das Klima hier auf der Krankenstation bekommt mir nicht.

„Vorgestern, aber ja. Sie haben wohl zu tief geschlafen." Sie klemmt ihren Papierstapel unter den Arm, nickt mit dem Kopf und verschwindet. Als ob ich wirklich so scheiße lange gepennt habe. Oh man.

„Hauptmann -zensiert-?!"

Ich drehe mich zu der Wache um, die gerade durch die Tür am anderen Ende des Ganges gekommen ist und sich suchend umschaut.

„Hier." Ich hebe leicht die Hand.

„Da ist Besuch für Sie."

„Soll reinkommen." winke ich ab. Kurz frage ich mich, wer da wohl durch die Tür kommen wird, dann stehen auch schon Jumper und Blaster mit einem breiten Grinsen im Türrahmen. Sofort hellt sich meine Laune auf.

„Hey Chef, hab gedacht wir hätten dich verloren." Jumper umarmt mich flüchtig.

„Sah übel aus, als deine Kiste hochgegangen ist." Blaster setzt sich ans Bettende und schaut mich mitleidig an, „Klingt ja nach ner besinnlichen Atmosphäre hier." murmelt er, während er seinen Blick durch die Gegend schweifen lässt.

„Sonderlich förderlich ist das nicht, nein." Stimme ich zu.

„Wurdest du schwer verwundet oder warum liegst du seit zwei Tagen hier?" Jumper lässt sich auf einem ranzigen hölzernen Hocker neben dem Bett nieder, „Die da draußen sagen einem ja nichts."

Als Antwort entblöße ich den fetten Bauchverband. „Ein Splitter von meiner Maschine. Wäre fast verreckt aber ein paar Überlebende haben mich aufgegabelt, mich zusammengeflickt." Ich seufze leise.

„Sie sind auch hier oder? Hab glaube ich heute Morgen welche gesehen. Auf jeden Fall Zivis." Blaster faltet bedächtig die Hände zusammen.

Ich nicke leicht. „Ja, ich hab sie mitnehmen lassen. Wie geht's überhaupt den anderen?" Ich drehe mich Jumper zu.

„Ein paar Besprechungen, Updates, einen kurzen Einsatz, aber alles gut. Alle noch heile." Er schmunzelt leicht, „Wir haben dich vermisst, Bruder." Er greift nach meiner Hand und drückt sie kurz, dann steht er wieder auf.

„Wir müssen wieder los, der Zeitplan ist eng. Für heute Abend ist noch eine Besprechung angesetzt. Da müssen wir pünktlich sein." Auch Blaster erhebt sich ächzend.

„Ich red' nochmal mit dem Chef hier in der Abteilung, mal sehen ob ich dich rausboxen kann." Er wirft mir eins seiner schönsten Lächelns zu, dann verschwinden beide durch die selbe Tür, aus der sie eben gekommen sind.

Ich seufze leise und lasse mich wieder ins weiche Kissen sinken, schließe meine Augen und...

Titan."

Noch bevor ich meine Augen öffne sehe ich die Gestalt schon vor mir. Blackhole. Fuck, was will der denn hier. Vorsichtig öffne ich meine Augen, der Hüne steht direkt an meinem Bettende, seine leeren schwarzen Spiegelgläser des Helms starren mich emotionslos an, so wie sie es immer tun.

„Chef." murmle ich und seufze.

„Kannst du fliegen?" fragt er stumpf ohne auch nur einen Anflug von Empathie oder Mitleid.

„Wenn ich genug Schmerzmittel habe, bestimmt?" erwidere ich verwirrt. Will der Cyborg mich ernsthaft direkt wieder in den Dienst schleifen?

„Nettes Plätzchen hast du dir hier ausgesucht." Seine Stimme klingt fast unterschwellig vorwurfsvoll. Und doch verharrt sein Blick auf mir. Jedenfalls glaube ich es. Ihn wirklich gesehen hat doch eh noch keiner von uns.

„Hatte schon besseres." gebe ich ehrlich zu.

„Heute Abend kommst du hier raus. Die haben nichts gefunden und wir brauchen jeden, also hab ich mich bei diesen Schwächlingen am Eingang für deine Entlassung eingesetzt." Er wendet sich begleitet von einem unterdrückten Huster und leisen Geräuschen seiner Prothesen zum gehen, „Ich erwarte deinen jämmerlichen Arsch um 2100 in C-29." Langsam humpelt er weg. Das metallische Geräusch, dass seine mechanischen Gliedmaßen von sich geben, hallt quer durch den langgezogenen Raum.

Jetzt werde ich also schon zwangsrekrutiert und aus meinem Genesungsurlaub geholt. Danke Blackhole, wirklich großartig. Du Hurensohn.

Es dauert noch fast eine Stunde, bis endlich die Ärztin wieder an mein Bett tritt. „So, Herr -zensiert-,
Sie sind frei, Sie können gehen, wann Sie wollen. Ihre fliegerische Bereitschaft prüfen wir in ein paar Tagen, bis dahin bleiben Sie erstmal hier im Shatterdome."

Noch bevor sie zu Ende gesprochen hat, hab ich mich aufgerichtet, bin (mit ein paar schmerzhaften Bewegungen) aufgestanden und bin auf dem Weg zum Ausgang.

„Kommen Sie gefälligst wieder, wenn Sie sich bereit fühlen, ja?" ruft sie mir noch hinterher.

Ich ignoriere sie. Auf meinen Lippen formt sich die purste Form menschlicher Freude, ein fettes und das ganze Gesicht überspannendes Grinsen. Nachdem ich auch noch mein Scheiß Krankenhauskleid-Ding da losgeworden bin und meine Uniform wieder anhabe, geht es mir nur besser.

Ich bin frei.
Wie das klingt. Ich bin frei, und doch hier unten eingesperrt. Die einzige Flucht ist die Schlacht. Wenn man mal drüber nachdenkt keine sonderlich schönen Optionen.

Aber ich bin Kampfpilot, Krieg ist mein Job. Das Töten ist meine Profession.

Six StrongWo Geschichten leben. Entdecke jetzt